50 Bürger:innen in 5 Städten in Polizeigewahrsam Wegsperren statt Leben retten?!

Politik

Die Regierung zeigt heute erneut die Absurdität ihres Handelns auf. Anstatt auf dem Weg in eine Klimakatastrophe unser Essen zu retten, sperrt sie lieber die Widerstand leistenden Bürger:innen weg.

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Foto: Blockade der A100 am Spandauer Damm in Berlin am 31. Januar 2022.

6. Februar 2022
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Wir haben unsere Forderungen bereits im November an Herrn Scholz gestellt – eine Handlung blieb aus. Damit zwingt die Regierung uns, nun die Notbremse zu ziehen und den Alltag zu stoppen, denn ihre unzulänglichen Massnahmen führen uns in die Klimahölle.

“Wie will Olaf Scholz glaubwürdig machen, dass seine Regierung ausreichend handlungsfähig ist, wenn sie es nicht einmal schafft, die leichteste aller Forderungen umzusetzen, die jede:r unterstützt; Forderungen, die vom Bürgerrat Klima 2021 erarbeitet wurden, hinter dessen vorgeschlagenen Massnahmen laut Forsa 80% der deutschen Bevölkerung stehen[1]. Der Wegwerfmentalität grosser Supermärkte Einhalt zu gebieten und zu verhindern, dass unseren wertvollen, nahrungsbringenden Böden endgültig das Leben ausgesaugt wird, muss oberste Priorität sein”, sagt Carla Rochel, 19, Psychologie-Studentin aus Heidelberg.

“Wir möchten diese Störung nicht, müssen aber feststellen, dass sie notwendig und verhältnismässig ist, wenn der öffentliche Frieden gewahrt werden soll. Denn der Weg, den wir Richtung Klimakollaps eingeschlagen haben, gefährdet die öffentliche Ordnung und den Bestand der Zivilgesellschaft massiv. Wir erinnern Herrn Olaf Scholz an seine Verantwortung, für öffentliche Sicherheit und Ordnung zu sorgen.” Samuel Koch, Bankkaufmann aus Köln, bevor er heute festgenommen wurde.

“Wenn der überwiegende Teil der Bevölkerung einig ist, dass unsere Forderungen umgesetzt werden sollten und alle möchten, dass die Störungen enden, dann sollte die Bundesregierung den einzig richtigen Weg wählen: umgehend das Essen-Retten-Gesetz zu verabschieden”, Sonja Manderbach, Mutter und Kirchenmusikerin aus Oldenburg.

Wir hoffen, dass die Regierung ihr Gewissen prüft und erkennt, dass uns das Ziel, Unheil von der deutschen Öffentlichkeit fernzuhalten, verbindet. Einschüchterungstaktiken werden nicht greifen. Wir werden weiter Infrastruktur lahmlegen, bis die Regierung ihrer Verantwortung nachkommt.

Festnahmen: 50 Menschen in Gewahrsam

“Ja wir lassen uns wegtragen, wir lassen uns festnehmen, wir setzen uns der Wut der Autofahrer aus, denn das ist kein Vergleich zu der Klima-Hölle, die uns erwartet! Was hat überhaupt noch Bedeutung, wenn unsere Gesellschaft zusammenbricht wegen der Klimakatastrophe, die Dürren, Nahrungsmittelknappheit und Hunger mit sich bringt?” sagt Ernst Hörmann, 72, eh. Maschinenbauingenieur, “Wenn die Massnahme der Regierung ist mich wegzusperren, weil ich darauf aufmerksam mache, dann soll sie das tun. Ich werde alles, gewaltfrei mögliche, tun, um meine 8 Enkelkinder zu schützen”

“Wir möchten heute nicht hier sein! Aber wir dürfen unsere Kinder nicht in diesen tödlichen Schulbus setzen![2] Uns bleiben nur 2 bis 3 Jahre [3], um die todbringende Katastrophe abzuwenden. Jetzt ist die Regierung gefordert", sagt Carla Hinrichs, Jurastudentin aus Bremen und Pressesprecherin.

“Der Klimaexperte Schellnhuber sagt: 'Wir setzen unsere Kinder in einen globalen Schulbus, der mit 98-prozentiger Wahrscheinlichkeit tödlich verunglückt.'[4] Uns bleiben nur wenige Jahre, um zu handeln. Und wir alle sind die letzte Generation, die handeln kann. Der erste Schritt ist, dort zu handeln, wo es am schnellsten geht: Der Grosshandel sollte keine Lebensmittel mehr wegschmeissen" so Carla Hinrichs, Pressesprecherin.

