Aufs Dach gestiegen Lüneburg: Rede des OB Mädge von Aktivist*innen unterbrochen

Politik

Heute am 05.07.2020 haben Aktivist*innen von Unfug und Sympahtisant*innen die Rede des Lüneburger Oberbürgermeisters Ulrich Mädge zur Zukunftsstadt 2030 unterbrochen, um aufzuzeigen, dass die Wohnpolitik des Oberbürgermeisters und der SPD keine lebenswerte Zukunft ermöglichen.

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Foto: Aktion während der Rede des Lüneburger Oberbürgermeisters Ulrich Mädge zur Zukunftsstadt 2030, Juli 2020.

6. Juli 2020
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Der Oberbürgermeister wollte zu dem Thema „Wohnraum für Alle“ reden. Diese Farce wird durch die Aktivist*innen stark kritisiert. Während der OB sich nach aussen ein soziales Image gibt, ist er persönlich dafür verantwortlich, dass Wohnraum in der Stadt zerstört wird. Der Oberbürgermeister hat zum 01.07. die Wohnnutzung von Bauwagen auf dem Grundstück von Unfug – unabhängig, frei und gemeinsam Wohnen – untersagt. Dadurch haben 8 Menschen ihr zu Hause verloren, darunter zwei Babys.

Eine Aktivistin entrollte an der Kante der Konzertmuschel im Kurpark ein Banner mit der Aufschrift „Unfug bleibt! – Linke Freiräumer verteidigen!“. Neben der Verschönerung der Bühne seilte sich eine Aktivistin vom Baum ab und hielt ihren eigenen Redebeitrag. Ausserdem spielte sie Musik gegen die Politik des OB Mädge ab und verteilte Flyer an die Besucher*innen.

„Die Wohnraumpolitik des Oberbürgermeister Mädge zielt auf eine Aufwertung der Stadt ab. Wir wollen und können das nicht hinnehmen. Die Stadt gehört nicht den Reichen und Mächtigen, sondern allen Menschen. Dafür werden wir weiter und immer wieder einstehen!“, sagt die Aktivistin Cécile Lecomte.

Die Aktion richtet sich dabei nicht gegen die gesamte Veranstaltung im Kurpark. Es ist sehr sinnvoll, wenn Menschen sich Gedanken über die Stadt der Zukunft machen und ins Gespräch darüber kommen. Es ist nur unverschämt, wenn eine Person wie OB Mädge über Wohnraum für Alle spricht und gleichzeitig aktiv Wohnraum zerstört. Die Aktion wird nach der Rede des Oberbürgermeisters beendet und die restliche Veranstaltung nicht gestört werden.

Rede der Aktivst*innen bei Veranstaltung Zukunftsstadt Lüneburg

Sehr geehrte Damen und Herren

im Nachgang zur heutigen Aktion von Bewohner*innen und Unterstützer*innen des Wohnprojektes Unfugs gegen die Eröffnungsrede von Oberbürgermeister Ulrich Mädge bei der Veranstaltung Zukunftsstadt Lüneburg, veröffentlichen die Aktivist*innen den Redebeitrag, der per Megafon während der Rede vom Oberbürgermeister von einem Baum neben der Bühne aus, gehalten wurde. Darin erläutern sie ihre Beweggründe für die Aktion.Neben dem redebeitrag, entrollten die Aktivistinnen ein Banner an der Dachkante der Bühne.

++++ Redebeitrag +++

Wir, Unterstützer*innen des Wohnprojektes Unfug demonstrieren heute gegen die Rede von Ulrich Mädge auf der Veranstaltung „Zukunftsstadt Lüneburg“. Die Veranstaltung und Debatten im Anschluss an seine Rede wollen wir nicht stören.

