Frage: Laut
TSP wurden die Ermittlungen gegen den Betreiberkeis von
linksunten wieder neu aufgenommen. Steht das im Zusammenhang mit dem
Verfahren gegen Fabian
Kienert von Radio Dreyeckland?
Linksunten und Radio Dreyeckland
Antwort: Das
scheint in einem doppelten Zusammenhang mit dem Verfahren gegen
Kienert zu stehen.
Zum einen
berichtet Radio
Dreyeckland: „Am 12. Juni veröffentlichte das
Oberlandesgericht Stuttgart […] den überraschenden Beschluss
die Anklage [gegen Fabian Kienert] doch zuzulassen. Genau diesen
Beschluss nahm die Karlsruher Staatsanwaltschaft nun zum Anlass,
die erneuten Hausdurchsuchungen zu veranlassen. […]. Die
Hausdurchsuchungen an diesem Mittwoch, den 2. August, fanden nun
explizit mit Verweis auf den Beschluss des Oberlandesgerichts
statt.“ (Hv. hinzugefügt)
Ob dies zutreffend
ist (wahrscheinlich erscheint es mir allerdings), konnte ich noch
nicht überprüfen – ich habe zwar beim Amtsgericht Karlsruhe
anonymisierte Abschriften der Durchsuchungsbeschlüsse
angefordert, aber von dort noch keine Antwort erhalten.
Zum anderen
ist möglich, dass das jetzige Ermittlungsverfahren – je nachdem,
wie es ausgeht – seinerseits Auswirkungen auf das Verfahren gegen
Kienert hat:
- Sollte die
Staatsanwaltschaft die Gerichte überzeugen können, dass der alte
BetreiberInnenkreis weiterhin existiert und sich jedenfalls
durch Hochladen des Archivs betätigt hat, denn wäre ein
Einwand gegen die Anklage gegen Kienert weitgehend hinfällig –
nämlich der Einwand, der BetreiberInnenkreis habe zum Zeitpunkt der
Veröffentlichung von Fabian
Kienerts Artikel nicht mehr existiert und habe daher auch nicht
mehr unterstützt werden können. – Dann könnte dieser Einwand
allenfalls noch in der Form vorgebracht werden, dass der alte
BetreiberInnenkreis zwar in einem einmaligen Akt der
Wiederbetätigung das Archiv hochgeladen habe, aber ca. [1] ½
Jahre später – zum Zeitpunkt der Veröffentlichung von
Kienerts Artikel – trotzdem nicht mehr existierte und folglich
nicht (mehr) unterstützt werden konnte. - Sollte dagegen
die Staatsanwaltschaft nicht beweisen können, dass die jetzt
Beschuldigten bzw. (andere) Mitglieder des alten
BetreiberInnenkreises das Archiv hochgeladen haben (also das
Verfahren eingestellt werden bzw. mit Freisprüchen enden),
dann würde es auch in Fabians Verfahren an der Fortexistenz eines
‚Unterstützungsobjekts' (= weiterhin existierenden Vereins)
fehlen. Die Verteidigung von Fabian sollte daher meines
Erachtens prüfen, ob es sinnvoll und aussichtsreich ist, eine
Aussetzung des Verfahrens gegen Fabian zu beantragen, bis das
neue Ermittlungsverfahren abgeschlossen ist.
denn die jetzigen Beschuldigten überhaupt Mitglieder des alten
BetreiberInnenkreises gewesen sein?
Identischer BetreiberInnenkreis von
alter open
posting-Plattform und jetzigem Archiv?
Antwort:
Radio
Dreyeckland und die Autonome
Antifa Freiburg berichten übereinstimmend, dass die
jetzigen Betroffenen die Personen seien, deren Wohnungen schon 2017
im Zusammenhang mit der Bekanntmachung des linksunten-Verbotes
durchsucht worden waren. Auch die Staatsanwaltschaft Karlsruhe
antwortete auf meine Frage, „Sind die jetzigen
Beschuldigten identisch mit den seinerzeitigen AdressatInnen der
Verbotsverfügung, den KlägerInnen gegen das Verbot und den
Beschuldigten des eingestellten § 129-Verfahrens?“,
Folgendes: „Es handelt sich um ein neu eingeleitetes
Verfahren gegen insgesamt fünf Beschuldigte. Es handelt sich hierbei
um die damaligen Adressaten der Verbotsverfügung.“
Frage: Ist
der Verdacht, dass die 5 Beschuldigten des neuen Verfahrens das
Archiv hochgeladen haben, durch irgendwas untermauert? Antwort:
Diese Frage stellte ich der Staatsanwaltschaft Karlsruhe auch; diese
drückte sich aber um eine Antwort.
Im einzelnen fragte
ich:
„Aufgrund
welcher Umstände gehen Sie davon aus, dass gerade die jetzigen
Beschuldigten verdächtig sind, das Archiv online gestellt zu
haben?
