Sara Menafra - Haftzentrum gestürmt Demontage eines Internierungslager in Bologna

Politik

Hier die Übersetzung eines einen Monat alten Zeitungs-Artikels über die Demontage des Internierungslagers in Bologna als Aktion der "Disobiente" (Ungehorsame), die aus den "tutte biance" hervorgegangen sind.

Riot Police.
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Riot Police. Foto: PD

19. Februar 2002
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Die "Ungehorsamen" dringen in Bologna in die Anlage ein, die gerade erst errichtet worden ist für die irregulären Einwanderer, die abgeschoben werden sollen. Zerstört die "ethnischen Käfige". Die Polizei greift hart zu: vier Verletzte. Beim Protest auch einige Abgeordnete.

SARA MENAFRA - BOLOGNA

Es fehlten nur die Betten. Dann, von Februar an, hätte das "Centri di Permanenza Temporanea" [wörtlich: Zentrum für temporären Aufenthalt] (entspricht den engl. detention centre, Internierungslager) in der via Mattei in Bologna damit beginnen sollen, auf ihre Abschiebung wartende irreguläre Einwanderer aufzunehmen.

Jetzt aber wird der Eröffnungstermin für wenigstens einige Monate verschoben werden müssen. Ja, weil seit gestern Nachmittag in der zwischen der Stadt und dem emilianischen Land hergerichtete Anlage praktisch alles fehlt: die Käfige sind nicht mehr da, die verrammelten Fenster gibt es nicht mehr und noch nicht einmal die Toiletten, die elektrische Installation und die Heizungsanlage.

Die ehemalige Kaserne Chiarini Stück für Stück zu demontieren, dafür hat die Bewegung der Ungehorsamen gesorgt (die neue Gruppierung, die aus der "Werkstatt" Carlini in Genua entstanden ist).

Gestern morgen um 11.30 Uhr ist ein Trupp von 50 Ungehorsamen, unterstützt von einem sit-in von dutzenden anderer Menschen draussen, über die Absperrungen des Haftzentrums geklettert, mit Schraubenziehern, Schraubenschlüsseln und verschiedenen Werkzeugen versehen.

"Von hier gehen wir nicht weg, bevor wir nicht alles abmontiert haben", hat Luca Casarini gleich verkündet, während eine andere Gruppe von Demonstranten sich durch eine Öffnung in der zweiten Umzäunung der Anlage hineindrängte. Und so begannen sich in dem gerade besetzten Raum und draussen, am Strassenrand, Gitter, Bretter, Röhren aus Metall und aus Plastik anzuhäufen, in einem ständigen Hin und Her von "reich' mir das" und "pass auf, das Gitter!", Ohrklappenmützen und Arbeitshandschuhen: "Wir wollen zeigen - erklärt Casarini - dass alle Bürger ungehorsam sein können.

Wir fügen uns nicht einem Gesetz, dass die rassische [so im Text] Ausgrenzung vorsieht Diese Orte funktionieren wie die [Konzentrations-]Lager, du kommst da rein wegen deiner ethnischen Zugehörigkeit und wegen nichts sonst".

Während die Arbeiten vorangehen, haben die Demonstranten Zeit, einen Rundgang zu machen, durch den Raum, der das temporäre Aufenthaltszentrum für die Einwanderer in Bologna werden könnte: zwei Stockwerke mit grossen Sälen, jeder mit einer Wachstube für die Polizei versehen, die Fenster im ersten Stock fast alle zugemauert und die anderen verbarrikadiert. Und um das bonbonrosafarbene Gebäude, das schon mit vielfarbigen Inschriften bedeckt ist, gibt es eine Reihe von Käfigen, deren jeder bei der Eröffnung des Zentrums Gruppen von Menschen beherbergen wird, die eben eingeteilt sind nach ihrer ethnischen Zugehörigkeit. Also ein wirkliches Zuchthaus, schon bereit für das Einwanderungsgesetz Bossi-Fini.

Den Daten der Haushaltskommission des Senats zufolge haben die augenblicklich bestehenden Zentren eine Aufnahmekapazität von etwa 1400 Plätzen. Aber wenn das neue Gesetz ratifiziert sein sollte, werden die festgehaltenen ausländischen Bürger beim Höchststand 36.000 sein.

Übertragen heisst das, nach den Vorhersagen der Kommission, dass es in den nächsten Jahren notwendig sein wird, "Anlagen mit einer Aufnahmekapazität von etwa 3.800 Plätzen vorzubereiten", auch wenn schon im Laufe des Jahres 2002 die zur Verfügung stehenden Plätze insgesamt 1.800 sein werden. "Besonders schwerwiegend ist - sagt die Abgeordnete der Rifondazione comunista, zusammen mit Mauro Bulgarelli und Paolo Centi von den Grünen bei der Aktion anwesend - , dass die Region Emilia Romagna hartnäckig darauf besteht, in dieser Sache keine Position zu beziehen, während auch im Inneren der Ds viele dieses Gesetz nicht gutheissen".

Ein schreienden Widerspruch, um so mehr als der Präsident der Region Vasco Errani, der zu Hause dem Bau von drei Cpt (Zentren für temporären Aufenthalt) zugestimmt hat, am 31. Januar auf dem globalen Forum von Porto Alegre sein wird, wo die Diskussion über die Rechte der Migranten unter den ersten Punkten der Tagesordnung sein wird.

Um zwei Uhr nachmittags sind die Demontagearbeiten im Inneren des Cpt praktisch beendet und die Gruppe von Ungehorsamen akzeptiert, die Anlage unvermummt zu verlassen.

Aber als das Tor sich öffnet und eine Kette von Menschen sich mit erhobenen Händen um die 50 "Arbeiter" schart, verliert die Polizei die Geduld: ein unvermuteter, unmotivierter Angriff, der vier junge Männer mit blutendem Kopf zurücklässt, Schläge auf Rücken und Arme von etwa zwanzig Menschen und 16 Ungehorsame werden daran gehindert, den Hof des Zentrums zu verlassen, darunter auch Luca Casarini, alle identifiziert und mit bevorstehender Anklage.

"Man kann nicht mit dem Knüppel einer Bewegung gewaltfreien Ungehorsams entgegentreten, die unvermummt und mit erhobenen Händen agiert", ist der Kommentar von Paolo Cento von den Grünen. Aber die Bilanz der Ungehorsamen ist doch positiv: "Wir haben gezeigt - sagt Vilma Mazza vom sozialen Zentrum Rivolta von Mestre - , dass man Ungehorsam im Namen des menschlichen Anstandes praktizieren kann".

Manifesto, 26. Januar 2002