Angesichts des drohenden Klimakollapses sehe sich die Letzte Generation gezwungen, die Aktionen weiter auszuweiten. “Die Regierung muss ihrer Pflicht nachkommen, unser Essen und unser Leben zu schützen. Supermärkte sollten verpflichtet sein, geniessbares Essen weiterzugeben, statt es wegzuwerfen. Der Gesetzestext nach dem Vorbild Frankreichs liegt vor”, so Carla Rochel, 19 Jahre und Studentin aus Heidelberg, die nun den fünften Tag auf der Strasse sitzt.

“Ich wertschätze Lebensmittel; das wurde mir von meinen Eltern vermittelt - die haben sicher den Mangel erlebt. Und heute werfen wir täglich Tonnen um Tonnen einfach weg. Schauen Sie sich das an hier auf der Strasse - alles Lebensmittel aus dem Müll! Das müssen wir ändern. Essen wirft man nicht weg; das weiss doch jedes Kind!” so der 71-jährige Ernst Hörmann, Blockierender und Grossvater von 8 Enkeln.

Schon in der vergangenen Woche war es immer wieder zu massiven Störungen des Verkehr in der Haupftstadt sowie in anderen Städten bundesweit gekommen. Bei diesen kam es zu über 90 Festnahmen, 26 alleine am vergangenen Montag.

Es ist deutlich, dass die Frage vom Klimanotfall und der Lebensmittelverschwendung durch die Aktionen der letzten Generation in die Debatte gekommen ist.

Die Bundesregierung hat einen Plan, bis 2045 klimaneutral zu werden, der offenkundig realitätsfremd ist. Wir überschreiten die angestrebten 1,5 Grad Erhitzung bereits 2030.[5]

“Wo steckt unser Klimakanzler? Olaf, mach deinen Job!”, ruft eine der Blockierenden.

Für den Rest des Tages sind Blockaden in weiteren deutschen Städten geplant; auch kommende Woche sollen die Aktionen weitergehen. Die letzten drei Tage hatten die Aktionen wie angekündigt pausiert, um dem Tod zweier deutschen Polizeibeamt:innen zu gedenken.

Seit der Regierungsbildung hat die letzte Generation an den Kanzler, den Landwirtschaftsminister und alle Parteien geschrieben, aber keine ernsthafte Antwort erhalten. Wir fordern die Regierung auf, sich zu verpflichten, die 19 Massnahmen des Bürgerrat Klima zu einer Agrarwende bis 2030 und als ersten Schritt ein Essen-Retten-Gesetz umzusetzen. Dies sind gesellschaftlich mehrheitlich akzeptierte Schritte, um drohende Hungersnöte zu verhindern und Milliarden von Menschenleben zu retten. “Sobald wir eine aussagekräftige Zusage hören, der wir vertrauen können, werden wir von der Strasse treten”, kündigte die Gruppe an.

pm

Fussnoten:

[1] Forsa-Studie: buergerrat-klima.de/content/pdfs/Ergebnisbericht_B%C3%BCrgerrat%20Klima.pdf#page=3

[2] Zitat von Schellnhuber ist in einer Sendung im ZDF. Hier das Video in einem Tweet von Karl Lauterbach: twitter.com/karl_lauterbach/status/1431915370022150146?lang=en

[3] Sr. David King, eh. Chefberater der britischen Regierung, Feb 2021, “What we do over the next three to four years, I believe, is going to determine the future of humanity” : www.thecitizen.org.au/articles/forget-2050-experts-say-its-2030-or-bust-for-net-zero-emissions#:~:text=%E2%80%9CWe%20have%20to%20move%20rapidly,determine%20the%20future%20of%20humanity

[4] ZItat von Schellnhuber ist in einer Sendung im ZDF. Hier das Video in einem Tweet von Karl Lauterbach: twitter.com/karl_lauterbach/status/1431915370022150146?lang=en

[5] Wir erreichen 1,5 Grad bereits bis 2030. Quelle z.B. Climate Reality Check 2021, Seite 11, Absatz 2: www.climaterealitycheck.net/_files/ugd/148cb0_544aaa3eb24e450ca39c1f9ea5b0f6e7.pdf#page=11