Gegen den gesellschaftlichen Rechtsruck und Diskriminierung Aktionstag für trans*Gesundheit

Politik

Anlässlich zum Tag für Trans*sichtbarkeit Ende März finden bereits am Freitag (22.03.2024) bundesweit Aktionen und Kundgebungen statt, um auf die schlechte Gesundheitsversorgung für trans und nicht binäre Personen aufmerksam zu machen.

Aktionstag für trans*Gesundheit
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Aktionstag für trans*Gesundheit Foto: Transjustice

21. März 2024
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Die Aktivist*innen verstehen sich als Teil eines unabhängigen Netzwerks für Transgesundheit, das die Stimmen der Betroffenen ins Zentrum rückt.

Trans Menschen sind im Gesundheitswesen und der Bürokratie TÄGLICH Diskriminierung ausgesetzt. Für die geschlechtliche Selbstbestimmung müssen wir gegen den gesellschaftlichen Rechtsruck kämpfen. Rechtspopulist*innen, die AFD, die neu gegründete Partei BSW, die Zeitschrift Emma und der gesellschaftliche konservative Mainstream verbreiten Lügen über uns. Sie schüren Angst vor uns. Sie demonstrieren gegen trans Frauen in Saunas und Kinderlesungen von Dragkünstler*innen. Sie verdrängen uns aus Schwimmbädern, Sportvereinen und öffentlichen Toiletten.

Am schlimmsten trifft es diejenigen von uns, die zusätzlich zu ihrer Geschlechtsidentität auch wegen ihrer Hautfarbe, ihrem Einkommen, ihrer Intergeschlechtlichkeit, ihrer Arbeit, ihrer Sprache, ihren Erkrankungen und/oder ihren be_hinderungen diskriminiert werden. Trans Personen auf der Flucht vor Verfolgung, Krieg, Gewalt oder Armut sind besonderen Belastungen ausgesetzt. Sie kriegen ihre Medikamente nicht, und werden gesundheitlich nicht ordentlich versorgt. Das Personal ist oft nicht geschult, oder schlichtweg ignorant und transfeindlich.

In den USA haben es Konservative in einigen Staaten geschafft trans Personen den Zugang zu Gesundheitsversorgung komplett zu versperren. Trans Personen, insbesondere Kinder und Jugendliche, sind gezwungen aus diesen Staaten zu fliehen. Rechte Parteien in Deutschland übernehmen die Diskussionen der USA. Für rechte Parteien sind diese Hetze gegen Minderheiten Teil ihres Wahlkampfs. Für trans Personen in Deutschland ein Grund über sichere Fluchtländer nachzudenken.

Deswegen lasst uns gemeinsam auf die Strassen ziehen! Lasst uns protestieren, damit die Lage in Deutschland und Weltweit nicht weiter schlechter wird. Wir wollen Falschinformationen entgegen treten. Aufklären. Bilden. Und dafür sorgen, dass ALLE einen selbstbestimmten und gerechten Zugang zu notwendiger medizinischen Versorgung haben. Wir laden alle ein, die sich für die Rechte von trans Personen einsetzen. Egal ob cis, endo, queer oder hetero. Solidarisiert euch mit uns.

Für ein besseres Gesundheitssystem für alle

Viele trans, nicht-binäre, genderqueere und agender Personen erleben Geschlechtsinkongruenz. Das Gefühl, dass die Geschlechtsschublade, die einem bei der Geburt zugeteilt wurde, einfach nicht passt. Einige möchten deswegen medizinische Massnahmen nutzen. Es gibt Massnahmen, die erwiesenermassen helfen können: Hormonbehandlungen, dauerhafte Haarentfernung und geschlechtsangleichende Operationen. Mehrere Studien sagen, dass 99% aller Trans*Personen mit ihrer Entscheidung zu geschlechtsangleichenden Operationen zufrieden sind. Mit anderen Operationen, wie Knie-OPs, ist diese Zahl deutlich niedriger. Aber kein Mensch stellt die Frage nach dem Sinn von Knie Operationen. Oder fordert gar monatelange Therapie, um sicher zu gehen, dass die Knie-OP wirklich gewollt wird.

Wie kommt es also, dass die Medien, die Rechtspopulist*innen und die Konservativen dieser Zeit, jeden Tag UNSERE Entscheidungen hinterfragen wollen. Der Stress und die Diskriminierung, der wir ausgesetzt sind, ist enorm. Wenn keine Behandlung erfolgt, dann erhöht das das Risiko von Depressionen und Drogenabhängigkeit deutlich. In den USA haben bis zu 41% der trans* Jugendlichen mal einen Suizidversuch begangen.

Warum also? Warum legt das Gesundheitssystem uns Steine in den Weg?

Nicht-binären Personen müssen oft ihre Geschlechtsidentität verstecken, um überhaupt medizinisch behandelt zu werden. In den veralteten medizinischen Richtlinien kommen sie schlicht nicht vor und diesen Umstand nutzen Krankenkassen, um Behandlungen nicht bezahlen zu müssen.

Trans Personen müssen für bestimmte Behandlungswünsche noch immer teils monatelange Zwangstherapie aushalten. Sie müssen Fragen über ihre Unterwäsche, ihr Masturbationsverhalten, ihren Pornokonsum und vieles mehr ertragen und irgendwelchen Gutachter*innen oder Psychiater*innen gegenüber Beantworten. Der jahrelang dauernde und bürokratische Papierkrieg, ist eine Belastung für Trans*Personen, die Operationen beantragen wollen. Die medizinischen Dienste lehnen die Hälfte aller Anträge ab. Es ist ein unhaltbarer Zustand, dass trans Menschen durch die Anwendung einer diskriminierenden Richtlinie, die laut zehn medizinischen Fachgesellschaften „weder mit dem aktuellen Fachwissen noch berufsethischen Grundsätzen vereinbar“ ist, leiden muessen.

Aber nicht nur medizinische Massnahmen sind diskriminierend. Viele trans Personen erfahren Diskriminierung im Alltag. Unaufgeklärte Ärzt*innen und medizinisches Personal, auf die wir angewiesen sind, sprechen uns mit den falschen Namen an. Krankenkassen weigern sich ihre Karten zu ändern. Ärzt*innen nehmen unsere Probleme nicht ernst und schieben alles auf unsere Geschlechtsidentität. Wir dürfen uns beim Sport, und im Fitnessstudio nicht umziehen. Wir dürfen uns im Schwimmbad nicht duschen. Wir finden in stationären psychiatrischen Einrichtungen keinen Platz, weil viele dieser Räume binärgeschlechtlich getrennt aufgeteilt sind.

Diese Diskriminierungen sind kein Zufall. Denn unser Gesundheitssystem ist auf Geldsparen ausgelegt anstatt das Wohlergehen der Patient*innen im Blick zu haben. Fehlendes Wissen über trans Personen liegt auch an strukturellen Mängeln in der Ausbildung. Auch Ärzt*innen und Behandler*innen leiden unter Überstunden, Zeitdruck und Geldmangel.

Wir sind solidarisch mit allen, die in diesem Gesundheitssystem diskriminiert werden und unnötigem Leid ausgesetzt sind. Seien es intergeschlechtliche Menschen, die teils seit ihrer Kindheit nicht konsensuelle Operationen über sich ergehen lassen müssen. Alte und arme Menschen, die unter dem Zeitdruck in der Pflege leiden. Oder Menschen, die von der Gesellschaft behindert werden, und dann auch noch mit dem Medizinischen Dienst um die Bezahlung notwendiger Hilfsmittel kämpfen müssen.

Es ist nicht auszuhalten, was sie mit uns machen.
Es ist nicht auszuhalten, dass Menschen wegen beschissener Richtlinien Diskriminierung erfahren.
Es ist nicht auszuhalten, dass Menschen trotz wirksamer medizinischer Mittel leiden müssen.
Es ist nicht auszuhalten, dass sich unser Gesundheitssystem durch rechte Hetze und konservativen Populismus antreiben lässt. Anstatt auf Fachwissen, Forschung und Ethik zu vertrauen, die ihre Stimmen laut machen für uns.
Es ist nicht auszuhalten, dass ein Gesundheitssystem, das uns versorgen sollte, so viele von uns in den Tod führt.

Es reicht uns.

Lasst uns die Stimmen von Betroffenen direkt zu den Verantwortlichen tragen und klar machen, dass es bei ihren Entscheidungen nicht nur um Papierakten, sondern um Menschenleben geht!

Wenn ihr im vorhinein mitmachen wollt, schreibt uns gerne vor dem 22.3. unter trans_justice@riseup.net Texte über eure eigenen Erfahrungen, die wir veröffentlichen oder vorlesen können. Erzähl uns was dich nervt. Was sollte sich ändern? Schickt auch gerne Sprachnachrichten oder Videobeiträge, oder macht einen social-media Post mit dem hashtag #transgesundheit

pm