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Ein Zwischenruf: Krisengewinnler und Verlierer

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Tolle Ideen Ein Zwischenruf: Krisengewinnler und Verlierer

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Politik

Wachsende Sorgen wegen ausbleibendem Wirtschaftswachstum. Eine Katastrophe, die alle aufrüttelt.

Datum 22. November 2025
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Die Medien sind voll von Krisenmeldungen: Die Stahlindustrie ist in der Krise, ebenso die Automobilindustrie und die Chemiebranche. Es gibt eine Energiekrise, neue Belastungen durch US-Zölle oder den Ukrainekrieg und die Bildzeitung vermeldet sogar eine Regierungskrise, was auch andere Blätter – mehr oder weniger grell – aufgreifen. Zu allem Überfluss kommen dann auch noch die von der Regierung bestellten „Wirtschaftsweisen“ und zeigen sich in ihrem aktuellen Gutachten „mit Blick auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung zurückhaltender als die Bundesregierung“.

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Sorgen soll man sich also um die Wirtschaft, die seit Jahren nicht wächst. Schliesslich sind alle von deren Wachstum abhängig, vor allem diejenigen, die nur dann ihren Lebensunterhalt verdienen können, wenn sie für dieses Wachstum beschäftigt werden. Die Regierung hat schon einiges dafür getan, damit der Reichtum derer wächst, die viel Geld haben und es „arbeiten“ lassen, d.h. im Endeffekt zum Einsatz von Dienstkräften einsetzen, die dann die Arbeit fürs Wachstum verrichten. Sie hat deren Steuern gesenkt, will dafür sorgen, dass sie weniger für Strom bezahlen müssen, und gibt viel Geld aus, an dem die Wirtschaft verdienen kann.

Weil die dennoch nicht wächst, wird der Regierung von Kritikern Versagen vorgeworfen. Gefordert werden noch mehr Regelungen zur Mehrung des Reichtums der Reichen. Dafür braucht der Staat natürlich mehr Mittel. In den Blick gerät daher alles, was Kosten verursacht. Thema war zuletzt vor allem das Einkommen derer, die nicht arbeiten, das Bürgergeld. Doch da dort nicht viel zu holen ist, gerät vor allem der Lebensunterhalt derer ins Blickfeld, die den Reichtum produzieren sollen.

Schliesslich entspringt er dem Überschuss, der aus der Leistung derer, die arbeiten, gegenüber dem, was sie kosten, zustande kommt. Also sind sich alle einig, ebenfalls die Arbeitervertretungen in Form von Gewerkschaften und Betriebsräten, dass der Lohn nicht zur Belastung des Wachstums steigen darf, auch wenn die Preise für Lebensmittel, Mieten und Energie in die Höhe schiessen. Entlastung von den Lohnkosten bringen auch Entlassungen, die momentan in grossem Stile getätigt werden.
Gefordert sind ferner Reformen bei den Krankenkosten. Die Krankenkassenzusatzbeiträge sollen steigen, so dass Arbeitgeber von höheren „Lohnnebenkosten“ verschont werden und stattdessen der Lohn der Arbeitnehmer gesenkt wird. Der Aufwand des Staates für die Renten und die Beiträge zur Rentenversicherung gelten als zu hoch, schliesslich bilden letztere einen Teil der Lohnkosten, also gilt es den Lebensstandard im Alter zu senken, auch wenn die Renten schon jetzt bei vielen nicht reichen.

Zudem können Löhne und Gehälter für zusätzliche staatliche Einkünfte sorgen, wie die Erhöhung des Deutschlandtickets oder die CO2-Umlage zeigen. Für Letztere sollte es einen Ausgleich geben, der aber auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wurde und über den daher niemand mehr spricht.

Da dies alles zum Wohle Deutschlands geschieht, wollen das doch alle – oder nicht? Wachstum ist ja sowieso der Höchstwert einer Sozialen Marktwirtschaft, der jetzt auch nach der Devise „Es gibt viele Planeten, aber nur eine Wirtschaft!“ gegen unnötige Eile beim Umweltschutz in Stellung gebracht wird.

Rudolf Netzsch hat dies jüngst gewürdigt – mit Blick auf das aktuelle Gewürge bei Massnahmen zur Eindämmung des Klimawandels: „Denn was ist es, was die Politik daran hindert, sich an den Klimazielen zu orientieren? Genau: die Rücksicht auf die Wirtschaft.“ Und gegen die Katastrophe, dass das Wachstum nur bei 0,9 Prozent liegt, ist die im Anmarsch befindliche Klimakatastrophe doch wirklich eine Quantité négligeable.

Suitbert Cechura