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Psychisch kranke Menschen viel häufiger Opfer von Gewalt als Täter

Am 4. Mai hat ein Polizist einen 61-jährigen psychisch kranken Mann in einer Reha-Einrichtung in Emmendingen erschossen.

Der Leiter der Einrichtung hat der Darstellung des Vorfalls durch die Polizei in wichtigen Punkten widersprochen. Demnach war die kritische Situation, in der der nicht als gewalttätig bekannte Bewohner rebellierte, bereits vorbei, als die beiden herbeigerufenen Polizisten, ohne irgendjemanden nach den Umständen zu fragen, mit gezogener Waffe sofort in die Küche gingen und den Bewohner, der allein am Tisch sass, anschrieen und ihn aufforderten, das Messer, welches er in Händen hielt, sofort wegzulegen. Er solle sich den Bauch nach unten auf den Boden legen. Sicher keine deeskalierende Strategie im Umgang mit einem psychisch Kranken. Wenn diese Darstellung stimmt, so hat die Polizei die Situation, die zu den Schüssen führte, durch völlig unangemessenes Eingreifen selbst herbeigeführt. Es war der 7. Todesschuss durch einen deutschen Polizisten seit Jahresbeginn. 6 der Erschossenen sollen an psychischen Erkrankungen gelitten haben.
Dass die Polizisten der Situation wohl nicht gewachsen waren, hat ausser mit fehlender Ausbildung für solche Situationen und eventuell einem falschen Verständnis der Rolle der Polizei auch damit zu tun, dass psychisch kranke Menschen oft als potentiell gefährlich angesehen werden. Das Bild ist einseitig. Professor Tilman Steinert von der psychiatrischen Klinik in Weissenau hat zur Gewalt geforscht, der psychisch kranke Menschen häufig ausgesetzt sind. Demnach sind sie weitaus häufiger Opfer als Täter bei Gewalttaten. Dies erläuterte Steinert auch im Interview mit Radio Dreyeckland.

Autor: Jan Keetman

Radio: RDL Datum: 12.05.2017

Länge: 08:54 min. Bitrate: 128 kbit/s

Auflösung: Stereo (44100 kHz)