Ein Abendessen mit dem Teufel Die Gier nach Macht

Kultur

In „Ein Abendessen mit dem Teufel“ diskutieren zwei bedeutende Politiker nach der Niederlage Napoleons darüber, wie es mit Frankreich weitergehen soll.

Regiesseur Edouard Molinaro am Film Festival von Deauville, 2009.
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Regiesseur Edouard Molinaro am Film Festival von Deauville, 2009. Foto: Georges Biard (CC BY-SA 3.0 unported - cropped)

26. Mai 2021
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Die Adaption eines Theaterstücks ist dabei das dialoglastige Porträt zweier Männer, die beide nach der Macht gieren und keine Skrupel zeigen, dabei jeweils aber auf ihre Weise auch tragische Figuren sind, die ihren eigenen Begierden zum Opfer gefallen sind.

Nach der Niederlage Napoleons 1815 ist Frankreich tief gespalten. Während die einen diesen Einschnitt nutzen wollen, um die Monarchie wiedereinzusetzen und alte Privilegien zurückzugewinnen, fordern andere eine Republik. In der aufgeheizten Stimmung treffen sich der ehemalige französische Aussenminister Charles-Maurice de Talleyrand (Claude Rich) sowie Joseph Fouché (Claude Brasseur), ehemaliger Polizeiminister und amtierender Präsident der Übergangsregierung. Bei einem gemeinsamen nächtlichen Essen wollen sie bestimmen, wie es in Zukunft weitergeht. Doch das Gespräch gestaltet sich schwierig, da sie nicht nur unterschiedlichen Lagern angehören, sondern beide zudem unbedingt die eigene Macht festigen wollen … Schummeriger Hinterzimmerstreit

Die meisten dürften den Namen Edouard Molinaro vor allem mit Komödien in Verbindung bringen. So ist der bekannteste Film des französischen Regisseurs die Travestiekomödie Ein Käfig voller Narren. Ausserdem drehte er mehrfach mit der Blödellegende Louis de Funès, auch mit dem Chansonnier Jacques Brel und Christopher Lee arbeitete er an humorvollen Werken. In den späteren Jahren seiner immerhin fünf Jahrzehnte andauernden Karriere inszenierte der 2013 gestorbene Filmemacher aber auch diverse dramatische Stoffe. Einer davon ist Ein Abendessen mit dem Teufel aus dem Jahr 1992. Denn auch wenn es darin zuweilen etwas grotesk wird, der Inhalt ist insgesamt sehr ernst.

Zu sehen ist von der Ernsthaftigkeit der Lage jedoch vergleichsweise wenig. Dann und wann werfen wir zwar mit den Protagonisten einen Blick nach draussen, wo sich Männer und Frauen mit Fackeln bereit machen, den Adel zu stürzen. Doch die stehen nur stumm und regungslos da. Die mehrfach heraufbeschworene Atmosphäre eines heftigen Unwetters mündet nie in wirklichen Taten. Stattdessen besteht Ein Abendessen mit dem Teufel nahezu vollständig aus Aufnahmen in dem schummerigen Esszimmer, in denen die beiden diskutieren. Dass dem Film ein Theaterstück zugrunde liegt, genauer das 1989 veröffentlichte Le Souper von Jean-Claude Brisville, merkt man ihm dann auch zu jeder Zeit an. Die Geschichte wird allein durch Dialoge getragen.

Die Gier nach Macht

Anders als man bei dem Thema erwarten könnte, geht es in diesen Gesprächen aber weniger um das für und wieder einer Monarchie. Zwar tritt de Talleyrand als Teil des Adels für diese ein. Letztendlich tut er dies jedoch allein aus Eigeninteresse. Er ist der typische Machtmensch, verschlagen und intrigant, immer nur am eigenen Vorteil arbeitend. Das tut Fouché prinzipiell auch. Der träumt jedoch davon, sein ausgedehntes Spionagesystem wiederzubeleben und geniesst die Vorzüge, die ihm seine Position als Präsident der Übergangsregierung gewährt. Zwar haben beide eigene Vorstellungen davon, wie Frankreich in Zukunft aussehen könnte. Letztendlich geht es in Ein Abendessen mit dem Teufel aber nur darum, wer wie an die Spitze kommen und mitentscheiden könnte.

Sympathieträger sind beide daher nicht. Faszinierend aber schon. Es fesselt, wie die beiden sich gegenseitig belauern, zuweilen auch offen bedrohen. In ihrem Willen zur Macht stehen sie sich in nichts nach, ebenso wenig in Bezug auf ihre Skrupellosigkeit. Auch wenn der Abend grundsätzlich friedlich verläuft, handelt es sich doch unverkennbar um ein Duell. Das ist durchaus spannend, wenn der Wechsel aus Annäherung und Intrige immer wieder unvorhergesehene Wendungen nimmt. Mal dominiert in Ein Abendessen mit dem Teufel der eine, mal der andere. Auch wenn streng genommen nichts geschieht, siegt doch die Neugierde, wie es mit den beiden weitergeht und wie sie die Zukunft Frankreichs entscheiden werden.

Zwischen Grösse und Tragik

Das ist gerade auch für das Zwischenspiel der beiden Hauptdarsteller sehenswert. Claude Brasseur (Frühstück bei Monsieur Henri) und Claude Rich (Die Braut trug schwarz) mimen zwei vornehme Herren mit moralischen Abgründen, die selbst dann doch lächeln, wenn sie einem den Dolch in den Rücken stossen. Gleichzeitig haben sie etwas Zerbrechliches, sind gezeichnet von ihren Erfahrungen, von den Jahren, von Krankheit. Das ist durchaus mit einer gewissen Tragik verbunden. So abscheulich die beiden sind, so wenig man sich entscheiden möchte, wer denn nun am Ende gewinnt, sie sind doch beide auf ihre Weise Verlierer. Opfer ihrer eigenen Begierden und Wünsche, die es letztendlich verhindern, dass sie bei all der Macht, die sie haben, ihr Glück finden.

Oliver Armknecht
film-rezensionen.de

Ein Abendessen mit dem Teufel

Frankreich

1992

-

90 min.

Regie: Edouard Molinaro

Drehbuch: Edouard Molinaro, Yves Rousset-Rouard, Jean-Claude Brisville

Darsteller: Claude Brasseur, Claude Rich

Musik: Vladimir Cosma

Kamera: Michael Epp

Schnitt: Annick Rousset-Rouard

Dieser Artikel steht unter einer Creative Commons (CC BY-NC-SA 4.0) Lizenz.