UB-Logo Online MagazinUntergrund-Blättle

Die EU plant einen EWF | Untergrund-Blättle

4449

Umgang mit der latenten Finanzkrise Die EU plant einen EWF

Wirtschaft

Die Darstellung des Europäischen Währungsfonds (EWF) als Ergänzung der Bankenunion ist eine Charakterisierung, die es in sich hat.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) spricht sich seit längerem für die Gründung eines Europäischen Währungsfonds (EWF) nach dem Vorbild des IWF aus.
Mehr Artikel
Mehr Artikel

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) spricht sich seit längerem für die Gründung eines Europäischen Währungsfonds (EWF) nach dem Vorbild des IWF aus. Foto: Kuhlmann - MSC (CC BY 3.0 cropped)

4. Dezember 2017
1
0
3 min.
Drucken
Korrektur
„Brüssel wird am 6. Dezmber vorschlagen, den bisherigen Stabilisierungsmechanismus (ESM u.a.) in einen Stabilitätsfonds, die europäische Version des IWF umzuwandeln. Der Vorschlag … schränkt ursprüngliche Pläne ein, denen zufolge Deutschland gewagtere Schritte unterstützt hätte. Mit einer Feuerkraft von einer halben Billion (= 500 Milliarden) Euros (bis zu 20 % erweiterbar) wird der EWF Länder unter der Bedingung von Sparprogrammen retten, wie bisher der ESM, und soll auch als Feuermauer zum Schliessen von Banken tätig werden, was die Bankenunion ergänzt.“ (El País, 28.11.)

Was heisst „Feuermauer zum Schliessen von Banken“? Der Schaden aus einer Bankenrettung soll damit offenbar begrenzt werden, indem die Verbindlichkeiten der abgewickelten Bank aus dem EWF beglichen werden. Der solchermassen geplante EWF wäre ja ganz ordentlich dotiert und man fragt sich, wo dieses Geld herkommen soll? Stellt das die EZB so ohne weiteres zur Verfügung, aus ihrer Stellung als Euro-Macher und Euro-Hüter her? Soll damit ausprobiert werden, was das Finanzkapital, genannt „die Märkte“, der EZB zutrauen? Oder werden noch weitere Garantien aus den einzelnen Mitgliedsstaaten eingefordert? Das könnte schiefgehen, wenn die selber ins Steaucheln geraten – dann wären alle Garantien fragwürdig.

Auch die Darstellung des EWF als Ergänzung der Bankenunion ist eine Charakterisierung, die es in sich hat. Die Bankenunion ist ja nur teilweise und in abgespeckter Form zustande gekommen. Sie ist mehr ein Buchstabe als eine Realität. Mit dem EWF soll sie offenbar gestärkt oder besser gesagt, überhaupt erst realisiert werden. So sind zumindest die Pläne. Die unter Ach und Weh zustandegekommene Bankenunion ist nämlich nur die abgespeckte Version ursprünglicher, ehrgeizigerer Pläne.

Man weiss auch nicht, inwiefern Deutschland mehr „gewagt“ hätte – möglicherweise handelt es sich im das Hineinreden in die Staatshaushalte der solchermassen gestützten Staaten, so wie es in Griechenland praktiziert wird.

Warum sieht es die EU-Spitze für geraten bzw. notwendig an, eine solche Institution wie einen EWF zu schaffen?

1. Weil vom IWF selbst immer mehr Kritik an den Euro-Rettungsprogrammen kommt. Die anderen Mitgliedsstaaten des IWF wollen nicht ständig für die Rettung einer Weltwährung ins Gebet genommen werden. Zwischen der Führung des IWF und der EU und EZB vertiefen sich die Spannungen, weil der IWF bei Griechenland eine Schuldenstreichung fordert, die die EU auf keinen Fall zugestehen will.

