UB-Logo Online MagazinUntergrund-Blättle

Skouries – Goldabbau in Griechenland

1158

Mehrere Goldminen in Planung Skouries – Goldabbau in Griechenland

barcode-677583-70

Wirtschaft

In Nord-Griechenland sind zur Zeit zahlreiche Goldminen in Planung. Unter anderem soll auf der Halbinsel Halkidiki, konkret in den Gegenden von Skouries, Gold abgebaut werden.

Bauarbeiten zur Vorbereitung von Goldgewinnung in Skouries, Halkidiki, Griechenland.
Mehr Artikel
Mehr Artikel
Bild vergrössern

Bauarbeiten zur Vorbereitung von Goldgewinnung in Skouries, Halkidiki, Griechenland. Foto: Παρατηρητήριο Μεταλλευτικών Δραστηριοτήτων (CC BY 3.0 unported - cropped)

Datum 5. März 2015
1
0
Lesezeit21 min.
DruckenDrucken
KorrekturKorrektur
Mit meinem Rucksack auf dem Rücken schleppe ich mich langsam die Strasse hinauf. Eine Polizeistreife fährt an mir vorbei, dann der Wagen eines Security- Unternehmens. Dann kommt die Streife wieder zurück. Und noch ein weiteres Security-Auto. So geht das nun schon die ganze Zeit, seit ich den Weg hoch auf den Kakavos-Berg in Griechenland eingeschlagen habe.

Keine zwei Stunden habe ich mit Bus und ausgestrecktem
Daumen von Thessaloniki bis ins 3.000-Seelen-
Dorf Megali Panagia gebraucht, welches im Osten
der Halbinsel Halkidiki gelegen ist. Doch von dort
aus ging's dann nur noch zu Fuss weiter. Was mich
antreibt? Etwa die wunderschöne Natur, der Wald,
die Berge, die Flüsse, das Meer? - In gewisser Weise
schon. Jedoch auf eine wahrlich unschöne Art und
Weise: Was mich hierher bringt, ist der Kahlschlag des
Waldes, die Sprengung des Berges, die Vergiftung
von Meer, Flüssen und Grundwasser. Auf dem Kakavos-
Berg soll eine der zahlreichen geplanten Goldminen
in Nordgriechenland entstehen: Skouries. Kaum
auszumalen werden die katastrophalen Auswirkungen
dieses Projekts sein und es steht bereits mehr als in
den Startlöchern.

Die Strasse, auf der ich gehe, ist neu und wahrscheinlich
besser in Schuss als irgendeine Autobahn in Griechenland.
An den rotbräunlichen Steilwänden neben
ihr lässt sich leicht ausmachen, wie sie regelrecht in
den Berg hineingefressen wurde. Nach einiger Zeit
beginnen scheinbar endlose Holzstapel den Weg zu
säumen. Unschwer, den Zusammenhang zwischen der
Strasse und den toten Bäumen herzustellen.
Nicht recht wissend, was mich erwartet und wo genau
ich hingehen muss, hat mir die nervtötende Präsenz
der wie aufgescheucht hin- und her fahrenden Autos
von Polizei und Security zumindest die Sicherheit
gegeben, auf dem richtigen Weg zu sein. Mein Ziel ist
ein 10-tägiges Protestcamp direkt auf dem Berg nur
unweit von der geplanten Mine und den bereits stattfindenden
Arbeiten zur Errichtung der Infrastruktur.
Von Kampfkomitees aus Halkidiki und Thessaloniki war
das vom 22. bis 31. August 2014 stattfindende Camp
angekündigt worden mit den Worten: „…gegen die
Paranoia und die destruktive Raserei von Staat, Gesellschaften
und Spekulanten... Die willkürliche Orgie
der Verwüstung muss stoppen. Heute, sonst gibt es kein
Morgen mehr!“

Auf dem Camp selber konnte ich dann in zahlreichen
Gesprächen, Diskussionen, Vorträgen und Spaziergängen
meine Wissenslücken über den Ort und das
Geschehen schliessen und kam zu der Entscheidung,
dies in einem Artikel zu verarbeiten. Denn darüber,
was hier vor sich geht, sollten mehr Menschen Bescheid
wissen.

