UB-Logo Online MagazinUntergrund-Blättle

Tod durch Schwefelgas: Gericht verurteilt Glencore | Untergrund-Blättle

3736

Tod durch Schwefelgas Gericht verurteilt Glencore

Wirtschaft

Giftige Abgase einer Kupferfabrik töten in Sambia Menschen. Jetzt soll Glencore die Familie einer Verstorbenen entschädigen.

Die von Glencore betriebenen Kupferfabrik Mopani in Sambia.
Mehr Artikel
Mehr Artikel

Die von Glencore betriebenen Kupferfabrik Mopani in Sambia. Foto: photosmith2011 (CC BY-SA 2.0 cropped)

21. November 2016
0
0
3 min.
Drucken
Korrektur
Die giftigen Abgase der von Glencore betriebenen Kupferfabrik Mopani in Sambia sind die Ursache für den Tod der prominenten sambischen Politikerin Beatrice Mithi. Zu diesem Schluss kommt ein Zivilgericht in Sambia. Es hat den verantwortlichen Schweizer Rohstoffkonzern zu einer Entschädigungszahlung verurteilt. Im September hat die SRF-«Rundschau» das Urteil gegen Glencore publik gemacht, Printmedien haben bisher nur vereinzelt darüber berichtet.

Beatrice Mithi starb am 31. Dezember 2013 an den Folgen eines Asthma-Anfalls. An diesem Abend trug der Wind die Schwefeldioxid-Abgase von Glencores Kupferschmelzwerk in die Wohnquartiere der Stadt Mufulira. Die 58-jährige Frau erlitt einen Atemstillstand, dann versagte ihr Herz.

Asthma und Tod durch «Einatmen giftiger Dämpfe»

Als die «Rundschau» 2014 erstmals über den Fall berichtete, gab es noch keine Beweise, dass die Abgase der Glencore-Fabrik schuld waren an ihrem Tod. Doch die Obduktion kam zu einem klaren Ergebnis: Beatrice Mithi starb an einem akuten Atemversagen, ausgelöst durch «Einatmen giftiger Dämpfe». Daraufhin klagte der Witwer Geoffrey Mithi gegen den Glencore-Betrieb. Es gehe um Gerechtigkeit, nicht ums Geld, sagte Geoffrey Mithi der «Rundschau». «Der Schaden, der den Menschen in unserer Stadt zugefügt wurde, ist enorm.»

15 Jahre lang hat Glencores Kupferwerk Mopani die Luft der Stadt Mufulira mit gewaltigen Mengen Schwefeldioxid und Schwermetallen vergiftet – Mengen, die akut gesundheitsgefährdend sind, wie Umweltmediziner betonen. Gemäss Unterlagen der sambischen Umweltbehörden betrug die Schwefeldioxid-Konzentration in den Wohnquartieren neben dem Kupferschmelzwerk im Tagesdurchschnitt zeitweise bis zu 5640 Mikrogramm pro Kubikmeter. Zum Vergleich: Der Richtwert der Weltgesundheitsorganisation WHO liegt bei 20 Mikrogramm pro Kubikmeter.

Viele Bewohner der Umgebung leiden unter Asthma oder starben frühzeitig an Lungenkrankheiten. Diesen Umweltskandal hat die «Rundschau» im März 2014 publik gemacht. Erst vor zwei Jahren liess Glencore in Sambia eine neue Filteranlage in Betrieb nehmen, welche die Abgasmenge deutlich reduzieren soll.

40'000 Franken Entschädigung

Im Fall der verstorbenen Politikerin kam der High Court in der Stadt Kabwe zum Schluss, dass der Glencore-Betrieb seine Sorgfaltspflicht gegenüber Beatrice Mithi und den übrigen Anwohnern der Kupferfabrik nicht wahrgenommen habe. Die Fabrik habe wissentlich und fahrlässig hohe Schadstoffmengen freigesetzt und geltende Grenzwerte überschritten, heisst es im Gerichtsurteil, das der «Rundschau» vorliegt.

Im Gerichtssaal verteidigten sich Verantwortliche des Glencore-Betriebs: Die Schadstoffbelastung sei zwar hoch gewesen, als Mithi starb, räumten sie ein, aber die Fabrik habe sich gar nicht an Grenzwerte halten müssen. Das sei so mit der Regierung vereinbart. Die Sambische Regierung habe das Kupferwerk bis ins Jahr 2015 von jeglicher Haftung für Umweltschäden befreit.

