Einst konnte der Schlagersänger Richie Bravo (Michael Thomas) Säle und Konzerthallen füllen, doch diese Zeit ist lange vorbei. Sich auf den letzten Spuren seines einstigen Ruhmes ausruhend lebt er im italienischen Rimini, wo er ein kleines Haus gänzlich seiner Erinnerung gewidmet hat und zu dem er immer mal wieder einige seiner Fans einlädt. Darüber hinaus empfängt er ausserhalb der Saison Touristen, gibt ein kleines Konzert für sie und sichert so den im Winter meist geschlossenen Hotels zumindest ein paar Einnahmen, von denen er einen Anteil bekommt. Da dieses Geld aber für seinen ausschweifenden Lebensstil vorne und hinten nicht reicht, bietet er bestimmte Liebesdienste für seine weiblichen Fans an.
Richies Routine wird jedoch durch zwei Ereignisse unterbrochen, denn nach dem Tod seiner Mutter, muss er sich die Pflege seines Vaters (Hans-Michael Rehberg), oder vielmehr die Besuche in dessen Pflegeheim, mit seinem Bruder (Georg Friedrich) teilen. Die Besuche sind ihm nicht nur wegen der ausbleibenden Einnahmen unangenehm, sondern auch wegen der fortschreitenden Demenz seines Vaters, der bisweilen alte Nazi-Lieder schmettert, die sein Sohn versucht, mit seinen Schlagern zu übertönen. Daneben kommt ihn seine Tochter Tessa (Tessa Göttlicher) in Rimini besuchen. Die beiden hatten über 18 Jahre keinen Kontakt mehr miteinander. Doch anstatt eines emotionalen Wiedersehens erwarten Bravo Forderungen nach jenem Geld, was er Tessas Mutter all die Jahre vorenthalten hat sowie Schuldzuweisungen für seine Abwesenheit. Richie sieht sich gezwungen, sich mit diesem Teil seines Lebens auseinanderzusetzen und vielleicht sogar einen Zugang zu seiner Tochter zu finden, die grossen Groll gegen ihn hegt.
Scheitern und Träume
Mit seinem neuen Film Rimini hat Regisseur Ulrich Seidl den ersten Teil seiner als Trilogie angelegten Filmreihe geschaffen, die mit Sparta fortgeführt wird, worin die Geschichte von Richies Bruder, der in Rimini einen kurzen Auftritt hat, erzählt wird. Interessiert habe ihn, erklärt Seidl, diese Figur, die versucht, ihr Leben auf die Reihe zu kriegen, aber immer wieder scheitert und vielleicht sogar schon aufgegeben hat, überhaupt noch etwas zu richten. Rimini erzählt jedoch nicht nur von diesen Versuchen und dem ernüchternden Ausgang, sondern zugleich von den Hoffnungen eines Menschen, die sich ausdrücken in den kitschigen Schlagern, die er nach wie vor seinen noch übrigen Fans vorsingt.In vielen seiner Filme blickt Seidl auf die Menschen, die im Abseits der Gesellschaft stehen oder auf das Unterbewusstsein von Leuten. In Rimini jedoch begegnen wir Richie Bravo, einem Charakter, der eigentlich nicht in dieses Abseits rutschen will, aber aufgrund des Stillstands seiner Karriere sowie der damit verbundenen wirtschaftlichen Lage sich dort wiederfindet.
Die Felljacke, die etwas grellen Outfits oder die ledernen Stiefel zeugen von einer anderen Zeit, sind aber schon etwas abgetragen und nicht mehr ganz in Schuss, was ironischerweise eine interessante Metapher ist für Richie an sich. Allerdings gibt Seidl, wie immer in seinen Filmen, diese Figur nicht dem Spott oder dem Hohn preis, dafür ist allein die Kamera etwas zu weit entfernt vom Geschehen und von den Figuren an sich. Vielmehr gilt es, den Blick des Zuschauers auf diesen Menschen zu schulen, darzulegen, warum er so ist, wie er ist, und warum sich bei ihm der Gegensatz zwischen dem tatsächlichen Scheitern und den Träumen von einem besseren Leben in seiner Musik vereinen.



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