In Nord-Griechenland sind zur Zeit zahlreiche Goldminen
in Planung. Unter anderem soll auf der Halbinsel
Halkidiki konkret in den Gegenden von Skouries
Gold abgebaut werden. In der Nähe der Mine, die
bei Skouries entstehen soll, bei Piavitza, befindet sich
auch noch ein weiteres Goldvorkommen und die Überlegungen
zu einer Mine dort könnten noch zehnmal
grössere Ausmasse als in Skouries annehmen.

In Makedonien sind die Regionen Kilkis und Serres betroffen
und in Thrakien soll bei Perama eine Mine entstehen.
Hinter den Minen auf Halkidiki und bei Perama steckt
dabei die gleiche Firma: Eldorado Gold, ein kanadisches
Unternehmen mit Sitz in Vancouver. Jeweils
ist der Beginn des Abbaus für 2016 geplant und die
Laufzeiten gehen teilweise bis zu 27 Jahren. Aber
auch bei den anderen für den Goldabbau freigegebenen
Regionen ist eine Teilhabe von Eldorado Gold
nicht ausgeschlossen.

Zwielichtige Transaktionen – Wie Eldorado Gold ins Spiel kam

Im Jahr 1996 waren die Abbaurechte für die Kassandra-Minen im Wege einer öffentlichen Ausschreibung
für 32 Mio. Euro an TVX Hellas S.A., ein Tochterunternehmen
der kanadischen TVX Gold, veräussert
worden. In den darauf folgenden Jahren wurde unter
anderem eine Silber-Blei-Zink-Mine in Stratoni betrieben
sowie eine Mine in Olympiada. Doch bereits
in 2002 wurde nach heftigen Protesten die Abbaugenehmigung
widerrufen. Das oberste Verwaltungsgericht
von Griechenland hatte entschieden, dass der
geplante Goldabbau eine Katastrophe für die Region
wäre.

TVX Gold stellte daraufhin die Finanzierung ein
und schliesslich musste TVX Hellas Insolvenz anmelden
und wurde offiziell für bankrott erklärt. Dazu kam,
Skouries – Goldabbau in Griechenland
dass im Dezember 2002 nach heftigen Regenfällen
stark saures und schwermetallhaltiges Wasser aus den
Galerien einer von TVX Hellas betriebenen Mine in
den Golf von Stratoni lief, wo sich daraufhin das
Wasser rot färbte. TVX jedoch sprach von einem „optischen
Phänomen“.

Am 12. Dezember 2003 wurden die Bergbaukonzessionen
der Kassandra-Minen für 11 Mio. Euro an den
griechischen Staat überschrieben. Diese Transaktion
beinhaltete
ebenfalls die
Übernahme der
rund 17Mio.
Euro, die TVX
deren 472
Arbeiter_innen
schuldig geblieben
war. Noch
am gleichen Tag
ging das Vermögen,
welches
u.a. Minen- und
Erkundungsrechte
in einem Bereich von 317 km² beinhaltete, für
den gleichen Preis an die HELLAS GOLD S.A. Dabei
wirkte der damalige Staatssekretär für Finanzen Christos
Pachtas (Pasok) intervenierend. Gleicher besetzte
später das Bürgermeisteramt der Gemeinde Aristoteles,
in der der Bergbau stattfinden sollte.
Die Art und Weise, wie diese Transaktion durchgeführt
wurde, gibt dabei zahlreiche Aufschlüsse über die
Verflechtung politischer und wirtschaftlicher Interessen
und deren Erscheinungsformen.
Unter anderem fand zuvor weder eine Wertprüfung statt noch gab es eine
öffentliche Ausschreibung. Weiterhin wurde das Unternehmen
von der Eintragungs- und sonstigen Steuern
befreit, erhielt verschiedene Gebührennachlässe, z.B.
auf Anwalts- und Notarkosten, und wurde vertraglich
aus der Verpflichtung genommen, für Reparationszahlungen
aufgrund der Umweltschäden, welche TVX in
dem betroffenen Gebiet verursacht hatte, aufzukommen.
Eine weitere Tatsache, die mensch stutzig machen
sollte, ist, dass HELLAS GOLD S.A. gerade einmal drei
Tage zuvor mit einem Aktienkapital von 60.000 Euro
gegründet wurde – scheinbar kein Hinderungsgrund,
ein Vermögen von 11 Mio. Euro aufzukaufen. Dazu
kommt, dass sechs Monate später der Marktwert der
Minen von einem globalen Finanzdienstleister auf 408
Mio. Euro geschätzt wurde. Also 37mal mehr als der
Kaufpreis.

