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Bulgarien mag die eigene Geschichte gern islamfrei

.-Vorschlag Bulgarien: Es war einmal ein Land, in dem Wein und Tabak wuchsen im Überfluss.

.-Vorschlag Bulgarien:

Es war einmal ein Land, in dem Wein und Tabak wuchsen im Überfluss. Traumhafte Landschaften, wilde Flüsse, rauhe Hochgebirge und sonnige Meeres-Strände. Dieses Land konnten selbst DDR-Bürgerinnen und Bürger bereisen- mit dem Zug nämlich. Da fuhr man zwar durch verlauste Industriegebiete Rumäniens, aber am Ende war da dieses wunderschöne Bulgarien. Und wenn man dann vom Rumgammeln am schwarzen Meer die Nase voll hatte, dann brauchte man sich nur zwischen dicken rabiaten Bulgaren-Mamas in irgendeinen Bus setzen und man kam todsicher in einer traumhaften Gegend an. In den Rhodopen zum Beispiel an der Grenze zu Griechenland. Und dort konnte es dann passieren, dass schon im nächsten Dorf sich die Leute gar nicht als Bulgaren, sondern als Türken zu erkennen gaben. Wie jetzt? Türken? Bulgaren mohamedanischen Glaubens hiessen sie damals ganz offiziell- und deshalb war es auch lange Zeit verboten, türkisch zu sprechen. Auch ihre Nachnamen wurden Mitte der 70er JAhre in einem Generalverfahren in bulgarische umbenannt. So weit so gut, oder schlecht... nach 1989 bekamen sie ihre Minderheiten-Rechte und zogen mit einer eigenen PArtei sogar ins Bulgarische Parlament ein. Trotzdem haben die Bulgaren wie auch die Türken ein Problem mit dieser Konstellation, zu belastet scheint die Identität des Landes zu sein. Ein Medien-Aufruhr in der letzten Woche macht das ganz gut anschaulich: "Skandalös", "primitiv", "unwissenschaftlich" - das sind nur einige der Geschütze, die in Bulgarien zurzeit aufgeboten werden, um gegen zwei Wissenschaftler der Freien Universität Berlin ins Feld zu ziehen. Die Folge dieser seit einigen Tagen andauernden Kampagne: die Absage einer Konferenz und einer Ausstellung, die eigentlich Mitte Mai in Sofia stattfinden sollten. Seit Wochen gibt es Drohungen gegen den Projektverantwortlichen Ulf Brunnbauer - und als vorläufiger Höhepunkt darf wohl die Flucht seiner bulgarischen Mitarbeiterin Martina Baleva von Sofia nach Berlin gehalten werden.

Stein des Anstosses ist ein Forschungsprojekt mit dem Titel: "Feindbild Islam - Geschichte und Gegenwart antiislamischer Stereotype in Bulgarien am Beispiel des Mythos vom Massaker in Batak". Die deutschen Wissenschaftler hätten die Absicht nachzuweisen, dass das Massaker von Batak lediglich ein Mythos sei, hiess es dann verkürzt in dicken Lettern auf den Titelseiten der bulgarischen Boulevard-Blätter. Fertig war der Skandal.
Paul und Claudia von Radio CORAX in Halle sprachen am Telefon mit der n-ost-Korrespondentin Jutta Sommerbauer in Sofia. Sie hat gemeinsam mit Dirk Auer die Ereignisse der letzten Woche aufmerksam verfolgt.

Autor: Tagesredaktion

Radio: corax Datum: 11.05.2007

Länge: 11:46 min. Bitrate: 192 kbit/s

Auflösung: Stereo (44100 kHz)