Ernüchtert nach dem Fest NOVEMBER(W)ENDE

Lyrik

DDR Neon - Konsum Schuh Haus, Magdeburg. Mai 1990.
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DDR Neon - Konsum Schuh Haus, Magdeburg. Mai 1990. Foto: Sludge G (CC BY-SA 3.0 unported - cropped)

27. Dezember 2020
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Korrektur

Wenn Sonn' und Mond auf gleicher Höh'
am Nachmittag ich stehen seh
der Himmel blau, die Bäume kahl
der See umstanden wie ein Saal

wenn sich im Wasser kräuselnd spiegeln
Sonnenstrahl und Mondes Siegel
so ist das Jahr im Sand verlaufen
mit Wasserspielen, Feuertaufen

dem nackten Wahnsinn dieser Welt
die sich so viel zugute hält
und doch in üb'lem Stand sich findet
kalt an Gefühl und halb erblindet.

Millionen sterben atemlos
ein Leid erfüllt die Welt so gross
dass Herzschlag stockt und Blut gerinnt
im Warten auf das Weih-Nachts-Kind.

Mehr Zuckerguss auf dem Gebäcke
egal wer sonstwo noch verrecke
die Glocken klingen süsser nie
als zur Christ-Mass-Epedemie.

Es muss ja doch gefeiert werden
auf Teufel-komm-heraus auf Erden
und wer nur guten Willens ist
ist auch ein guter CoViD-Christ.

Bimmel-Bammel haben alle
dass das grosse Fest ausfalle
die Kassenglocken nicht mehr klingen
sie Weihnachtsstimmung nicht erzwingen.

Ach, Todesängste vor'm Verzichten:
es könnt' die Wirtschaft glatt vernichten
wenn der weihnachtliche Trubel
verröchelt im erstickten Jubel.

Kommt der Absatz erst ins Stocken
kriegt „der Markt“ sowas wie Pocken
die eitl'en Eiterblasen platzen
mitten in das Weihnachtsschmatzen.

Schimmel wächst auf dem Geniessen
das mit Glühwein wir begiessen
fieberglühend und mit Bangen
mit Gold-Lametta stark behangen.

Plantagen- oder Plastikbäume
beleuchten trist die Christmess-Träume
krankenhausweiss voll LEDs
inmitten Mikroplastik-Schnees.

Künstlichkeit hilft beim Gestalten
wo der Chemiekunst Stoffe walten
allem Whynachtsduft zum Trutz
tut not ein Mund- und Nasenschutz.

Der Lebkuchen wird gern gegessen
all das Sterben wird vergessen.
Locker lässt sich Frust ertragen
liegt ein Whynachtsschmaus im Magen.

Vier Wochen später: Katzenjammer
es fällt erneut der Lockdown-Hammer
ernüchtert nach dem Fest der Pünsche
sind all' dahin die Neujahrswünsche.

Vorsatz ist nur Überleben
Nachsatz tönt: So ist das eben.
Wer nicht hören will muss fühlen
und sitzt zwischen allen Stühlen.

Der CoViDioten-Trauermarsch
Wirtschaftsleben voll im Arsch
Früher ständig nur das Beste
heut seid froh ihr um die Reste.

Wer nur feiert wie bescheuert
Kohle, Gas und Öl verfeuert
sich den Teufel um was schert
hat den Schuss noch nicht gehört.

Die Kugel ist schon unterwegs
die euch aus den Stiefeln fegt
die Nikolaus hat leer gelassen -
er hat die Schnauze voll vom Prassen.

Ruprecht öffnet seinen Sack
steckt hinein das braune Pack
das ihm quer im Magen liegt
zum Denkanstoss die Rute kriegt.

Ho! Sieh Anna - fahr'n wir Schie!
auf einer Piste, glatt wie nie
gleich rasend es zu Tale geht
wo die Impfstation schon steht.

Im Akkord wird dort geimpft
auch wenn wer dagegen schimpft.
Ach gäb's doch Impfung gegen Gier
das Ego heilte hin zum WIR !

Doch der kranke Rausch hält an
Konsum und Party bis zum Wahn
ein „Schwarzer Freitag“ ohne Ende
No Future – nebbich Klima-Wende.

Der Karr'n, elektro oder nicht
fährt vorn und hinten ohne Licht
durch Tunnel nur mit Tunnelblick
bleibt blindverliebt in jeden Klick.

Im WorldWideWeb die Spinne sitzt
die aus dem Dark ihr Gift verspritzt
Wer richtig schaltet, schaltet ab
senkt fakenews in das Datengrab.

Ganz unverlogen analog
trotzen wir dem Daten-Sog.
Nur echte Wärme, echter Sinn
bringt uns zu etwas Bess'rem hin.

Wer zu Silvester doch muss knallen
hat wohl nen Knall und will nich schnallen
dass nächstes Jahr, das auf uns kommt
nur klugen Menschen hilft und frommt.

Jetzt an der Wintersonnenwende
wär' doch mal Zeit für'n gutes ENDE
für'n Wenden hin zu all dem GUTEN
weg von dem Blasen und vom Tuten

von dem so manche*r gar nix ahnt
schon wieder auf Konsum hin plant:
zu noch mehr Wachstum ohne Hirn
mit Wasserstoff und „Denkerstirn“.

Ein neues Lied, ein bess'res Lied
oh Freunde, was auch noch geschieht
das müssen wir frisch intonieren
statt nach der alten Spur zu gieren.

Hoch lebe LEBENsqualität!
Noch ist's dafür nicht ganz zu spät.
Auch späte Vögel können fliegen
der Rabe kann den Aar besiegen!

Lasst uns erneut und lauter krähen
lasst uns die Zukunftssamen säen.
Dann blüht uns eine neue Welt
die nicht beherrscht ist nur von G.E.L.D.

Lasst leeren uns die grossen Speicher
macht damit alle Menschen reicher.
Mächtig sein soll nur die LIEBE
Schluss dem Gehaue und Geschiebe!

Wenn wir erst mal zusammenhalten
wird auch das Glück am Ende walten.
Ein H@ppy End für alle Wesen
für eine Welt, die kann genesen.

Träumen wird nun wieder wichtig
denn unser Weg war doch ganz richtig
hinan zum Ziel und hin zum Ganzen
Jetzt, alle Tage: - Auf zum Tanzen!

Lasst tanzen uns durchs nächste Jahr
Kein König, Kanzler und kein Zar!
Wir sind doch selber klug genug
wir brauchen nicht den Lug und Trug

der uns tagtäglich wird serviert
der neues Leid und Tod gebiert.
Habt Mut, Vertrauen zu euch selber
und gebt nicht länger euch als Kälber

Schafe, Wahlvieh, Weihnachtsgänse
Scheuklappen weg und raus die Trense!
Der Alltag ist ein Totenhaus.
Wildert euch ins Freie aus!

Frei sei der Mensch und gut und edel
im Kiez im Stadtteil und im Veedel
auf freiem Feld und Wald und Flur
kommt ihr dem Leben auf die Spur.

Ralf G. Landmesser