Insbesondere:
a) Ist Ihnen die IP-Adresse bekannt, von der aus der Upload erfolgt?
b) Verfügten Sie vor den Durchsuchungen über Erkenntnisse über ein
– (abgesehen von den rechtlichen Schritten gegen das Verbot
und die seinerzeitgen Durchsuchungen etc.) wie auch immer
geartetes – weiteres Zusammenwirken der Beschuldigten?
aa) Falls ja: Wie wurden diese Erkenntnisse erlangt
(ZeugInnenaussagen, Observationen, TKÜ1
etc.)?
bb) Falls nein: Haben Sie solche Erkenntnisse aufgrund der
Durchsuchungen erlangt? c) Oder beruht
Ihr ‚Verdacht' allein auf der Vermutung (!), dass das Schreiben
des Vorwortes und der Upload des Archivs wohl durch Mitglieder der
alten Vereinigung erfolgt seien, weil Ihnen andere etwaig verdächtige
Personen nicht bekannt sind?“
Darauf erhielt ich
folgende Antwort: „Zu Ihren weiteren Fragen – etwa nach einzelnen
Beweismitteln – können zum gegenwärtigen Zeitpunkt der
andauernden Ermittlungen keine Angaben erfolgen, wofür ich um
Verständnis bitte.“
Frage: Wenn
die alten BetreiberInnen das Archiv hochgeladen haben, würde das als
„organisatorischer Zusammenhalt“ ausreichen?
Wurde der organisatorische Zusammenhalt
aufrechterhalten?
Antwort: Es
muss sich weiterhin um einen „Verein“ im – weiten – Sinne des
§ [2]
Vereinsgesetz der Bundesrepublik handeln – also um irgendeine
Art von Vereinigung – „ohne Rücksicht auf die Rechtsform“ –,
„zu der sich eine Mehrheit [= Mehrzahl] natürlicher oder
juristischer Personen für längere Zeit zu einem gemeinsamen Zweck
freiwillig zusammengeschlossen und einer organisierten
Willensbildung unterworfen hat“.
- Ein einzelnes
früheres Mitglied, das sich – hinsichtlich des Hochladens des
Archivs (sofern es denn überhaupt ein Mitglied des
früheren BetreiberInnenkreises war) – mit anderen früheren
Mitgliedern nicht abgesprochen hat, wäre also kein
(fortbestehender) Verein. - Zwei Leute
wären eine „Mehrheit“, aber es würde – so jedenfalls der
Bundesgerichtshof in anderem Zusammenhang2
– an einer Möglichkeit der ‚Unterwerfung' unter eine
organisierte Willensbildung fehlen: 1:1 Stimmen wären ein Patt und
keine Unterwerfung. - Bei drei
Mitgliedern wäre dagegen eine organisierte Willensbildung mit
‚Unterwerfung' möglich: Zwei Mitglieder könnten das
dritte überstimmen – und letzteres könnte sich fügen. –
Und organisierte Willensbildung mit ‚Unterwerfung' wäre dann
sicherlich auch schon der „organisatorische Zusammenhalt“. - Fraglich ist
aber, ob noch ein Zusammenschluss „für längere Zeit“
bestand – und zwar dann, wenn es so wäre, dass- die
Vereinsmitglieder seit dem Verbot zunächst nichts anderes gemacht
haben, als rechtliche Schritte gegen das Verbot und die damit
verbundenen Durchsuchungen zu ergreifen (dies zu tun, ist legal)
und - dann in einem
einmaligen Akt beschlossen haben, das Archiv wieder
hochzuladen. –
ist dabei, dass das Archiv seit längerer Zeit wieder online ist –
also in irgendeiner Weise sichergestellt worden sein muss, das der
Server für längere Zeit zur Verfügung steht: Sorgt(e) dafür der
alte BetreiberInnenkreis oder sorgen dafür Dritte? Wie werden die
dafür entstehenden Kosten (einmalige Anschaffung eines eigenen
Servers + Kosten für den internet-Anschluss des Servers bzw.
Anmietung fremden Webspaces) aufgebracht? (Da spielt also die vom
Oberlandesgericht Stuttgart angesprochene[3]
Sammlung
von Spenden für das Technikkollektiv Tachanka
eine Rolle. In welchem Zusammenhang stehen also Technikkollektiv und
alter BetreiberInnenkreis?) - die
- Der „gemeinsame
Zweck“ wäre dagegen offensichtlich: nämlich das Archiv zur
Verfügung zu stellen. - Dass ein etwaig
erfolgter Zusammenschluss „freiwillig“ erfolgt ist (und es keine
erzwungenen Mitgliedschaften gibt), ist auch sehr wahrscheinlich.
noch zu beachten: Nach §
85 Absatz 2 1. Alternative StGB
der BRD ist strafbar, sich „als Mitglied“ in Vereinigungen der in
Rede stehenden Art (vgl. Bild zum Artikel) zu betätigen
(Strafrahmen: „Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit
Geldstrafe“); dafür dürfte eine Beteiligung an einer
etwaigen Diskussion und Beschlussfassung des Vereins, ob das
Archiv wiederveröffentlicht werden soll, genügen.