Dennoch bestätigte der Staat die Transaktion, woraufhin
in 2004 eine Phase begann, in der das Unternehmen
schrittweise in Teilstücke zerlegt und verkauft
wurde. Dabei machten die drei Hauptaktionäre von
Hellas Gold - Leonidas Bobolas, Dimitrios Koutras und
Frank Timiş - einen Gewinn von 95,7 Mio. Euro und an
den Staat ging genau nichts.

Bis Ende 2007 erwarb dann die kanadische Firma
European Gold Fields 95 Prozent von Hellas Gold. Die
übrigen 5 Prozent behielt der Aktionär Bobolas mit
dessen Baufirma AKTOR. (Zu den Bobolas sei an dieser
Stelle noch erwähnt, dass es sich hierbei um einen
einflussreichen, regierungsnahen griechischen Familienclan
handelt, dem unter anderem auch grosse Teile der
griechischen Medien gehören.)

2011 wurde mit der Zulassung der in vielen Teilen
fehlerhaften und unvollständigen Studie von
Hellas Gold zum Umwelteinfluss (EIS), welche
konkret die Standorte in Olympiada,
Skouries und Stratoni betrifft, eine weitere
bürokratische Hürde geebnet.
European Gold Fields ging dann im Februar
2012 an die ebenfalls in Kanada ansässige
multinationale Aktiengesellschaft Eldorado
Gold über.

Heute gehört Hellas Gold S.A. also zu 95
Prozent Eldorado Gold und zu 5 Prozent
AKTOR. Der Wert der Mineralien von Halkidiki
wird inzwischen auf 15,5 Mrd. Euro
geschätzt.

Skouries und seine Folgen

Allein die Verstrickungen von Politik und Grosskonzernen
wären ja nun schon Grund genug für einen Aufschrei.
Allerdings sind die Probleme, die die Goldminen
jetzt schon aufwerfen und noch aufwerfen werden
noch weitaus schwerwiegender. Aber der Reihe nach:
Was soll eigentlich genau in Skouries passieren?
In der Region Skouries befindet sich ein Gold-Kupfer-
Porphyr- Vorkommen. Dieses will Hellas Gold ab
2016 zunächst im Tagebau abbauen. Mit sechs
Tonnen Sprengstoff pro Tag soll über die Jahre ein
Loch entstehen mit einem Durchmesser von bis zu zwei
Kilometern und einer Tiefe von 220 Metern.

24.000 t Gestein mit einem geschätzten Gehalt
von 0,8 g Gold pro Tonne sollen pro Tag abgebaut
werden. Unter dem Tagebau soll dann ein bis 770
Meter tiefer Untertagebau mit bis zu 25 km Galerien
entstehen. Zusätzlich soll an dem Standort Skouries
auch eine Metallurgie-Fabrik zur Reingoldgewinnung
entstehen. Dieser Punkt macht Skouries zu einem
Schlüsselstandort der griechischen Goldproduktion.
Denn hierher würde zu diesem Zwecke auch das Erz
der anderen nordgriechischen Minen gebracht werden.

Der Wald

Um dieses Projekt zu verwirklichen, wurden bereits ca.
3 km² Wald kahlgeschlagen. Ein ganzes Ökosystem
und damit auch Lebensraum für zahlreiche Tiere und
Pflanzen wird dauerhaft zerstört. Auch die Menschen
der umliegenden Dörfer, die Teile des Waldes schon
seit Jahrhunderten forstwirtschaftlich genutzt haben,
sehen sich nun einer wichtigen Quelle für Brenn- und
Bauholz entzogen.

Das Wasser

Ausserdem wird mit mehreren Drainage-Bohrungen
das Grundwasser bis zu einer Tiefe von 750m (davon
140m unter dem Meeresspiegel) abgepumpt, um zu
verhindern, dass die Mine vollläuft. Dies hat unter anderem
die Austrocknung des Berges zur Folge, gefolgt
von Bodenerosion und Überflutungen.
In Anbetracht der Tatsache,
dass sich an diesem Ort das
Haupt-Grundwasser-Vorkommen
von Halkidiki befindet,
ergeben sich allerdings
noch weitere erschreckende
Auswirkungen. Zum einen werden
bereits 15 Mio. m³ Wasser
pro Jahr abgepumpt, was dem
Wasserverbrauch der gesamten
Halbinsel entspricht. Weiterhin
wird jedoch auch das übrig
bleibende Wasser
kontaminiert.
Unter anderem würde es bei dem vom
Unternehmen geplanten Zurückführen des Wassers
nach Beendigung der Bergbauaktivitäten zum Eindringen
von Schadstoffen wie Schwermetallen kommen.
Auch das Einlaufen von Salzwasser in küstennahe
Grundwasservorkommen stellt ein Problem dar. Aufgrund
der bereits geschehenen Bergbauaktivitäten ist
das Wasser in einigen Gegenden bereits mit Schwermetallen
verseucht. Des weiteren wird eine unglaubliche
Menge an Frischwasser verschwendet: Zur
Förderung von einem Kilo Gold werden durchschnittlich
691.000 Liter Wasser benötigt.

