Der Amazonas der Unwichtigkeit Ode an die Spree

Lyrik

Sonnenuntergang an der Spree, Berlin.
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Sonnenuntergang an der Spree, Berlin. Foto: Ansgar Koreng (CC BY-SA 4.0 cropped)

8. März 2020
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Mich zieht es gelegentlich
An die Spree. Die Spree ist
Kein Fluss, nur ein langes Wasser
Aus der Lausitz nach Berlin. Was

Ein Fluss ist, das heisst Donau oder
Rhein, auch die Moldau geht, den Nil
Habe ich noch nicht gesehen.

Ich steh also an der Spree.

Die Spree ist kein Fluss, aber sie ist
Das Wasser, an dem ich aufwuchs,
Also frage ich nach der Bedeutung;
Ein Fluss bedeutet immer was.

Aber die Spree.

Wunderbar ist es, an einem Fluss zu stehen,
Der keine Macht hat
Über die Phantasie. Ich sage: Die Spree
Ist der Amazonas der Unwichtigkeit,
Aber ich hab den Amazonas
Noch nicht gesehen.

Dann möchte ich berichten, dass einer
Meiner Freunde starb. Es war
Eine Rutsche im Strandbad Oberspree,
Eine Rutsche mit Nagel, den Bauch
Riss er auf.

Oder ich berichte, dass,
Als ich auftauchte kurz vorm Ufer
Der Fabriken, ein Kackebatzen
Vor den Augen verschwamm.

Gelegentlich, am Ufer der Spree
Stehend, denke ich, dass die Spree
Keinen Zuspruch verdient hat,

Scheissspree!

Eckhard Mieder