In der
Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe und des LKA
Baden-Württemberg von Mittwoch ist aber von „Aufrechterhaltung
des organisatorischen Zusammenhalts“ die Rede – dies bezieht
sich auf § 85 Absatz 1 (Strafrahmen: „Freiheitsstrafe
bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe“) BRD-StGB. Dort
ist erforderlich, gerade „als Rädelsführer oder Hintermann im
räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes den organisatorischen
Zusammenhalt“ aufrechtzuerhalten. – Das erfordert mehr als eine
Beteiligung an Diskussion und Beschlussfassung. Aber in Bezug auf die
Frage, ob der alte BetreiberInnenkreis („Verein“) weiterhin
existierte und damit für das Verfahren gegen Fabian Kienert
(wonach Du fragtest) Auswirkungen hat, kommt es auf diesen
Unterschied nicht an – der Fortbestand eines unterstützbaren
Objektes („Verein“) wäre in beidem impliziert.
Frage: In dem
Artikel
bei netzpolitik zu den jüngsten Durchsuchungen heisst es: „Dass
hinter Linksunten Indymedia ein Verein stecken soll, bestritten die
Betroffenen immer wieder.“ Es ist angesichts dessen nicht falsch
(opportunistisch), sich auf den – wie Du selbst sagst: weiten –
Vereinsbegriff des Vereinsgesetzes zu beziehen?
Antirepression, Gesetzesreform und/oder
„Revolution“?
Antwort: Klar
– statt sich auf die geltenden Gesetze zu beziehen, kann auch
einfach Revolution gemacht werden. Nur gibt es zur Zeit nicht gerade
lange Schlangen von Leuten, die die erste Reihe beim Barrikadenkampf
übernehmen wollen – und die netzpolitik.org würde ich im
Fall der Fälle allenfalls in der zweiten Reihe oder gar bloss bei
den BürgerInnenkriegs-BerichterstatterInnen vermuten.
Mit anderen Worten:
Es lässt sich bezweifeln, dass der BetreiberInnenkreis von
linksunten tatsächlich vereinsförmig organisiert war. (Das
habe ich ja auch schon mehrfach getan – und zwar insbesondere unter
Hinweis darauf, dass dort – nach Selbstdarstellung des
BetreiberInnenkreises und vom BRD-Innenministerium unbestritten
– nach Konsensprinzip entschieden wurde und mir dies nicht zum
Begriff der ‚Unterwerfung' zu passen scheint.) Aber die
Vereinsförmigkeit zu bestreiten, ohne sich auf die
gesetzlichen Definitionsmerkmale des Vereins-Begriff im
Vereinsgesetz zu beziehen, ist juristisch hohl – also beim
gegebenen gesellschaftlichen und politischen Kräfteverhältnis
fruchtlos.
Es kann sich zwar
(auch) mit braveren Mitteln als dem des Barrikadenkampfes für
andere Gesetze / Gesetzesänderungen eingesetzt werden. Aber
wenn die braveren Mittel Früchte tragen sollen, ist das
Mindeste den geltenden Gesetzesinhalt zur Kenntnis zu nehmen und sich
zu überlegen, inwiefern Änderungen erfolgen sollen, um die
unerwünschten Effekte zu vermeiden. Frage: An
sich war ja das Verfahren gegen den Betreiberkreis schon
abgeschlossen. Kann die Staatsanwaltschaft nun einfach ein neues
Verfahren einleiten?
Antwort: Das
ist kein Problem:
Zum einen
ging es in dem alten Verfahren um §
129 BRD-StGB – also um die Frage, ob der alte
BetreiberInnenkreis ([auch] vor / unabhängig von dem Verbot) eine
Kriminelle Vereinigung war. Jetzt geht es dagegen
(jedenfalls vor allem) um § 85 StGB – also um die Frage, ob ein
vereinsrechtlich verbotener Verein trotz des Verbots
weiterhin existiert.[4]
Beide Arten von Vereinen/Vereinigungen sind zu unterscheiden.
Zum anderen
ist es – sofern keine Verjährungsfristen eingreifen – generell
kein Problem, ein eingestelltes Ermittlungsverfahren bei neuen
Erkenntnissen wiederaufleben zu lassen.
Frage: Worin
besteht der Unterschied zwischen den beiden von Dir gerade genannten
Vereinigungen?
Antwort: Die
mitgliedschaftliche Betätigung in einer sog. Kriminellen
Vereinigung, deren Unterstützung usw. ist auch ohne
vereinsrechtliches Verbot strafbar.
Die Strafbarkeit der
mitgliedschaftlichen Betätigung in vereinsrechtlich verbotenen
Vereinigungen setzt dagegen ein vorheriges Vereinsverbot voraus.
