Hans Jürgen Hilbig Komm wach auf

Lyrik

Komm wach auf.
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Komm wach auf. Foto: Markus Koljonen (Dilaudid) (CC BY-SA 3.0 unported)

16. Februar 2008
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wir trennen uns

wir trennen uns ein ganzes leben lang

ich bau uns ein boot

du hältst es für gefährlich

ich schlag ein leck rein

endlich  ziehen wir los

arm in arm

die ganze welt soll erfahren dass wir uns getrennt haben

wir schreiben gedichte

wir schicken sie an suhrkamp

sie schauen sie nicht an (sie müssen das porto zahlen denken sie stets)

welch ein verlangen

wir zwei

wie nicht geboren

zumal in dieser dichten welt

wir sind abschaum für sie....meine königin

was erwarten wir

sie sollen uns drucken!

sie müssen doch auch abschaum drucken

wir küssen uns

das sieht fast echt aus

ich stehe hinter dir und schreibe

wenn ich ein russe wäre würde ich dir dostojewski vorlesen (aber auf deutsch)

ich spucke in die luft (so fängt man kreise)

sie sind so hungrig nach neuen gedichten aber wenn man sie schreibt sagen sie stets 

wir haben schon gegessen

diese parkplatzwächter

sie orientieren sich nur an den schalen die sie schon kennen

so ein auge! so eine betrachtung

wir trennen uns!

aber vorher lernen wir uns kennen und schreiben über unser trennen

wir schreiben über nichts anderes

nur langweiler schreiben über den mond

wir nicht

wir starren ihn nur an

er ist unser einziger möglicher verleger

Hans Jürgen Hilbig

Hans Jürgen Hilbig