Das Gericht liess diese Rechtfertigung nicht gelten. Das Urteil sieht im Obduktionsbericht den Beweis, dass Beatrice Mithi starb, weil sie Schwefelgas eingeatmet hatte. Darum müsse Glencore dem Witwer eine Entschädigung von umgerechnet 40'000 Franken zahlen und zudem für die Prozesskosten aufkommen.

Glencore erachtet Urteil als «nichtig»

Die Glencore-Fabrik Mopani hat das Urteil inzwischen ans höchste Gericht in Sambia weitergezogen. Gegenüber der «Rundschau» schreibt Glencore, dass man das Urteil als «nichtig erachtet». Es habe Verfahrensfehler gegeben. Zudem weist Glencore jegliche Schuld von sich. Die Firma habe weder fahrlässig gehandelt noch hätten Abgase den Tod von Beatrice Mithi verursacht.

Beatrice Mithi ist kein Einzelfall. Die «Rundschau» berichtete von weiteren Todes- und Krankheitsfällen in der Minenstadt Mufulira, die Angehörige und Mediziner auf die giftigen Schwefeldämpfe der Kupferfabrik Mopani zurückführen. Betroffene schöpfen Hoffnung: Wird das Urteil im Fall Mithi bestätigt, könnte es den Weg für weitere Klagen ebnen.

Red. / Infosperber

Mehr zum Thema...
Erzmühlen von Glencore in der Aufbereitungsanlage des Kupferbergwerks Mopani in Mufulira, Sambia.
Glencore macht Kinder krank und hält Medien fernGlencores Hinterhof

14.11.2013

- Das Fernsehen hatte ein skandalöses Gebaren des Zuger Rohstoffkonzerns Glencore in Afrika aufgedeckt. Doch die Schweizer Presse schwieg.

mehr...
Eisenmiene der Glencore-Tochter Xstrata in Lydenburg, Mpumalanga, Südafrika.
Intransparente GeschäftspraktikenGlencore - Weltweite Präsenz und Marktmacht

13.01.2014

- Die weltweite Präsenz und Marktmacht von Glencore stehen in keinem Verhältnis zu den ungenügenden Bemühungen, negative Auswirkungen auf Mensch und Umwelt zu verhindern.

mehr...
Arbeiter in Sambia, November 2017.
Investoren, Selbstversorger und kollektives EigentumSambia: Landraub als Entwicklungshilfe

14.12.2017

- Sambia fördert die Entstehung von Megafarmen – auf Kosten der Bevölkerung, die von ihrem Land vertrieben wird.

mehr...
Rohstoffmulti konstruiert Verluste um Steuern zu sparen – OECD-Beschwerde gegen Glencore lanciert

15.04.2011 - Glencore, der umsatzstärkste Schweizer Konzern - mit Sitz im Kanton Zug -, ist eines der grössten Rohstoffunternehmen der Welt. Laut verschiedenen Nichtregierungsorganisationen schleust der Konzern im afrikanischen Land Sambia gezielt Geld am Fiskus vorbei, indem er vorgibt, Verluste zu machen.

EU-Freihandelspolitik - Auswirkungen am Beispiel Sambia

23.10.2008 - 2007 hat die Europäische Union eine neue Handelsstrategie beschlossen. Diese Strategie setzt, so der offizielle Jargon, „auf eine aktive Politik der Öffnung sowohl innerhalb der EU als auch gegenüber Drittländern, die Europa in die Lage versetzen soll, im globalen Wettbewerb zu bestehen.“ Ein Ansatz zur Durchsetzung dieser Strategie stellen die sogenannten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit Entwicklungsländern dar, die seit 2002 verhandelt werden.

Dossier: Verkehrswende
Heinrich Stürzl  Wikimedia Commons
Propaganda
Solidarity

Aktueller Termin in Wien

????️Spiderman Themenabend im Kaleidoskop????️

????️Spiderman Themenabend im Kaleidoskop????️

Freitag, 9. Juni 2023 - 23:30 Uhr

Kaleidoskop, Schönbrunner Str. 91, 1050 Wien

Event in Berlin

~~ ~~

Samstag, 10. Juni 2023
- 10:00 -

Oranienplatz (Kreuzberg)

Oranienplatz

10999 Berlin

Mehr auf UB online...

Die  Monty Python Truppe im Juni 2014.
Vorheriger Artikel

Die Ritter der Kokosnuss

Die Kulttruppe auf filmischer Mission

Nächster Artikel

Zu Ulrike Herrmanns «Das Ende des Kapitalismus»

Think Big, Not Small

Untergrund-Blättle