Das vereinsrechtliche Verbot hat insofern Klarstellungs- bzw.
Warnungs-Funktion. Eine solche vorhergehende Warnung wird für
überflüssig gehalten, wenn es sich um Kriminelle Vereinigungen
handelt.
Frage: Aber
auch vereinsrechtliche Vereinsverbote können wegen
Strafgesetz-Widerläufigkeit verfügt werden.[5]
– Wie passt das zusammen?
Antwort: Das passt insofern zusammen bzw. es besteht trotzdem
insofern ein Unterschied, als nicht jede den
Strafgesetzen zuwiderlaufenden Vereinigung auch eine Kriminelle
Vereinigung ist.
Kriminelle
Vereinigungen sind nämlich gemäss der heutigen Fassung des § 129
Absatz 1 Satz 1 Strafgesetzbuch der BRD ausschliesslich solche
Vereinigungen, „deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von
Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmass mit Freiheitsstrafe
von mindestens zwei Jahren bedroht sind“; und in § 129 Absatz
3 BRD-StGB finden sich drei weitere Einschränkungen:
„Absatz 1
ist nicht anzuwenden,
1. wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das
Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt
hat,
2. wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit
von untergeordneter Bedeutung ist oder
3. soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten
nach den §§ 84 bis 87 betreffen.“
(https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__129.html)
Frage: Was
sagst Du dazu, dass in dem Artikel
bei netzpolitik.org betont wird, dass ein statisches Archiv etwas
anderes ist als ein dynamisches Nachrichtenportal, was im Prinzip von
beliebigen Leuten benutzt werden konnte?
Antwort: Ja,
da gibt es in der Tat einen Unterschied. Aber beides kann von den
gleichen Leuten hochgeladen bzw. betrieben worden sein. Ob dem
so ist und sich das beweisen lässt, ist der entscheidende Punkt
für die Frage, ob der alte BetreiberInnenkreis noch existiert und
sich weiterhin betätigt (hat) – von anderen Tätigkeiten des
„Vereins“ ist ja eh nichts bekannt.
Frage: In dem
Artikel
von Christian Rath in der taz heisst es zu dem neuen
Ermittlungsverfahren: „Das Ermittlungsverfahren ist
einigermassen kurios, da das monierte Archiv schon seit April 2020 im
Netz zugänglich ist. Und nachdem das letzte Ermittlungsverfahren
gegen die fünf Personen erst vor einem Jahr ohne
Ergebnis eingestellt wurde, ist unklar, warum die Beweislage nun
zwölf Monate später besser sein soll.“ – Im gleichen Sinne wird
David Werdermann von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) in
dem Artikel
bei netzpolitik.org zitiert: „Nachdem das Oberlandesgericht die
Anklage gegen den RDL-Journalisten doch noch zugelassen hat, ist die
Staatsanwaltschaft anscheinend verzweifelt auf der Suche nach
weiteren Beweismitteln für die Fortexistenz des verbotenen Vereins
[…]. Jedoch wurde schon das Verfahren wegen Bildung einer
kriminellen Vereinigung eingestellt, weil keine Beweise gefunden
wurden. Warum sollte das jetzt anders sein?“
Nun wird auf
rhetorische Fragen zwar keine Antwort erwartet – aber bist Du
trotzdem in der Lage, eine Antwort auf die aufgeworfene Frage geben?
Antwort: Auch
auf die Gefahr hin, mich unbeliebt zu machen, wage ich es, die
zutreffende Antwort auszusprechen: Die Staatsanwaltschaft fand
ja – nach eigener Darstellung – nicht keine
Beweise für die Existenz einer Vereinigung. Die Staatsanwaltschaft
meinte sehr wohl, ausreichende Beweis für die Existenz der
Vereinigung und auch für eine Mitgliedschaft der Beschuldigten
gefunden zu haben. Die Staatsanwaltschaft sah aber ein, dass kein
hinreichender Tatverdacht bestand, dass es sich gerade um eine
Kriminelle Vereinigung handelt[6]
(aber um diese Frage geht es in dem jetzigen Verfahren nicht! –
oder nur als hypothetische Möglichkeit[7]).
Bestand also
jedenfalls bis zum Verbot eine Vereinigung (wenn auch keine
Kriminelle), so ist zumindest möglich, dass sie sich ihrer
Auflösung erfolgreich widersetzte und weiterbestand (und
-besteht). Die alte Einstellung ist also durchaus nicht präjudiziell
in Bezug auf das neue Ermittlungsverfahren.
