Die drei Tage des Condor Spannend, aber abstruse Geschichte

Kultur
Eine Agentenstory von Sydney Pollack mit Robert Redford und Faye Dunaway – das kann man sich eigentlich nicht entgehen lassen, da das Suspense auf höchstem Niveau verspricht.


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Robert Redford bei einem Interview im September 2014. Foto: Wikifilmworldwide (CC-BY-SA 4.0 cropped)

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Turner flüchtet. Da er nirgends mehr sicher zu sein scheint, verfällt er auf die spontane Idee, eine Passantin zu kidnappen, um in deren Wohnung Unterschlupf zu finden. Kathy Hale (Faye Dunaway) ist selbstverständlich von ihrer Entführung überhaupt nicht begeistert. Sie glaubt Turners Geschichte nicht so recht. Um Barbers Frau, die von dem Tod ihres Mannes noch keine Ahnung hat, zu schützen, schleicht sich Turner in deren Wohnung. Als er sie verlässt, wird er von Joubert (Max von Sydow) beobachtet, einem Auftragskiller, der für die Morde verantwortlich ist. Turner riecht den Braten und kann entkommen. Joubert allerdings erkennt das Kennzeichen des Autos von Kathy.
Turner sieht nur noch eine Möglichkeit: Er beschliesst, Higgins zu entführen. Da er und Kathy sich inzwischen ineinander verliebt haben, hilft sie Turner dabei. Higgins allerdings behauptet, keine Ahnung zu haben ...
Die Geschichte, die Pollack erzählt, beginnt durchaus spannend und verspricht es zu bleiben. Redford war eine gute Wahl für den Mann, der von einer Minute auf die andere in eine Situation gerät, die ihm völlig unverständlich und undurchsichtig erscheint. Er weiss nicht, gegen wen er eigentlich vorgehen muss, um sein Leben ausser Gefahr bringen zu können. Er kann niemandem mehr trauen. Alle seine bisherigen Vertrauenspersonen, einschliesslich Barber, sind tot. Turner ist sozusagen vogelfrei und das innerhalb der Organisation, für die er arbeitet und in der offensichtlich Leute ein dunkles Spiel treiben. Ein bisschen erinnert dies an die Situation von Cary Grant als Roger Thornhill in „Der unsichtbare Dritte“ (1959) von Hitchcock.
Was Pollack dann allerdings aus dieser soliden Ausgangsgeschichte zaubert, ist stellenweise wenig überzeugend. Bis zum Kidnapping von Faye Dunaway ist die Welt noch in Ordnung, dann zerbröselt die Geschichte. Zuerst einmal verliebt sich die Entführte in den Entführer (und umgekehrt), so plötzlich und unvermittelt und noch unglaubwürdiger werdend durch die schwache Rolle, die Faye Dunaway zugemutet wurde, dass man nur den Kopf schütteln kann. Zu offenbar wird, dass sich beide ineinander verlieben müssen, um die Geschichte voranzutreiben, sprich die Entführung von Higgins zu ermöglichen. Hinzu kommt das Wechselbad in der Rolle von Max von Sydow. Erst hat man den Eindruck, er sei CIA-Agent, dann behauptet er, er sei Auftragskiller, der mal für den und mal für jenen mordet. Auch das sieht ein bisschen zu sehr nach gewollter Konstruktion aus, um die Handlung in Schwung zu bringen und Turner am Leben zu lassen.
Die Auflösung der Geschichte – irgendwelche Planspiele in bezug auf den Nahen Osten, die von einigen zu blutigem Ernst gemacht werden (sollen) oder etwas ähnliches – ist zudem nicht sehr realistisch, allzu simpel gestrickt. „Three Days of the Condor“ entstand in der Nach-Watergate-Ära, als eine Reihe von Filmen das Misstrauen der Bevölkerung gegenüber den Behörden, insbesondere Sicherheitsbehörden, aufgriffen. Lediglich in dieser Hinsicht vermag Pollack über fast die ganze Länge des Films eine Atmosphäre zu erzeugen, die von permanenter Bedrohung, Isoliertheit, Schutzlosigkeit, Misstrauen gekennzeichnet ist.
Robert Redford war eine exzellente Wahl für die Rolle des Mannes, der in eine solche Situation, sozusagen auf verlorenen Posten, gerät. Faye Dunaway ringt der schwachen Figur, die ihr das Drehbuch aufdrängt, so viel ab, wie es geht. Max von Sydow überzeugt – trotz der schlecht durchdachten Person des Joubert – in der Rolle eines vornehmen Profi-Killers mit Gentleman-Ethos. Auch Cliff Robertson tut sein bestes als kaltherziger, zynischer CIA-Chef. Diese Figur war mir allerdings zu wenig durchdacht. Allen Personen fehlt es an Fleisch und Blut, Seele und Geist.
Es bleibt ein zwiespältiger Eindruck. