Straflosigkeit trotz Problemanerkennung durch Bundesanwaltschaft Raubgold-Verfahren gegen Tessiner Raffinerie
Wirtschaft
Das im Oktober 2013 eröffnete Strafverfahren gegen die Argor-Heraeus SA ist von der Bundesstaatsanwaltschaft eingestellt worden.


Vorderseite eines China Gold Tael mit einem Stempel der Argor Heraeus als Gütesiegel. Foto: FM2012 (CC BY-SA 3.0 unported - cropped)
In ihrem Beschluss vom 10. März bestätigt die Bundesanwaltschaft, dass Argor entgegen seinen eigenen Vorschriften knapp drei Tonnen Gold raffiniert hat, das zwischen 2004 und 2005 in der Demokratischen Republik geplündert worden war. Da sie an der legalen Herkunft des Goldes keine Zweifel hegte, habe die Firma dennoch keine Straftat begangen. Darf man einer der weltgrössten Raffinerien eine solche Ahnungslosigkeit zuschreiben? Uganda, woher das besagte Gold eigentlich hätte stammen sollen, produziert praktisch kein gelbes Edelmetall und war damals bekannt als Haupttransitland für kongolesisches Raubgold.
Die UNO und Nichtregierungs-organisationen verurteilten die Schlüsselrolle des Goldhandels bei der Finanzierung paramilitärischer Streitkräfte, denen Millionen Menschen zum Opfer gefallen sind.
Argors Straflosigkeit lädt Raffinerien und andere Unternehmen, die dem Geldwäschereigesetz unterstehen, offiziell dazu ein, Unkenntnis über heikle Informationen vorzutäuschen. Der Skandalfall zeigt einmal mehr, dass freiwillige Firmenmassnahmen nicht verhindern, dass schmutzige – also illegitim oder illegal gewonnene – Rohstoffe auf den Markt gelangen. Bundesbehörden und im Goldsektor tätige Unternehmen berufen sich gerne auf die strengen Branchenvorschriften.
Der Fall Argor macht jedoch die Grenzen dieser Verhaltenskodizes deutlich: Ihre Anwendung bleibt fraglich, zumal bei Konflikten mit der entscheidungsprägenden Profitlogik der Unternehmen. Vor allem aber werden Verstösse nicht sanktioniert, weder im Gold- noch in irgendeinem anderen Sektor.
Deshalb braucht es ein Gesetz, das Firmen dazu verpflichtet, die Herkunft aller von ihnen verarbeiteten oder vermarkteten Produkte zu kennen und sicherzustellen, dass bei deren Gewinnung oder Herstellung weder Menschenrechte noch Umweltstandards verletzt werden. Genau dies fordert die von der Erklärung von Bern gemeinsam mit 65 Schweizer Organisationen kürzlich lancierte Konzernverantwortungsinitiative. Unternehmen sollen nicht länger ungestraft zweifelhafte Geschäfte abwickeln und dabei ihre Unwissenheit geltend machen können.
25.09.2015
- Woher kommen die Schweizer Goldimporte aus dem westafrikanischen Togo, das über gar keine solchen Vorkommen verfügt?
mehr...28.01.2016
- Jahr für Jahr gelangen mehrere Tonnen Gold aus Togo in die Schweiz. Nur: In diesem westafrikanischen Land wird gar kein Gold abgebaut. Woher also kommt das kostbare Metall tatsächlich? Die EvB hat die Spur dieses Goldes verfolgt.
mehr...28.11.2016
- Es gibt neue Entwicklungen bei den Konfliktmineralien und der EU-Verordnung, die den Handel mit Mineralien einschränken soll, die Kriege und Konflikte finanzieren.
mehr...Podcasts zum Artikel
02.10.2017 - „Keine Schlepperin, keine Verbrecherin, sondern eine Aktivistin für die Rechte von Migrantinnen und Migranten“ – das schrieb Amnesty International nach der Verurteilung der [...]
22.12.2011 - Seit Jahren kämpfen die Opfer der Apartheid in Südafrika für Wiedergutmachung. Seit Jahren wollen Historiker und Historikerinnen die Geschichte des Apartheidsstaates aufarbeiten.
Mehr auf UB online...
29.11.2023
- Ende Mai 2023 wurde ein kurzes Statement1 veröffentlicht, welches vor der Auslöschung [...] mehr...23.11.2023
- Faschismus ist keine Naturkatastrophe. Er hat spezifische Entstehungsbedingungen – die [...] mehr...