Wir begrüssen die Veranstaltung, da Bürgerbeteiligung für die Gestaltung eines zukunftsfähigen Lüneburgs unabdingbar ist und Teil einer funktionierenden Demokratie. Zur funktionierenden Demokratie gehört es seine Meinung kundtun zu dürfen und gehört zu werden. Auch wenn OB Mädge es nicht wahrhaben möchte, er wird unsere Meinung noch etliche Male auf verschiedne Arten zu hören bekommen. Eine Rede von OB Ulrich Mädge zur Eröffnung dieser Veranstaltung ist unserer Meinung nach einfach lächerlich. Wir halten diesen Menschen für verlogen, korrupt, und höchst undemokratisch.

Ein Programmpunkt der heutigen Veranstaltung ist „Wohnen für Alle“. Die aktuelle Wohnpolitik der Stadt ist leider das genaue Gegenteil davon. Auf Mädges betreiben hin wurden die Bewohner*innen des Wohnprojektes Unfug vertrieben. Ein selbstorganisiertes inklusives soziales Wohnkonzept wird zerstört – obwohl, wenn die Politik es wolle, eine Lösung zu finden wäre, wie Beispiele anderer Städte zeigen. Es ist Heuchelei, wenn der OB heute auf dieser Veranstaltung redet.

In Darmstadt wurden Beispielsweise Wagenplätze durch die Verwaltung und den Rat unter Grüne/SPD Mehrheit legalisiert. Duldungen wurden ausgesprochen, Pachtverträge geschlossen, Flächennutzungspläne angepasst und die drohende Räumung so abgewendet.

Unfug ist ausserdem kein Wagenplatz. Die Bauwagen wurden als Zimmer, zu Ergänzung des Wohnraumes im Haus auf dem durch die Bewohner*innen gekauften Grundstück, genutzt. Sie müssen mit dem Wohnhaus mit weiteren Zimmern und gemeinschaftlicher Infrastruktur wie Küche oder Sanitäranlagen zusammen gedacht werden. Darin liegt auch das soziale inklusive Wohnkonzept des Projektes, das nun zerstört wird.

„Wir haben uns bislang selbst organisiert, das Projekt ohne staatlichen Hilfen zum Laufen gebracht. Ich war trotz Schwerbehinderung und Pflegebedarf weder auf einen Pflegedienst angewiesen, noch auf Sozialhilfe. Wenn die Hälfte meiner Mitbewohner*innen auszieht, erhöht sich meine Miete und unser Konzept der selbstorganisierten Pflege geht nicht mehr auf. Ich muss Sozialleitungen, für die die Stadt aufkommen müssen wird, beantragen. Ist das nicht eine verkehrte Politik?“ frage eine Unfug Bewohnerin.

„Die Stadt behauptet, es werde keine Familie obdachlos gemacht. Sie habe Angebote gemacht. Das ist nicht zutreffend. Wir haben lediglich - und dies erst vorgestern, also nach Inkrafttreten der Räumungsverfügung - Post von der Stadt erhalten, mit einer Emailadresse an die man sich bei drohender Obdachlosigkeit wenden kann. Dort werden laut Schreiben Übergangslösungen angeboten. Ich soll also eine sichere kindgerecht ausgebaute Wohnsituation aufgeben, um in die Prekarität mit ungewissem Ausgang zu gehen. Ich will nicht alle paar Monate mit meinem Baby umziehen müssen! Ich brauche eine dauerhafte sichere kindgerechte Lösung. Und die gäbe es beim Wohnprojekt Unfug, wenn die Stadt uns in Ruhe lassen würde.“ Erklärt eine junge Mutter.

Die persönliche Einmischung von OB Mädge gegen das Wohnprojekt Unfug ist aktenkundig. Die Bewohner*innen haben Auszüge aus der Akte, die dies belegen, bereits veröffentlicht. Darum richtet sich der heutige Protest ausdrücklich gegen die Rede von OB Mädge. Es ist nach alldem was in den letzten Monaten passiert ist, reine Heuchelei, wenn der Oberbürgermeister auf einer Veranstaltung mit dem Programmpunkt „Wohnen für alle“ redet.

pm