Frage: Ein
letztes Zitat aus den anderen Artikeln zu den neuen Durchsuchung –
die Autonome Antifa
Freiburg schreibt: „Nun hat der Staat fast genau sechs Jahre
nach den ersten
die zweiten
linksunten-Razzien durchgeführt. Aber dieses Mal kamen sie nicht, um
eine aktive Open Posting-Seite abzuschalten, sondern um die
vermeintlichen ErstellerInnen eines Archivs der Bewegungen zu
verfolgen, das von
den Bewegungen gespiegelt wird – ganz sicher nicht nur von fünf
Menschen. […]. Repression gegen Archive ist nicht nur
verwerflich, sie ist auch ahistorisch. Das linksunten-Archiv
dokumentiert beispielsweise die Anfangsjahre der AfD wie kein
Zweites. Wer den Aufstieg der AfD verstehen will, muss linksunten
lesen.“ Teilst Du das?
Archiv als „historisches Gedächtnis“?
Antwort: Ja, im Prinzip ist das zutreffend; ich hatte ja in
Bezug auf das Verfahren gegen Fabian Kienert auch schon von
einem „Ein Versuch, historisches Gedächtnis zu beseitigen“
gesprochen. Allerdings sollten gewisse Unterschiede beachtet werden:
- In dem
Verfahren gegen Fabian geht es um eine blosse Verlinkung des Archivs
– also eine blosse Quellenangabe bzw. einen blossen
„elektronische[n] Querverweis“ (wie das OLG Stuttgart sagt;
siehe FN 3). - Im neuen
Verfahren geht es weder darum, noch um eine Spiegelung
(wovon in dem Artikel der Autonomen Antifa die Rede ist), sondern um
die neu-bevorwortete (Wieder-)Veröffentlichung des Archivs
angeblich durch den alten BetreiberInnenkreis. - Das heisst: Das
neue Verfahren richtet sich nicht gegen das Archiv als
solches, sondern dagegen, dass der alte BetreiberInnenkreis
(= „Verein“) angeblich weiterexistiert, sich angeblich
weiterhin betätigt und angeblich weiterhin organisatorischen
Zusammenhalt hat: Ein verbotener Verein darf halt gar nichts mehr
– nicht nur keine Archive veröffentlichen, sondern nicht einmal
existieren. Eben das bedeutet „Verbot“. - Was die
Spiegelung des Archives anbelangt, so ist aus dem gegen mich selbst
deswegen geführten Ermittlungsverfahren immer noch keine Anklage
geworden – bis Ende April 2025 hat die Staatsanwaltschaft noch
Zeit; dann läuft die drei-jährige Verjährungsfrist (seitdem
ich im April 2022 über das Ermittlungsverfahren informiert wurde)
ab.
wie verhält es sich mit der Verjährung bei dem neuen
Ermittlungsverfahren?
Antwort:
Uneindeutig – da der (beweisbare) Sachverhalt unklar ist:
- Wurde das
Archiv von anderen als dem alten BetreiberInnenkreis
veröffentlicht, dann handelt es sich m.E. um gar keine
Straftat, sondern um eine Dokumentation – so, wie die
Veröffentlichung des Buches „das info“, der Broschüre „RAF –
BRD“ und der Broschüre „Schwarze Texte“ keine Straftat
darstellen[8]. - Hinzukommt:
Weder §
85 (Verstoss gegen ein Vereinigungsverbot) noch §
86 BRD-StGB (Verbreiten von Propagandamitteln
verfassungswidriger und terroristischer Organisationen) kommt
in Bezug auf die blosse Veröffentlichung des Archives in Betracht.
Denn beide Paragraphen setzen eine bereits „unanfechtbar“
verbotene Vereinigung voraus; „unanfechtbar“ wurde das
linksunten-Verbot aber erst durch das Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 29.01.2020, das Archiv wurde aber
einige Tage vorher veröffentlicht[9].
Es bedürfte also einer späteren Fortexistenz des
„Vereins“ (mit organisatorischem Zusammenhalt /
Betätigung); dafür kommt eventuell die Bezahlung von Webspace für
das Archiv (siehe dazu meine obigen Ausführungen) in Betracht,
sofern denn Archiv und Geld von dem alten BetreiberInnenkreis
herrühren. - Für die Zeit
vor dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts kommt also –
wenn überhaupt – allenfalls §
20 Vereinsgesetz in Betracht; dort beträgt die Höchststrafe
aber ein Jahr. Daraus ergibt sich gemäss §
78 Absatz 3 Nr. 5 BRD-StGB
eine Verjährungsfrist von drei Jahren.
Wenn wir davon
ausgehen, dass das neue Ermittlungsverfahren erst nach dem Beschluss
des OLG Stuttgart vom 12.06.2023 eingeleitet wurde, dann war zu
diesem Zeitpunkt die dreijährige Verjährungsfrist ab
Veröffentlichung des Archivs Mitte Januar 2020 (und auch ab
April 2020 – seitdem wird die alte linksunten-Adresse wieder
genutzt) also schon abgelaufen. - Gehen wir
dagegen davon aus, dass der alte BetreiberInnenkreis auch noch nach
dem 29.01.2020 existierte, organisatorischen Zusammenhalt hatte und
sich betätigte (Beweis?), dann kommen die § 85 und 86 BRD-StGB
prinzipiell in Betracht. Je nach Tatvarianten gelten dort
Höchststrafen von drei bzw. fünf Jahren, woraus sich in
beiden Fällen eine §
78 Absatz 3 Nr. 4 BRD-StGB
eine Verjährungsfrist von fünf Jahren ergibt – die läuft
also in jedem Fall noch.
