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Pippi ausser Rand und Band

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Pippi ausser Rand und Band Sorglos auf der Walz

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Kultur

Seit längerem sind die vier Spielfilme „Pippi Langstrumpf“ (1968), „Pippi ausser Rand und Band“, „Pippi im Taka-Tuka-Land“ (1970) und „Pippi geht an Bord“ (1973) auch auf DVD bzw. Bluray erhältlich.

Villa Kunterbunt auf Gotland.
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Villa Kunterbunt auf Gotland. Foto: Christian Koehn (CC-BY-SA 2.0 cropped)

Datum 7. November 2025
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Lesezeit4 min.
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Alle Filme wurden von Olle Hellbom inszeniert, in allen spielen Inger Nilsson, Maria Persson und Pär Sundberg die Hauptrollen. Mein persönlicher Lieblingsfilm ist der erste. Der zweite Film, über den ich hier berichte, hat nicht mehr ganz die Kraft und Intensität des ersten Streifens, in dem die mit aussergewöhnlichen Kräften ausgestattete Pippi in die Villa Kunterbunt einzieht und so einiges durcheinander wirbelt – besonders die Welt der Erwachsenen.

Tommy (Pär Sundberg) und Annika (Maria Persson) sind verärgert. Ständig werden sie von ihrer Mutter (Öllegård Wellton) gemassregelt – macht dies nicht und macht das nicht, kommt pünktlich zum Mittagessen und geht zeitig schlafen. Haben Sie das vielleicht verdient? Sie sind doch schliesslich keine kleinen Kinder mehr! Oder? Kurzum beschliessen die beiden, ihr Elternhaus zu verlassen. Und selbstverständlich werden sie nur mit Pippi auf die Walz gehen, um endlich in Ruhe gelassen zu werden. Mama ist zunächst gar nicht begeistert, doch als sie hört, dass Pippi ihre beiden aufsässigen Kinder begleiten wird, willigt sie in die „Flucht“ der beiden ein.

Los geht's auf dem Rücken von Pippis Pferd, versorgt mit ausreichend Proviant – endlich frei! Als allerdings ein Gewitter aufzieht, ergreift das Pferd die Flucht nach Hause und die drei Kinder müssen zu Fuss weiter auf ihrer abenteuerlichen Flucht. In einer Ruine lernen sie Konrad (Hans Alfredson) kennen. Der tingelt ebenfalls durch die Gegend und verkauft einen super tollen Spezialkleber. Pippi testet den Kleber – und tatsächlich kann sie plötzlich an den Wänden und an der Decke laufen. Aber war dafür der Kleber verantwortlich oder Pippis Kraft?
Weiter geht es. Der Hof eines mürrischen, aber dennoch liebevollen Bauers (Walter Richter) bringt neue Abenteuer. Pippi rettet ein kleines Kind vor einem Stier. Und der Bauer schenkt den drei Kindern zur Belohnung ein altes klappriges Auto, das Pippi natürlich wieder zum Fahren – und zum Fliegen bringt. Dann allerdings verlieren Tommy und Annika Pippi, die sich in einem Fass einen Abhang hinunter ins Wasser rollt und hinter einem Wasserfall spurlos verschwindet. Was nun?

Manche halten „Pippi ausser Rand und Band“ für den gelungensten der vier Filme über die Abenteuer der drei Kinder. Astrid Lindgren schrieb eigens das Drehbuch zu diesem Streifen, der keine direkte Adaption des Buches darstellt und zusätzliche Episoden enthält. Geschmackssache natürlich. Nur, die Konstellation der ursprünglichen Pippi-Geschichten zwischen Erwachsenen hier, aufmüpfigen Kindern dort, einer Pippi, die allein lebt, ihre enormen Kräfte benutzt, um die Erwachsenen, wenn es sein muss, in Schach zu halten – diese Konstellation ist in „Pippi ausser Rand und Band“ weitgehend zurückgenommen.

Der Film ist eine Art Road Movie der leichten, beschwingten, sorglosen Art und passt in gewisser Hinsicht in eine Zeit, in der harmlose Pennälerfilme für die etwas älteren Kinder sich die Hand reichten mit Kinderfilmen, die wirkliche Probleme schnell vergessen machen. Die durchweg sommerlich-warme, idyllische ländliche Atmosphäre reduziert Pippi – im Unterschied zu den drei anderen Filmen – zu einer etwas stärkeren und etwas selbständigeren Freundin von Tommy und Annika. Der Konflikt mit der Mutter ist kein wirklich ernsthafter; sie gibt sogar die Erlaubnis zur „Flucht“.

Auch die Abenteuer der drei Kinder plätschern eher wie ein Waldbächlein vor sich hin. Sorglosigkeit und Aufgehobensein sind vielleicht die beiden Vokabeln, die diesen Film am besten kennzeichnen. Das Anarchische, das Chaotische, das Rebellische der Pippi-Figur wird für eineinhalb Stunden fast gänzlich zurückgenommen und verflüchtigt sich in einem für die Kinder aber trotzdem spannenden Abenteuer – für die auf der Leinwand und für die davor.

Für mich, wie gesagt, der Pippi-Film am Ende der 4er-Skala. Für Kinder aber dennoch ein sommerlich-frisches Vergnügen, ein sorgloser Film, der eben auch die eigenen kleinen Nöte für einen Moment vergessen macht. Und das ist schliesslich auch wichtig.

Ulrich Behrens

Pippi ausser Rand und Band

Schweden

1970

-

88 min.

Regie: Olle Hellbom

Drehbuch: Astrid Lindgren

Darsteller: Inger Nilsson, Maria Persson, Pär Sundberg

Produktion: Olle Nordemar

Musik: Christian Bruhn, Georg Riedel

Kamera: Kalle Bergholm

Schnitt: Jan Persson