Die Luft

Durch die täglichen Sprengungen wird eine Unmenge
an Feinerz-Staub produziert – über 3.000 t pro
Stunde werden es nach eigenen Einschätzungen von
Eldorado Gold sein. Dazu kommen die Emissionen von
Kohlenmonoxid, Stickoxiden, flüchtigen organischen
Verbindungen, Schwefeldioxiden und den Aerosolen
PM10 und PM2,5 . Diese atmosphärischen Schadstoffe
werden über weite Distanzen verteilt.

Besonders die Feinstaubtypen PM10 und PM2,5 sind
gesundheitsgefährdend, da sie aufgrund ihrer Grösse
von der Lunge nicht herausgefiltert werden und somit
direkt in den Organismus von Menschen und anderen
Tieren aufgenommen werden. Die sich an die Partikel
anlagernden Schwermetalle und radioaktiven Elemente
gelangen ebenfalls in den Körper und verursachen
schwere Gesundheitsschäden. Allein in Skouries
werden geschätzte 430t PM10 pro Jahr anfallen mit
hohen Konzentrationen insbesondere an Arsen.

Der Boden

Kohlenmonoxid, Stickoxide und Schwefeldioxide
werden zu saurem Regen führen und infolge dessen
übersäuert ebenfalls der Boden. Dies in Verbindung
mit der Kontaminierung durch eine lange Liste an
Schwermetallen von A wie Antimon bis Z wie Zink wird
es für Pflanzen und andere Organismen unmöglich
machen, in dem betroffenen Bereich zu überleben.

Die „Endlagerung“

Des weiteren entsteht durch die Goldproduktion Müll
und zwar vor allem durch den
Prozess des Herauslösens des
Goldes aus dem restlichen
Gestein. Denn dafür werden
heutzutage zahlreiche, in
höchstem Masse giftige Chemikalien
verwendet. Und all
das muss dann anschliessend
irgendwo hin: Täler werden
durch Dämme zu Becken umgewandelt
und mit dem Bergbau-
Müll gefüllt, der dann
in der Regel so lange dort
bleibt, bis der entsprechende
Damm bricht, wie im Jahr 2000 in einer Goldmine in
Baia Mare (Rumänien) geschehen. Dort wurden durch
ein Leck 100.000 m³ mit Zyanid und anderen Schwermetallen
verseuchtes Wasser freigesetzt. Dieses Wasser
floss in den
Fluss Tesla und später in den Danube, führte zur Kontamination
über Rumänien, Ungarn und Serbien hinaus,
vergiftete Trinkwasserressourcen, tötete Tausende
Fische und verursachte das Absterben der angrenzenden
Ökosysteme. Diese Umweltkatastrophe in Baia
Mare gilt direkt nach Tschernobyl als eine der verheerendsten
in der Geschichte des europäischen
Kontinents.

Oder aber die Giftstoffe verdunsten oder sickern
langsam in den Boden ein und kontaminieren das
Wasser und den Boden.

Normalerweise wird bei der Goldproduktion vorallem
Zyanid verwendet. Nun rühmt sich aber Hellas Gold
damit, ein Verfahren anwenden zu wollen, bei dem
kein Zyanid verwendet würde: das soganannte Schwebeschmelzverfahren
oder auf Englisch: „Flash smelting“.

Dieses wurde niemals in industriellem Ausmass
für die Goldproduktion erprobt und ergibt ausserdem
kein Reingold sondern Mischungen mit Kupfer, Blei und
Eisen. Da es bisher keine Methode zur Trennung gibt,
ist es wahrscheinlich, dass das Unternehmen doch auch
Zyanid einsetzen wird. Weiterhin gibt es wissenschaftliche
Hinweise darauf, dass das ausgewählte Veredelungsverfahren
für den Goldtyp der Kassandra-Minen
nicht geeignet ist und die Fabrik, wenn sie gebaut und
eingesetzt wird, mehr Arsen in die Umwelt freisetzen
wird als irgendeine andere Fabrik in der EU. Das
finnische Unternehmen OUTOTEC, das die Technologie
des Schwebeschmelzverfahrens entwickelt hat, drückte
bereits ernsthafte Bedenken gegenüber der von Hellas
Gold geplanten Anwendung im industriellen Massstab
aus.

Der durch die Produktion des Goldes entstehende Müll wird nun zu etwa 70 Prozent aus arsenhaltigem Eisenoxid-Schlamm (Skorodit) und Kalziumsulfat bestehen und ist besonders aufgrund des Arsens gefährlich.
Ausserdem ist die Stabilität des kristallinen Skorodit
bei der Lagerung mit anderen Stoffen fraglich. Aber
auch dafür hat sich nun das Unternehmen von der nationalen
technischen Universität von Athen eine Methode
ausdenken lassen, welche nicht einmal in Pilot-Tests
erprobt wurde, aber dennoch eingesetzt werden
soll.

Die für Skouries geplanten Abfallbecken werden sich
in den von den Flüssen Karatzas und Lotsaniko gebildeten
Schluchten befinden. Die Bäume dort, einige
über 300 Jahre alt, wurden bereits gefällt und 140-
160 Meter hohe Dämme sollen gebaut werden. Der
abgeladene Müll soll laut Angaben des Unternehmens
relativ trocken sein und wie ein Berg an der höchsten
Stelle noch 220 Meter über die Dämme hinausreichen.
Dass dies starken Regenfällen standhalten
würde, ist sehr fraglich.

Nach den Bergbauaktivitäten soll dann alles mit 60
cm Erde zugeschüttet werden und Hellas Gold will
„zwei Bäume dort pflanzen, wo vorher einer stand“.
Abgesehen davon, dass Bäume dicht gedrängt
nicht besser wachsen, ist es auch absolut unmöglich,
dass an einem solchen Ort Bäume länger überleben
könnten.

Weiterhin will das Unternehmen, um das Einsickern
der giftigen Stoffe in den Boden zu verhindern, die
Becken mit einer Folie auskleiden. Nach aktuellen
Einschätzungen wird diese Folie allerdings höchstens
50 Jahre lang dicht halten. Da Hellas Gold den Goldabbau
in Skouries 27 Jahre betreiben will, wird die Lösung
des Problems also anscheinend auf die Dauer des
Bestehens des Unternehmens angesetzt. Was danach
kommt – darum sollen sich andere kümmern.

Auswirkungen auf die Menschen

Die Menschen in der Gegend um Skouries sind in vielfacher
Weise negativ von der Goldmine betroffen:
gesundheitlich, sozial und ökonomisch.

Gesundheitlich sind sie betroffen, da das verseuchte
Wasser, die Schwermetalle und der Staub zahlreiche,
auch tödliche Krankheiten verursachen. Dies betrifft
nicht nur die Arbeiter (ich schreibe hier nur in männlicher
Form, da es vor allem Männer sind, die in der
Mine arbeiten) sondern auch alle Bewohner_innen der
Region und Besucher_innen.

Die sozialen Auswirkungen beschreibt Carlos Zorrilla
in dem Ratgeber „Protecting your community against
mining companies and other extractive organizers“
sehr passend: „Es ist allgemein üblich, dass multinationale
Bergbauunternehmen spezielle Taktiken verfolgen,
die darauf zielen, die soziale Anerkennung
zu bekommen. Vor allem suchen sie Verbindungen zu
lokalen Führungspersonen und Gruppen, die niemanden
repräsentieren, aber leicht zu beeinflussen sind.

Dadurch wird schrittweise ein Bruch im sozialen Netzwerk
verursacht, während die Unternehmen ausgleichende
soziale Projekte finanzieren. Sie erachten eingereichte
Bewerbungsschreiben als Volksentscheide
zu ihren Gunsten und erwerben strategisch Land. Sie
benutzen aggressive Methoden gegen oppositionelle
Bürgerinitiativen, wie z.B. Terrorismus, Gewalt, Erpressung,
Infiltrierung, Überwachung, Klagen, die die
finanziellen Möglichkeiten dieser Gruppen erschöpfen,
Verbreitung falscher Gerüchte, Erstellung falscher Verbrechen,
ausgedachte Anschuldigungen bis sogar hin
zu Morddrohungen. Schliesslich benutzen sie private
Sicherheits-Unternehmen und arbeiten eng mit Milizen
und Polizei zusammen.“ Viele, wenn nicht sogar alle
dieser Strategien wurden von Hellas Gold S.A. in Halkidiki
angewendet.

Schliesslich wird die Region und die Menschen, die
dort leben, noch ökonomisch in den Ruin getrieben.
Denn die Haupt-Betätigungsfelder sind hier Landwirtschaft,
Imkerei, Fischerei, Forstwirtschaft und Tourismus.
All dies ist kaum bis gar nicht mit dem Goldbergbau
vereinbar und wenn die Mine dann in einigen Jahren
schliessen würde, stünden die Menschen nur noch einer
komplett zerstörten Umwelt und damit der Zerstörung
aller Lebensgrundlagen gegenüber.

Markant ist auch wieder einmal das Bergbaurecht,
das ganz eindeutig für die Interessen der Grosskonzerne
und gegen die Menschen ausgelegt ist. Unter
anderem ist jede Aktivität, die den Bergbau stört, in
ausgeschriebenen Bergbaugebieten verboten, privater
Landbesitz kann enteignet werden (es kann also auch
zu Zwangsumsiedlungen kommen), Schutzstatus für Gebiete
durch nationale oder internationale Überein
kommen greifen nicht mehr und das Bergbauunternehmen
hat den vollen Besitz an den Mineralien, muss also
keinerlei Abgaben zahlen.

Die offene Koordination von Thessaloniki gegen die
Goldminen schreibt in einem Statement zur ökonomischen
Unterwanderung der Region: „Es ist ausserdem
kein Zufall, dass dieser skandalöse Transaktionsbetrug
der nord- östlichen Chalkidiki Minen in einer Periode
des Wohlstands stattfand. Zu einer Zeit, da niemand
darauf achtete, während die Umsetzung des Megaprojekts,
dem tatsächlichen Aufbau der Minen, inmitten
der Krise durchgedrückt wird. Nun werden wir
mit unverblümter Erpressung konfrontiert: wir müssen
entweder eine deutliche und direkt zerstörerische
Absicht akzeptieren oder wir schaffen es sonst nicht zu
überleben.“

Diese deutliche und direkt zerstörerische Absicht wollen
aber bei weitem nicht alle akzeptieren. Denn das
Überleben kann es nur ohne die Minen geben und mit
den Minen nur den Tod.

Der Widerstand (und die Repression)

Widerstand regte sich
in der Region um die
Kassandra-Minen schon
in den späten 90ern.
Wie oben bereits erwähnt,
hatten die Leute
dort es geschafft,
eine Goldmine in
Olympiada zu stoppen.

Die Mahnwache

Als nun die Pläne um
Skouries klar wurden,
formten sich in den
umgebenden Dörfern
Bürgerinitiativen, die
Kampfkomitees genannt
werden.

Im Jahr 2009 errichteten
sie auf dem Berg, wo die Mine entstehen sollte,
eine Mahnwache. Diese war
seitdem dauerhaft besetzt, um jede Aktivität von
Hellas Gold mitbekommen und verhindern zu können.
Bohrgeräte, die sich vor Ort befanden, wurden dann
auch ziemlich schnell entfernt.
Über Jahre blieb es ruhig auf dem Berg. Das Goldgeschäft
schien nur auf dem Papier zu existieren, die
Millionengewinne nur mit Spekulationen gemacht zu
werden.

Keiner rechnete ernsthaft damit, dass das
wahnwitzige Projekt tatsächlich durchgeführt werden
sollte. Dennoch organisierten dich die Bergbaugegner_
innen weiterhin, informierten sich und andere über
die katastrophalen Folgen des Goldabbaus, wurden
mehr. Alle Kongresse oder ähnliche Propagandaaktivitäten
des Konzerns wurden in den Folgejahren gestört,
vor allem mit wissenschaftlich fundierten Richtigstellungen
der Tatsachen und auch Aktionen wie „Banner-
Drops“.