Interview von uns im ug-blättle ein Zitat von einem Juristen
gebracht, wo Du im nachhinein einen Fehler von uns festgestellt
hattest. Kannst Du das hier richtigstellen?
Antwort: Ja,
es ging um folgendes Zitat von Steinsiek:
„Im Rahmen
von § 86 bedeutet ‚Verbreiten' – im Gegensatz zu den §§
186, 187 […] –
nicht jede Weitergabe oder Mitteilung eines Propagandamittels an
einen anderen, sondern die mit der körperlichen Weitergabe der
Schrift verbundene Tätigkeit, die darauf gerichtet ist, die
Schrift ihrer Substanz nach einem grösseren Personenkreis
zugänglich zu machen, wobei dieser nach Zahl und Individualität so
gross sein muss, dass er für den Täter nicht mehr kontrollierbar
ist.“
In der –
veröffentlichten – Quellenangabe dazu hiess es unter anderem:
„Berlin/Boston, 202313“. Dabei ging zum einen die Hochstellung
der letzten beiden Ziffern verloren (es handelt es sich also um die
13. Auflage des fraglichen StGB-Kommentars). Zum anderen – und
wichtiger – habe ich mich auch bei der vorstehenden Jahreszahl
vertan: Der zitierte Band des Kommentars (es handelt es um einen
umfangreichen Kommentar zum Strafgesetzbuch mit vielen Bänden)
war nicht erst „2023“, sondern schon „2021“ erschienen.
Dies ist nun deshalb
wichtig, weil es Anfang 2021 auch zu einer Gesetzesänderung kam.
Dadurch, dass ich mich mit dem Erscheinungsjahr vertan hatte, hatte
ich auch nicht bemerkt, dass in der Auflage von 2021 die
Gesetzesänderung noch nicht berücksichtigt ist.
Frage: Um was
für eine Gesetzesänderung handelt es sich?
Antwort:
Wichtig sind vor allem eine Änderung in Bezug auf dem Begriff
„Propagandamittel“:
- § 86 Absatz 2
Strafgesetzbuch lautete bis dahin: „Propagandamittel im Sinne des
Absatzes 1 sind nur solche Schriften (§ 11 Abs. 3), deren Inhalt
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Gedanken
der Völkerverständigung gerichtet ist.“
Seit der Änderung
lautete der Absatz (der inzwischen zu Absatz 3 geworden ist):
„Propagandamittel im Sinne des Absatzes 1 ist nur ein solcher
Inhalt (§ 11 Absatz 3), der gegen die freiheitliche demokratische
Grundordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet
ist.“ (Siehe:
https://web.archive.org/web/20230715121422/https://lexetius.de/StGB/86,3.)
- § 11 Absatz 3
Strafgesetzbuch lautete vor der Änderung: „Den Schriften stehen
Ton- und Bildträger, Datenspeicher, Abbildungen und andere
Darstellungen in denjenigen Vorschriften gleich, die auf diesen
Absatz verweisen.“
Seitdem lautet der
Absatz: „Inhalte im Sinne der Vorschriften, die auf diesen Absatz
verweisen, sind solche, die in Schriften, auf Ton- oder Bildträgern,
in Datenspeichern, Abbildungen oder anderen Verkörperungen
enthalten sind oder auch unabhängig von einer Speicherung mittels
Informations- oder Kommunikationstechnik übertragen werden.“
(Siehe:
https://web.archive.org/web/20230713090919/https://lexetius.de/StGB/11,2)
folgt daraus – insbesondere in Bezug auf den Inhalt des
Steinsiek-Zitates?
Verlinkung und Verbreitung im juristischen Sinne
Antwort:
Daraus folgt zunächst einmal, dass „Propagandamittel“ nunmehr
nicht mehr – wie Steinsiek aber zur alten Gesetzeslage noch
zutreffend sagte – notwendigerweise verkörpert (gegenständlich)
sein müssen.
Trotzdem besteht
weiterhin ein Unterschied zwischen § 86 BRD-StGB (Verbreiten von
Propagandamitteln verfassungswidriger und terroristischer
Organisationen) einerseits und §§ 186
(Üble Nachrede) und 187
(Verleumdung) BRD-StGB anderseits, worauf Steinsiek vor allem
abstellte – und es hat sich auch nichts daran geändert, dass es
nur in § 86 StGB um Propagandamittel mit gewissem
Organisationsbezug[10]
geht.
Frage: Worin
besteht der weiterhin bestehende Unterschied zwischen § 86 StGB
einerseits und §§ 186, 187 StGB andererseits?