2. Weil die EU einen ständig anwachsenden und immer weniger durch Profite oder Steuern beglaubigten Schuldenberg vor sich herschiebt und ständig befürchten muss, dass der eine oder andere Staat oder eine systemwichtige Bank ins Strudeln gerät, was eine neue Eurokrise auslösen könnte. Die seit geraumer Zeit drohende Insolvenz verschiedener italienischer oder spanischer Banken sind da deutliche Zeichen an der Wand gewesen, dass von dieser Seite Unheil droht. Aber auch Deutsche und Commerzbank stehen nicht so sicher auf ihren Füssen, dass da nicht mit Kreditspritzen gerechnet werden müsste.

3. Was den Staatskredit angeht, so präsentiert sich die allgemeine Lage auch nicht gerade stabil. Seit mehr als 3 Jahren werden von der EZB Unsummen in die Kreditierung von Wackelstaaten gepumpt, um ein Wiederaufflammen der Eurokrise zu verhindern. Gleichzeitig stellt das ein Geschäftsangebot an die Banken dar: sie kaufen Staatsanleihen auf und haben eine Abnahmegarantie von der EZB, mit Aufschlag, an dem sie auch etwas verdienen. Auf diese Weise verschafft die EZB den Banken Einkünfte und den Staaten Liquidität und verursacht damit auch niedrige Zinsen auf Staatsanleihen, die sich auf das ganze restliche Zinsniveau in unterschiedlicher Weise auswirken.

Amelie Lanier

Mehr zum Thema...
Das internationale Finanzkapital.
Das Schwanken der GigantenDas internationale Finanzkapital

06.11.2015

- Bis 2008 floss Kredit reichlich und wurde als Wachstumsmotor geschätzt, befördert und gelobt. Und ganz verabschiedet haben sich die Politiker und Ideologen in Medien, Universitäten und Think Tanks von dieser Vorstellung noch immer nicht.

mehr...
Neues von der Schuldenfront.
Handelskrieg und KonfrontationNeues von der Schuldenfront

17.04.2018

- Seit einiger Zeit hören wir, dass es in Europa wieder aufwärts geht: Wachstum stellt sich ein.

mehr...
Der profitable Teil der Espirito Santo Bank firmiert seit dem Zusammenbruch am 4. August 2014 unter dem Namen Novo Banco, sie gilt als
Off topic: Eurokrise revisitedWie geht es eigentlich Portugal?

05.10.2016

- Man erinnere sich: 2011 stand Portugal am Rande der Zahlungsunfähigkeit und wurde mit den Stützungsfonds der EZB und Auflagen der Troika mit Kredit unterfüttert.

mehr...
Griechenland und die deutsche Hegemonie in Europa

19.08.2015 - Seit Ausbruch der Eurokrise befindet sich Griechenland im Zangengriff der Troika aus IWF, EZB und Europäischer Komission. Deutschland ist die treibende Kraft innerhalb der Troika und sorgt dafür, dass die verheerenden Sparauflagen durchgesetzt werden.

Das Gesundheitswesen in Griechenland

28.04.2014 - Die tiefe Krise hat in Griechenland dazu geführt, dass über drei Millionen Menschen keine Krankenversicherung mehr haben. Auf Druck der Troika aus EU, EZB und IWF mussten 36 Milliarden Euro eingespart werden.

Dossier: Griechenland
L-BBE (  - )
Propaganda
International Monetary Fund

Aktueller Termin in Dortmund

Alle im selben...Boot, Container, Club, Zug, Netz, etc.

Alle im selben...Boot, Container, Club, Zug, Netz, etc.

Samstag, 3. Juni 2023 - 11:00 Uhr

Rekorder, Gneisenaustraße 55, 44147 Dortmund

Event in Berlin

Unter dem Motto

Samstag, 3. Juni 2023
- 14:00 -

Kreutzigerstrasse (Friedrichshain)

Kreutzigerstraße

10247 Berlin

Mehr auf UB online...

Blockade der Letzten Generation am 19. Mai 2023.
Vorheriger Artikel

Flut von Anzeigen

Letzte Generation: Razzia für den Untergang

Gespräch mit Ulrike Guérot im Volkshaus Zürich.
Nächster Artikel

Ein Gespräch über die Verengungen des gesellschaftlichen Diskurses

Zürich: Ulrike Guérot zu Gast bei Linksbündig

Untergrund-Blättle