Nachdem Anfang 2012 nach zwei Monaten meterhohen
Schnees, in denen der Berg „unbesetzt“ blieb, die
Leute mitbekamen, dass Hellas Gold mit Angestellten
des Archäologischen Instituts von Griechenland den
Berg hochfuhren, schrillten die Alarmglocken: Dies
schien ein Zeichen für eine tatsächliche Realisierung
des Projekts zu sein. Denn das Archäologische Institut
muss in Griechenland aufgrund der vielen Funde
aus der Antike immer zuerst sein Okay geben, bevor
irgendwelche Baumassnahmen stattfinden dürfen.
Nach einer Vollversammlung der Kampfkomitees
wurde entschieden, den Fokus auf die Mahnwache zu
legen und insgesamt 40 Menschen versammelten sich
schliesslich dort.

Am Tag darauf, am 20. März 2012 passierte dann
etwas, mit dem keine_r gerechnet hatte. Hellas Gold
zwang unter Androhung der Kündigung alle 350 Arbeiter
aus der Silber-Blei-Zink-Mine in Stratoni und
zusätzliche 150 potentielle Arbeiter auf den Berg zu
gehen. Den potentiellen Arbeitern war erzählt worden,
die einzige Möglichkeit für sie, in Zukunft einen Job zu
erhalten, wäre, wenn sie dort hochgehen. So kam
es, dass 500 Minenarbeiter die 40 Menschen in der
Mahnwache, die wohlgemerkt teilweise ihre eigenen
Nachbarn waren, angriffen und die Mahnwache selbst
komplett zerstörten. In Ierissos, einem der Widerstandsdörfer,
wurde daraufhin das Bürgermeisterbüro
besetzt und in einer Vollversammlung wurde eine
Demo auf dem Berg für den 25. März angesetzt.

Die Demos

Bei der angesagten Demo nahmen ca. 2.500 Leute
teil: Dorfbewohner_innen, darunter auch alte Menschen
und Kinder. An diesem Tag wurden die Leute
zum ersten mal mit der MAT (die griechische Bereitschaftspolizei)
konfrontiert, die sie am Eingang zum
Berg massiv mit Tränengas attackierte.
In den folgenden Tagen, Wochen und Monaten kam
es immer wieder zu grossen Demonstrationen mit
zwischen 2.000 und 5.000 Teilnehmer_innen und im
Gleichzug auch immer wieder zu stundenlangen Auseinandersetzungen
mit der MAT.

Als einschneidendes Ereignis prägte sich die Demo am
21. Oktober 2012 in die Gedächtnisse ein, bei der
die Polizeigewalt ungeahnte Ausmasse annahm: Die
Teilnehmer_innen auf dem Berg wurden über 7 km
von der Polizei gejagt. Sie wurden geschlagen und mit
Plastikmunition und Tränengas beschossen. 21 Menschen
wurden verhaftet und 14 von ihnen der „Rebellion“
angeklagt.

In der Folgezeit verlagerte sich der Widerstand
immer mehr in Richtung Ierissos, anstatt sich weiter auf
den Berg und auf das nächstliegendste Widerstandsdorf
Megali Panagia zu konzentrieren. Dies ermöglichte
es dem Unternehmen, mit Baumassnahmen für die
Infrastruktur zu beginnen. Tausende Bäume wurden
gefällt, eine breite Strasse entstand dort, wo sich vorher
nur ein schmaler Waldweg befand und zahlreiche
Strassen wurden komplett neu in den Wald geschlagen.
Das Abpumpen des Grundwassers begann, die
Flächen für die Mine und die Abfallbecken wurden
vorbereitet. Komplexe aus Bürokontainern wurden
errichtet und mit dem Bau der Fabrik angefangen.
Zeitgleich wurde auch in der Presse nur noch von dem
Widerstandsdorf Ierissos berichtet, während absichtlich
alle anderen Beteiligten
unerwähnt blieben,
was teilweise zur Spaltung
des Widerstands führte.

Der Brandanschlag

In der Nacht zum 17.
Februar 2013 betraten
laut Polizeiangaben 40-50
Personen das Gelände, auf
dem die Baumassnahmen
von Hellas Gold stattfanden
und überwältigen
vier Sicherheitskräfte.
Fahrzeuge, Maschinen
und Büroräume gingen in
Flammen auf: Die Firma sprach von einem Sachschaden
von 900.000 Euro. Als der Vorfall bekannt wurde,
sanken die Aktienwerte von Eldorado um sechs Prozent.
Direkt am nächsten Tag nach dem Anschlag besuchte
der rechtsgesinnte Minister für Bürgerschutz Nikos
Dendias die Baustelle und versprach, die Täter zu
fassen. Die Antiterroreinheit wurde involviert und der
griechische Ministerpräsident Antonis Samaras liess
verkünden, dass „die ausländischen Investitionen um
jeden Preis geschützt werden“.

