Das populistische Spiel Sebastian Kurz: Populistischer Vollholler?

Politik
Die anstehenden Wahlen in Österreich werden sich durchaus als Festspiele des Populismus erweisen. Doch ist mit dieser Formel überhaupt noch etwas zu begreifen?
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Bundesminister Sebastian Kurz in einem Fahrstuhl mit dem georgischen Aussenminister Mikhail Janelidze, Februar 2017. Foto: Dragan Tatic, Bundesministerium für Europa, Integration und Äusseres (CC BY 2.0 cropped)

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Die Sache ist noch schlimmer. Selbst wenn der sozialdemokratische Kanzler Christian Kern Kurzens Forderung als „Produktion von Schlagzeilen“ und als „populistischen Vollholler“ bezeichnete, sollte nicht vergessen werden, dass sich Kanzler und Aussenminister im Ziel einig sind. Der SP-Vorsitzende erlaubt sich nur auf die Schwierigkeiten einer Schliessung hinzuweisen: hohe Kosten, Terrorgefahr, Destabilisierung Nordafrikas. Aber auch Kern befürwortet Asylzentren, also Anhaltelager in Nordafrika. Die Differenz ist nicht gross.
Doch Kurz ist mittlerweile schon einen Schritt weiter, nun möchte er die islamischen Kindergärten (nicht nur die islamistischen!) zusperren als auch unbotmässigen afrikanischen Ländern den Geldhahn zudrehen. Spuren müssen sie schon, wenn nicht, streichen wir ihnen die Entwicklungshilfe. Angesichts der mageren 77 Millionen Euro jährlich, meinte Kern, sei damit niemand zu beeindrucken. Auch das stimmt, aber weiss der Kanzler nun wieder, dass er mit solch einer Aussage diese Zurückhaltung im Grunde gutheisst. Es ist schon interessant wie sich der Diskurs gewandelt hat. Kritisierte man gestern die beschämende Knausrigkeit, so ist es inzwischen obligat geworden, auf Kürzungen zu insistieren ohne dafür ins Teufels Küche zu kommen. Die freiheitlichen Dispositive haben mehr gegriffen als man meint.
Ob Kurzens Pläne realistisch sind oder nicht, ist für den österreichischen Wahlkampf völlig unerheblich, was zählt sind Absicht und Ansage. Und da liegt Kurz im Trend der öffentlichen Meinung. Bei dem zweifellos populistischen Wettbewerb hat sein Gegenspieler Kern schlechte Karten, denn sein Publikum lässt ihm weniger durchgehen als Kurz das seine. Da hat einer Blut geleckt und will das Spiel „Wer ist der bessere Freiheitliche?“ bis zur Wahl im Oktober wohl durchziehen. Die Initiative ist auf seiner Seite. Er beherrscht eine Politik des primitiven aber klaren Kalküls.
Grassieren wird in den nächsten Wochen freilich der gegenseitige Populismus-Vorwurf. Das macht Mode und hat Schule. Exponenten wie Kern und Kurz, Strache und Pilz kommen da einmal unter dem gleichen Label daher, ob sie wollen oder nicht. Das populistische Spiel, das zusehends auch ein Spiel mit dem Populismus wird, wird uns weniger unterhalten als nerven, vor allem aber zusehends verblöden. Nicht nur Staaten und Firmen können zusammenbrechen, auch Begriffe können scheitern. Failed terms ist zwar noch kein geflügelter Begriff, aber das kann schon noch werden. In einer Zeit, wo sämtliche Politik zum Populismus tendiert, ist die ständige Bezichtigung allerdings mehr irreführend als zielführend.
Zuerst erschienen auf streifzuege.org