Überwindung von Armut Über verdrängte Probleme und scheinheilige Politik
Politik
Am 17.10.2014 hat in Basel erneut der “Welttag zur Überwindung von Armut” stattgefunden. Wie auch in den beiden letzten Jahren war Occupy Basel vor Ort um den Kampf von Armutsbetroffenen aus dem Elend und aus der Verdrängung aus der Öffentlichkeit zu unterstützen.

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Makelloses Stadtbild - Moderne Geisterstadt in Zürich Nord. Foto: Roland zh (CC BY 3.0)
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Bewegung eine Aktion auf dem Barfüsserplatz durchgeführt. Das Hauptthema war "Occupy
Basel zeigt Haltung" in Anlehnung an die Kampagne der Stadt Basel gegen die
Diskriminierung von AusländerInnen, "Basel zeigt Haltung". Dabei wurde eine grundsätzliche
Unterstützung der Kampagne gezeigt, jedoch auch die Scheinheiligkeit der Exponenten der
Kampagne, wie beispielsweise Regierungsrat Guy Morin (Basel zeigt Haltung - Morin schaut zu,
TagesWoche, 11.09.2014), thematisiert. Die Diskriminierung von Armutsbetroffenen und
Randständigen ist ein Beispiel, welches auch die Scheinheiligkeit der ganzen politischen
Strukturen, welche hinter einer solchen Imagekampagne steckt, aufdeckt.
Durch die weitere Beschäftigung mit der Scheinheiligkeit der heutigen Politik sowie deren
VertreterInnen wollte es der Zufall, dass wir an einem Briefkasten vorbeigekommen sind, welcher
PassantInnen dazu aufforderte, ihre brennenden Fragen einzuwerfen um eine Antwort zu erhalten.
Die Künstlerin Ana Montecucco hatte diesen aufgestellt, da sie nach
mehrwöchigem Aufenthalt in der Schweiz keine Probleme angetroffen hatte und auf diese Art
von den Sorgen der BaslerInnen hören wollte. Wir nutzten diese Gelegenheit um die folgende
Frage zu stellen: “Wie kann die Scheinheiligkeit der Politik beendet werden?”
Vor kurzer Zeit erhielten wir eine künstlerisch sorgfältig ausgearbeitete Antwort zugestellt, welche in einigen Teilen äusserst bedenkenswert ist und gut zur
Problematik der Verdrängung des Armutsproblems aus der Öffentlichkeit und somit zum heutigen
Anlass passt, weshalb wir diese hier kurz besprechen wollen. Darin wird eine Begründung der Scheinheiligkeit in der Politik im Verhalten der Menschen
gesehen, welche Erscheinungen höher bewerten als Taten. Dadurch würden PolitikerInnen einen
starken Anreiz erhalten sich scheinheilig und unehrlich zu verhalten. Am Beispiel der
Armutsproblematik lässt sich dies passend aufzeigen: Wichtig sind ein makelloses Stadtbild, für die
Beruhigung der Bevölkerung sowie für die touristische Präsentation. Herzhafte Taten welche den
betroffenen Menschen helften treten in den Hintergrund, es bleiben schöne Worte und allenfalls
Populismus gegen die wehrlosen Teile der Bevölkerung.
Als weiterer Aspekt wird genannt, dass Menschen dazu neigen die Handlungen von anderen
Menschen stärker zu hinterfragen und zu kritisieren als ihre eigenen. Das Verhalten der “Basel
zeigt Haltung”-Kampagnen-Exponenten ist dafür ein Paradebeispiel. Doch auch für uns von
Occupy Basel liegt darin eine zentrale Frage, welche wir uns wiederholt stellen müssen bei der
Planung und Umsetzung von Aktionen bei welchen es sich oft um verschiedene Formen von Kritik
handelt, aber auch in unserem täglichen Leben. Die Antworten darauf sind schwierig zu finden und
kaum abschliessend zu formulieren.
Zusammengefasst sind oft diese PolitikerInnen erfolgreich, welche die wirklichen Probleme
verdrängen und dafür ihr eigenes Image pflegen, oder die die verschiedene Bevölkerungsteile
gegeneinander aufzubringen versuchen. Für Occupy Basel ist es ein zentrales Anliegen, dass die
Menschen nicht nach unten nach den Schwächeren oder nach links oder rechts treten, sondern dass
wir die wirklichen Ursachen der heutigen Probleme analysieren und gemeinsam zu bekämpfen
versuchen. Dabei kann man leicht zum Schluss kommen, dass unsere Errungenschaften nicht von
unten in Bedrängnis geraten, sondern von oben. Und auch dort existieren zahlreiche und grosse
verdrängte Probleme!
Damit kommen wir zu einem Kernthema unserer Bewegung, der Finanzindustrie. Gerade aktuell
steht ein ehemaliger Top-Manager der UBS in den USA vor Gericht wegen systematischer Beihilfe
zur Steuerhinterziehung (Prozes gegen Raoul Weil in Florida gestartet). Auch dieses Beispiel passt
auf die besprochenen Aspekte: Zur Profit- und Bonisteigerung graben Manager von Banken den
Staaten das existenzielle Steuersubstrat ab (was die Bevölkerung sehr schnell zu spüren kriegt bei
den folgenden Budgetkürzungen). Fliegen diese illegalen Machenschaften auf und kommen auf
den Tisch, ist allerdings nichts mehr von der hohen Verantwortung, welche als Begründung
für die Millionen-Saläre genannt wird, zu sehen. Im Gegenteil, die Schuld wird auf die unteren
Angestellten der Bank abgeschoben. Und kommt es zu einer weiteren Strafzahlung der UBS, wird
diese eben sowenig durch die abkassierenden Top-Manager bezahlt, sondern erneut von den
SteuerzahlerInnen – Banken dürfen Strafzahlungen von den Steuern abziehen!
Auch der Kern des Finanzsystems, die Geldschöpfung, ist ein gutes Beispiel für ein massives
verstecktes Problem mit verheerenden Folgen. Dies verleitete Henry Ford zur Aussage “Würden
die Menschen das Geldsystem verstehen, hätten wir eine Revolution noch vor morgen früh!”. So
wird der grösste Teil der Geldmenge heute nicht mehr von den Nationalbanken durch den Druck
von Noten und Münzen geschaffen, sondern von Privatbanken durch die Vergabe von Krediten.
Neben der Anfälligkeit dieses Systems auf Bank-Runs, Inflation und Unregulierbarkeit der
Geldmenge resultieren daraus bizarre Folgen: Der Staat ist gezwungen bei den Banken Kredite
aufzunehmen, um grundlegende Staatsausgaben wie die Sozialhilfe bezahlen zu können. Die
Banken kassieren dafür hohe Zinsen, in der Schweiz jährlich 5 Milliarden, welche wiederum direkt
bei den bedürftigen Empfängern eingespart werden müssen. Die Vollgeld-Initiative, welche von
Occupy Basel tatkräftig unterstützt wird, korrigiert diese Problematik und gibt die Macht der
Geldschöpfung zurück in die Hand der Nationalbank, weg von den profitorientierten
Privatbanken zu einer demokratisch kontrollierbaren Staatsinstitution.