Die Repression gegen
die Bewohner_innen der Widerstandsdörfer ging ab
diesem Zeitpunkt auf eine ganz neue Ebene: Tägliche
Hausdurchsuchungen, Festnahmen, Drohungen, Überwachung.
Über 400 Personen wurden gezwungen,
DNA abzugeben und auf ca. 70 Personen regnete es
Klagen: Die Vorwürfe lauteten unter anderem Gründung
einer kriminellen Vereinigung, versuchter Mord
und Besitz von Sprengstoffen.

Im März fielen mehrere Hundertschaften in Ierissos ein,
um Menschen festzunehmen und schossen dabei sogar
Tränengas in eine Schule. Die Bewohner_innen schafften
es jedoch, sich gegen den Angriff zu verteidigen.
Zwei Tage später versammelten sich erneut 10-
20.000 Menschen in Thessaloniki, um gegen die Polizeigewalt
und die Goldmine zu protestieren.

Im April wurden zwei Personen festgenommen und
für sechs Monate ohne wirkliche Beweise in Untersuchungshaft
gesteckt. Bei den Festnahmen brach
die Polizei nachts in die Häuser ein und überwältigte
die Männer im Beisammensein ihrer Familie. Zwei
weitere Personen wurden im Juli in Ierisso festgenommen
und verbrachten drei Monate in U-Haft, ebenfalls
ohne Beweise. Es kam zu stundenlangen Ausschreitungen.
Noch bis in den Juli 2014 hinein wurden Leute für
Aussagen bei der Staatsanwaltschaft vorgeladen. Dabei
wurden häufig Daten für angekündigte Aktionen
und Demonstrationen gewählt. Viele haben Auflagen
bekommen, dass sie sich nicht mehr als 3,5 km dem
Berg nähern und das Land nicht verlassen dürfen. Die
Prozesse stehen noch aus.

Aktueller Stand

Am 5. August letzten
Jahres stimmte
das Griechische
Parlament positiv
über Artikel 36
des neuen Forstgesetzes
sowie eine
Gesetzesänderung
ab, durch welche
öffentliche Wälder
für private
Geschäfte verfügbar
werden.
Dadurch wurden
auch alle bereits
geschehenen und auch alle zukünftigen Bau-Aktivitäten
von Hellas Gold legalisiert. Alle bisherigen
Baumassnahmen waren nämlich ohne Genehmigung
durchgeführt worden. Am Vortag hatten zwölf Frauen
aus Protest gegen die Verabschiedung der Gesetzesänderung
den Eingang zur Mine blockiert, vier von
ihnen hatten sich am Tor festgekettet.

Die starke Repression war auch deutlich auf dem
Camp zu spüren, da die Teilnehmer_innen von einer
Zahl von über 2.000 auf ca. 200 Menschen zusammengeschrumpft
war. Weiterhin befürchten nun viele,
durch die Wahl des neuen, laut Wahlversprechen
Anti-Gold-Bürgermeisters von Ierissos, Yiannis Michos,
weitere Kraft des Widerstandes zu verlieren. Denn
eine Hoffnung darin, dass Politiker_innen das Problem
lösen könnten, wäre nur allzu trügerisch.

Auch die Wahlen, die in Griechenland am 25. Januar
2015 anstehehen und bei denen die Partei Syriza
gute Karten hat, halten die Gemüter zur Zeit noch im
Schach. Sollte Syriza die Wahlen jedoch gewinnen
und – wie zu erwarten – die Wahlversprechen (gegen
den Goldabbau) nicht einhalten, könnte sich dies jedoch
schnell ändern. Und auch wenn die Widerstandsbewegung
gerade schwere Zeiten durchmacht, ist hier
auf Halkidiki noch nichts entschieden.

Mobilisierung

Im Jahr 2015 wird es wieder ein internationales
Camp gegen den Goldabbau geben. Ein genaues Datum
steht noch nicht fest. Voraussichtlich wird es Ende
Juli, Anfang August in Ierissos stattfinden. Haltet Augen
und Ohren offen. Infos wird es auf den Internetseiten
beyondeurope.net und ak2003.gr geben. Wir sehen uns
in Griechenland!

anonymus