Überschreitung der Abgas-Grenzwerte um 110% erlauben? EU-Parlament könnte sich heute querstellen (Update: hätte sich querstellen können)

Das Europäische Parlament wird heute Mittag voraussichtlich eine technische Einigung von Kommission und Mitgliedstaaten ablehnen, die eine dauerhafte Überschreitung der gesetzlichen Abgasgrenzwerte durch Kraftfahrzeuge erlauben wollen.

Es geht konkret darum, bei der Umstellung von Labortests auf Tests in realen Fahrtbedingungen eine Überschreitung der Grenzwerte von Schadstoffemissionen 4 Jahre lang um nicht weniger als 110% und längerfristig um die Hälfte zu erlauben. Diese Grenzwerte wurden vor 10 Jahren auf EU-Ebene und mit Beteiligung der Automobilindustrie beschlossen. Mit dem Abgasskandal bei VW und anderen Automobilherstellern ist herausgekommen, dass diese Grenzwerte von 2006 deutlich überschritten werden. Wegen der Software-Manipulationen bei Labortests wurde beschlossen, stattdessen Tests unter realen Fahrbedingungen umzusetzen. Mit Stellungnahmen der Grünen-Fraktion (gegen den Vorschlag der Kommission) und der christdemokratischen EVP-Fraktion (für den Vorschlag der Kommission) werfen wir einen Blick auf die Debatte um die vorgeschlagene - de facto - Anhebung der Abgas-Grenzwerte, und darauf, welche Folgen eine Ablehnung des Vorschlags hätte.

Update am Mittwoch Nachmittag:

Entgegen dem Tenor dieses Beitrags (und der Pressekonferenzen von Grünen und Christdemokraten am gestrigen Dienstag) nutzte das Europäische Parlament bei der heutigen Abstimmung doch nicht seine Macht, um die (nach Ansicht des Ausschusses für rechtliche Angelegenheiten des Parlaments) illegale Erlaubnis zur massiven Grenzwertüberschreitung zu verhindern. Mit einem recht knappen Votum von 323 Stimmen gegen 317 (bei 61 Enthaltungen) stimmten die Europaabgeordnete mehrheitlich gegen die Ablehnung des Komissionsvorschlags, sprich letzten Endes für die jahrelange Duldung der massiven Überschreitung von Abgasgrenzwerten durch die Automobilindustrie!

Die Grünen entschuldigten sich per Twitter, dass sie nicht genügend KollegInnen überzeugen konnten. Sie zeigten gleichzeitig auf die Fraktion der Liberalen, in welcher sich offenbar mehrere Abgeordnete leider nicht an die Fraktionslinie gehalten haben.