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Zürich: Die Geister des Kochareals spuken weiter

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Wir werden nicht ruhen Zürich: Die Geister des Kochareals spuken weiter

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Politik

Ende Juni wurde der Park auf dem ehemaligen Kochareal eingeweiht. Günstige Genossenschaftswohnungen und ein netter Park für Zirkus und Quartier – keine schlechte Sache.

Aktion auf dem ehemaligen Koch-Areal, 27. Juni 2025.
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Aktion auf dem ehemaligen Koch-Areal, 27. Juni 2025.

Datum 22. August 2025
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Es hätte viel schlimmer kommen können: Als das Kochareal 2013 besetzt wurde, gehörte es der mit zig Milliarden staatlich geretteten Grossbank UBS. Auf dem frisch besetzten Gebäude prangte ein Banner mit der Aufschrift «Wir werden nicht ruhen». Der Werbespruch, mit dem die marode UBS Besserung geloben wollte, konnte leicht als Drohung gedeutet werden.

Die Stadt Zürich war im Dilemma: Damals traute sie sich noch nicht, ihr «Merkblatt Hausbesetzungen» zu ignorieren und wollte das besetzte Areal nicht für eine Brache räumen lassen. Gleichzeitig drängte die UBS als einflussreicher Player in der Bankenstadt, auf eine polizeiliche Räumung.

Der Kauf des Areals durch die Stadt Zürich bot schliesslich beiden Seiten die Möglichkeit, das Gesicht zu wahren. Ohne Besetzer*innen gäbe es hier heute also weder einen schönen Koch-Park mit dieser erst während der Besetzung unter Schutz gestellten Halle, noch die sozialverträglichen Wohnungen. Erst durch die Besetzung wurde die UBS an den Verhandlungstisch gezwungen, und so weitere Kommerzbauten verhindert.

Für zehn Jahre entstand auf dem Koch ein unkommerzielles Zentrum selbstbestimmter kultureller und politischer Organisation in Zürich und darüber hinaus. Es war ein Raum, in dem Kultur, Zusammenleben und Gemeinschaft frei von ökonomischer Verwertung gelebt wurden und in dem politischer Widerstand, Gegenkultur und unterschiedlichste Lebensentwürfe aufeinander trafen. Mit der Räumung im Jahr 2023 wurde dieser Ära ein abruptes Ende gesetzt. Es gibt auch heute noch unkommerzielle Freiräume. Diese müssen sich jedoch gegen immer schwierigere Umstände und eine immer repressivere Polizei behaupten.
«Linke» Politiker*innen bekräftigen immer wieder ihre Zustimmung zum angeblich bewährten «Merkblatt Hausbesetzungen», das verhindern soll, dass die Polizei ein besetztes Gebäude räumt, das danach wieder leer steht. Was die Polizei von diesem Merkblatt hält, wurde kürzlich wieder einmal deutlich: Die Liegenschaft an der Buhnstrasse 12 in Seebach, die lange vor dem geplanten Abriss und Neubau leergekündigt wurde, wurde im Mai besetzt. Anfang Juli stürmte ein Grossaufgebot der Polizei ohne jegliche Vorwarnung das Haus, nahm 15 Bewohner*innen für zwei Tage in Haft und deckte sie mit Anzeigen und Aufenthaltsverboten für die Stadt Zürich ein. Nun steht das Gebäude wieder leer.

Es sind dieselbe Stadt und dieselben Politiker*innen, die heute dieses Areal hier einweihen und beklatschen, die auch für die zunehmende Repression und die unsinnigen Räumungen verantwortlich sind.

Die autonomen Geister des Kochareals aber sind nicht verschwunden. Sie lassen sich weder einvernehmen, noch von Feuershow, Rollschuhdisco und anderen netten Gesten und Aneignungen blenden.

Subkultur bleibt Subkultur.

Und Miete bleibt Diebstahl.

Die Wohnungen denen, die drin wohnen!

Auch dieses Projekt hier trägt zur voranschreitenden Gentrifizierung Altstettens bei.

Die Geister aber spuken weiter, durch das Areal und durch diese Stadt und flüstern von Selbstorganisation und von autonomen Räumen. Von einem Leben, in dem nicht das Geld und der Aufenthaltsstatus über die Menschen bestimmt. Sie kämpfen für Orte, an denen wir wohnen und uns kulturell oder politisch betätigen können – ohne Fremdbestimmung durch Profiteure und die Stadt. Die autonomen Geister bleiben zentral und widerständig und lassen sich nicht verdrängen.

Der Kampf um Stadt geht uns alle an: Setzen wir viele Zeichen gegen die Aufwertung und Verdrängung in den Quartieren!

alleswirdbesetzt.ch