Abacha-Gelder Katastrophale Rückgabe ohne Leitplanken
Wirtschaft
Ein von der Schweizer Presse enthülltes Geheimabkommen erhellt die doppelt skandalösen Bedingungen, unter denen der letzte Teil der blockierten Gelder des nigerianischen Ex-Diktators Sani Abacha restituiert wird.


Strassenszene in Lagos, Nigeria. Foto: satanoid (CC BY 2.0 cropped)
Im Oktober 2014 segnete die Genfer Staatsanwaltschaft unter höchster Geheimhaltung die aussergerichtliche Einigung zwischen Nigeria und der Familia Abacha ab. Diese regelt die Rückgabe von einer Milliarde Dollar, die in Liechtenstein, Luxemburg, Jersey, Frankreich und Grossbritannien blockiert gewesen waren. 380 Millionen davon sind von den Genfer Behörden zur Restitution an Nigeria freigegeben worden. Diese Rückführung steht in krassem Widerspruch zur offiziellen Schweizer Praxis, die ironischerweise das Resultat früherer Kapitel der endlosen Abacha-Affäre [1] darstellt. Laut offizieller Verlautbarung der Genfer Staatsanwaltschaft (PDF, 40 KB) wird die Rückgabe von einem Monitoring durch die Weltbank begleitet, deren «Modalitäten aber noch zu bestimmen sind».
Wie immer diese aussehen werden: Entscheidend wäre gewesen, die Verwendung der Gelder im Vorfeld festzulegen. Denn nur durch ein transparentes Vorgehen unter Einbezug der nigerianischen Zivilgesellschaft kann sichergestellt werden, dass sie diesmal wirklich der Bevölkerung zugute kommen. Das Abkommen ist aber auch ein tragischer Triumph der Straflosigkeit. Die Behörden beenden ein lange andauerndes Verfahren, ohne die Verantwortlichen und deren KomplizInnen für diese beispiellose Volksplünderung zur Rechenschaft zu ziehen. Dies ist umso stossender, als auch viele der beteiligten Banken nun nicht wegen Geldwäscherei verurteilt wurden. Ebenso unverständlich ist, dass die beteiligten Schweizer Anwälte 7 Prozent der Summe für ihre Dienste einstreichen könnten. Schliesslich handelt es sich dabei um Geld, das der nigerianischen Bevölkerung zustehen würde.
Die Bereitschaft zur Akzeptanz eines solch katastrophalen Abkommens zeigt einmal mehr die Schwierigkeit der Schweizer Strafverfolgungsbehörden, die Illegalität von Potentatengeldern hieb- und stichfest nachzuweisen. Die Erklärung von Bern fordert deshalb schon lange eine Umkehr der Beweislast, die es den Schweizer Behörden erlauben würde, Potentatengelder aus notorisch korrupten Staaten einzuziehen, sobald ihre legale Herkunft nicht bewiesen werden kann. Bei kriminellen Organisationen ist das heute schon der Fall. Die Schweiz, die sich gerne damit rühmt, Vorreiterin bei der Rückgabe von Potentatengeldern zu sein, hat diese wichtige Lektion aus der Vergangenheit immer noch nicht gelernt.
[1] Die Abacha-Affäre wurde in der vergangenen Dekade zum Wendepunkt im Umgang der Schweiz mit Potentatengeldern. Nachdem 1999 ein Drittel der von Abacha geraubten Gelder – 700 Millionen Dollar – auf Konten bei 19 Schweizer Banken blockiert worden waren, wurde nicht nur klar, dass das Geldwäschereigesetz nicht ausreichte, um Potentatengelder vom Schweizer Finanzplatz fernzuhalten. Ebenso zeigte sich rasch, dass die Schweiz keine wirksame Strategie hatte, um diese Gelder der betrogenen Bevölkerung zurück zu geben. Die Rückgabe von 505 Millionen Dollar erfolgte 2005 ohne klare Vorgaben. Immerhin willigten beide Länder in ein nachträgliches Monitoring durch die Weltbank ein, eine schweizerisch-nigerianische NGO-Koalition führte zudem eine eigene Untersuchung durch. Beide kamen zum selben Schluss: Fast die Hälfte der zurückgeführten Gelder waren Entwicklungsprojekten von zweifelhaftem Nutzen zugeschrieben worden oder ganz einfach irgendwo versickert.
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