Antwort: Üble
Nachreden und Verleumdungen können (unverändert) auch durch
mündliche vis-a-vis-Äusserungen verbreitet werden. Speziell
„Propagandamittel“ i.S.v. § 86 StGB und allgemeiner sog.
„Inhalte“ i.S.v. § [11] Absatz 3 StGB können dagegen durch
unverkörperte mündliche Äusserungen nur dadurch verbreitet werden,
dass sie „mittels Informations- oder Kommunikationstechnik
übertragen werden“. (Aus dem alten Schriften-Begriff waren
unverkörperte Inhalte dagegen völlig ausgeschlossen.11)
Frage: Du
hattest in unserem letzteren Gespräch erklärt, dass Verlinkung
keine „Verbreitung“ sei. Im Kontext der Entdeckung der
gerade besprochenen Fehldatierung (und der damit im Zusammenhang
stehenden Gesetzesänderung) kamst Du ins Zweifeln, was das
Verhältnis von Verlinkung und Verbreitung anbelangt. Kannst Du uns
da den neuesten Stand der Dinge darlegen? Soweit ich weiss, hast du
Dich sogar an die Autoren eines weiteren StGB-Kommentars gewandt. Ist
da was bei rausgekommen?
Antwort: Zu
letzterem: Erst einmal nur eine Nachricht aus dem Sommerurlaub, dass
er sich nach seinem Urlaub um unser Problem kümmern wird.
Zu ersterem: Ich
habe die Sache noch nicht abschliessend durchdacht; jedenfalls ist
die Sache (aufgrund der Ersetzung des Schriften- durch den
Inhalts-Begriff und die damit verbundene Aufgabe [oder Relativierung]
des Verkörperungs-Kriteriums) nicht mehr so eindeutig wie sie bis
2021 war. Trotzdem unterscheidet das Gesetz weiterhin zwischen
„verbreiten“ und „zugänglich machen“. Ich tendiere daher
weiterhin dazu zu sagen:
- Leute, die
bestimmte „Inhalte“ ins internet stellen, machen sie zwar
„zugänglich“, aber „verbreiten“ sie nicht (aktiv –
vielmehr müssen Interessierte diese Inhalte erst selbst suchen
bzw. sich ‚holen'). - Verlinken nun
wiederum Dritte irgendwelche im internet vorhandenen Inhalte, so ist
dies erst recht keine Verbreitung, sondern allenfalls Beihilfe zur
Zugänglichmachung (genau genommen vielmehr: eine Beihilfe zum
Finden) – wobei die Beihilfe zur Zugänglichmachung (bzw. zum
Finden) selbstverständlich nur strafbar ist, wenn schon die
Zugänglichmachung (bzw. das Finden) strafbar ist. Aber jedenfalls
das Finden und Lesen ist nicht strafbar.
kann nun freilich seit der Gesetzesänderung von 2021 nicht mehr
damit begründet werden, dass Propagandamittel i.S.d. § 86 StGB per
se körperlich (gegenständlich) sind, sodass auch
deren Verbreitung nur körperlich erfolgen könne (woran es bei
internet-Veröffentlichungen und Link-Setzung fehlt, denn es werden
ja nicht Server-Festplatten weitergeben, sondern unkörperliche Daten
übertragen)[12].
– Aber ich bin mit dem Problem weiterhin beschäftigt und werde
mich dazu bei Gelegenheit noch mal äussern.
Fragen:
Kommen wir noch mal zurück zu den Durchsuchungen am Mittwoch: Dass
diese aktuellen Durchsuchungen aus dem Verfahren gegen Kienert
herausgewachsen sind, dürfte ziemlich offensichtlich sein.
Aber siehst Du darin
auch eine Bestätigung der These von RDL, dass die
Staatsanwaltschaft Karlsruhe eine „antilinke Agenda“[13]
verfolgt?
Oder siehst Du darin
einen ganz „normalen“ juristischen Vorgang, der eben bemüht ist,
der geltenden Rechtslage Geltung zu verschaffen?
Vielleicht ist das
ja gerade das Perfide am bürgerlichen System – falls mir diese
persönliche Bemerkung gestattet ist –, dass das
Systemnotwendige wie der ‚Normalvollzug' erscheint und
dadurch [ideologisch] nicht mehr (für die Masse) offensichtlich ist.
„Antilinke Agenda“ und/oder „konkrete Analyse der konkreten Situation“?
Antwort: Die
These von der „antilinken Agenda“ der Staatsanwaltschaft scheint
mir vom vorliegenden Beispiel gerade nicht bestätigt zu
werden. Denn es kam ja nicht die Staatsanwaltschaft Karlsruhe auf die
Idee, dass die (Wieder-)Veröffentlichung des Archivs auf einen
Fortbestand des alten BetreiberInnenkreises hindeute, sondern sie
wurde erst vom Oberlandesgericht Stuttgart mit der Nase auf diese
Möglichkeit gestossen.
