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Deutsch-französischer Menschenrechtspreis für Angehörige von Verschwundenen Würdigung des Einsatzes gegen gewaltsames Verschwindenlassen in Mexiko

Politik

Die Bewegung für unsere Verschwundenen in Mexiko (Movimiento por Nuestros Desaparecidos en México, MNDM) erhält den deutsch-französischen Menschenrechtspreis Gilberto Bosques.

Ciudad Juárez, Mexiko.
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Ciudad Juárez, Mexiko. Foto: Wiper México (CC BY-SA 3.0 unported - cropped)

25. März 2021
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Die Mitglieder der Deutschen Menschenrechtskoordination Mexiko, darunter Brot für die Welt, begrüssen die Auszeichnung als Anerkennung für die mexikanische Zivilgesellschaft, vor allem für die Familien der Opfer. Ihrem beharrlichen Drängen ist es zu verdanken, dass dieses Verbrechen internationale Aufmerksamkeit gefunden hat und nicht mehr vertuscht werden kann.

„Die Aufklärung des Schicksals der Verschwundenen ist ein wichtiger Beitrag dazu, Frieden und Gerechtigkeit zu schaffen“, sagt Grace Fernández von der Bewegung für unsere Verschwundenen in Mexiko. „Der Preis zeigt, dass die internationale Gemeinschaft die gravierende Problematik in Mexiko anerkennt und die Anstrengungen der Familienangehörigen würdigt.“

Laut offiziellen Angaben gelten in Mexiko etwa 80.000 Personen als verschwunden. Die allermeisten – 98 Prozent – verschwanden nach 2006. In dem Jahr erklärte der damalige Präsident Felipe Calderón den Drogenkartellen den Krieg. Die Identifikation der gefundenen menschlichen Überreste aus etwa 4.000 Massengräbern geht nur langsam voran. Juristische Fortschritte sind vor allem dem Wirken zivilgesellschaftlicher Organisationen wie den diesjährigen Preisträger:innen zu verdanken.

Auf Druck der Zivilgesellschaft verabschiedete der mexikanische Kongress 2017 etwa ein Gesetz gegen das Verschwindenlassen, mit dem eine Nationale Suchkommission geschaffen wurde. Derzeit wird ein „Ausserordentlicher Mechanismus zur forensischen Identifizierung“ gegründet. Dieser soll mit internationaler, auch deutscher, Unterstützung zur Klärung der Identität der Toten beitragen.

„Erst auf Druck der Familienangehörigen hat die mexikanische Regierung dieses Verbrechen in den Blick genommen. Ohne die Bewegung für unsere Verschwundenen in Mexiko wäre dies nicht geschehen“, betont Melanie Bleil von Brot für die Welt. Der seit Ende 2018 amtierende Präsident Andrés Manuel López Obrador ist auf die Angehörigen Verschwundener zugegangen und hat ihnen seine Unterstützung versprochen. Doch bis heute verschwinden täglich im Schnitt zehn Personen in Mexiko. „Angesichts Tausender Verschwundener in Mexiko fordert die Bewegung zurecht internationale Unterstützung bei der Aufklärung dieses Verbrechens“, so Bleil weiter.

Den undotierten Menschenrechtspreis verleihen die Botschaften Deutschlands und Frankreichs seit 2013 an mexikanische Organisationen oder Persönlichkeiten, die sich in dem lateinamerikanischen Land für Menschenrechte, Frieden, Gerechtigkeit und Solidarität einsetzen. Benannt ist der Preis nach dem mexikanischen Diplomaten Gilberto Bosques, der während des Zweiten Weltkriegs tausenden Verfolgten des Nazi- und des spanischen Franco-Regimes den Aufenthalt in Mexiko ermöglichte.

Besondere Erwähnungen erhielten in diesem Jahr zudem der emeritierte Bischof von Saltillo, Monseñor Raúl Vera für sein Lebenswerk und Yésica Sánchez Maya von der Menschenrechtsorganisation Konsortium für parlamentarischen Dialog und soziale Gleichheit Oaxaca (Consorcio para el Diálogo Parlamentario y la Equidad Oaxaca) für ihren Einsatz für Frauenrechte. Die Bewegung für unsere Verschwundenen in Mexiko besteht aus 72 Familienkollektiven und Organisationen, die sie begleiten. Auf eigene Faust suchen vor allem Frauen nach Hinweisen zu ihren Angehörigen. Sie setzen sich für eine effektive Prävention, lückenlose Aufklärung und konsequente Strafverfolgung ein.

pm

Die Preisverleihung findet am Freitag um 21 Uhr (MEZ) statt und wird live über den Facebook-Kanal der Deutschen Botschaft in Mexiko übertragen (www.facebook.com/EmbajadaAlemanaCiudaddeMexico)

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