Dies scheint mir
auch der wahre Kern der vorhin besprochenen Frage von David
Werdemann und Christian Rath zu sein, was denn aus dem jetzigen
Verfahren gross anderes herauskommen soll, als aus dem alten
Verfahren gegen dieselben fünf Beschuldigten: Das alte
Verfahren wurde ja eingestellt, als das Archiv längst schon
veröffentlicht war. Ausgehend von der Prämisse der
Staatsanwaltschaft, dass die Beschuldigten zu dem alten
BetreiberInnenkreis gehörten, hätte also schon damals nahegelegen
zu untersuchen, ob, wenn denn schon nicht der Tatbestand des § 129
BRD-StGB (Kriminelle Vereinigung) verwirklicht wurde, nach dem
Verbot zunächst der Tatbestand des § 20 Vereinsgesetz und dann
– ab dem BVerwG-Urteil – der Tatbestand des § 85 StGB
verwirklicht wurde. Dass Staatsanwaltschaft Graulich diese
Möglichkeit übersah und allein auf § 129 StGB fixiert war und die
Verwirklichung dessen Tatbestandes verneinte, scheint mir nun nicht
gerade auf besonderen Verfolgungseifer hinzudeuten.
Zu Deiner zweiten
Frage („Oder siehst du darin einen ganz ‚normalen' juristischen
Vorgang, der eben bemüht ist, der geltenden Rechtslage Geltung
zu verschaffen?“): Zumindest mal die Frage aufzuwerfen, welche
Person(en) das Archiv (wieder-)veröffentlicht haben und darin –
je nachdem, welche Person(en) es waren – eventuell eine
mitgliedschaftliche Betätigung im Rahmen des alten
BetreiberInnenkreises zu sehen, scheint mir in der Tat ein normaler
juristischer Vorgang zu sein. („Eventuell“ wegen der vorhin
angesprochenen Feinheiten: Einzelaktion eines ehemaligen Mitgliedes
[oder gar Aussenstehenden] versus
Entscheidung des eventuell fortbestehenden Kollektivs; einmaliger Akt
versus Fortbestand „auf längere
Zeit“ usw.)
Eine andere Frage
ist allerdings, ob wirklich „zureichende tatsächliche
Anhaltspunkte“ (§ 152 StPO[14])
dafür vorliegenden, dass die jetzt Beschuldigten und von den
Durchsuchungen Betroffenen das Archiv hochgeladen haben. Dazu
lässt sich wenig sagen, da wir die Durchsuchungsbeschlüsse (noch)
nicht kennen.
Und schliesslich zu
Deinem dritten Punkt („das Systemnotwendige“): ‚Das System'
wäre nun nicht gleich ins Schwanken geraten, wenn es das
linksunten-Verbot nicht gegeben hätte, und es würde auch nicht
ins Wanken geraten, wenn das Archiv und dessen Verlinkung
geduldet würden.
Auch stellt sich die
Frage, was ‚das System' ist – Linke stellen sich
darunter in der Regel irgendwie ‚den Kapitalismus'
vor (ohne klare Vorstellungen vom Unterschied zwischen
- kapitalistischer
Produktionsweise
und - räumlich-historisch
konkreten Gesellschaftsformationen
Die bundesrepublikanische – in u.a. Artikel 18 [16]
und 21 Absatz 2 bis 4[17] Grundgesetz
um die „freiheitliche demokratische Grundordnung“ bzw. in Artikel
9 Absatz 2[18]
Grundgesetz (ganz oder weitgehend synonym) um die „verfassungsmässige
Ordnung“ und deren Strafbewehrung[19]
zentrierte – Staatsschutzkonzeption ist aber alles andere als
etwas ‚Allgemein-Kapitalistisches'; siehe dazu:
Friedhelm
Hase,
„Bonn“
und „Weimar“ Bemerkungen zu der Entwicklung vom „okkasionellen“
zum „ideologischen“ Staatsschutz,
in:
Dieter Deiseroth / Friedhelm Hase / Karl-Heinz Ladeur (Hg.),
Ordnungsmacht?
Über das Verhältnis von Legalität, Konsens und Herrschaft,
EVA:
Frankfurt am Main, 1981, 69 - 84
sowie
Hartmut
Geil,
Berufsverbote
und Staatsschutz oder: Wie das Bundesverfassungsgericht das
Grundgesetz mit Leben erfüllt und die freiheitliche Ordnung
aufrichtet,
in:
Das
Argument H. 109, Mai/Juni 1978, 380 - 393.
Auch hier gilt also die ‚postmoderne' Einsicht Lenins, dass nicht die ‚grossen Erzählungen', sondern die „konkrete Analyse ganz bestimmter historischer Situationen“ das „Allerwichtigste“ am Marxismus ist (LW 31, 153 - 155 [153, 154]).



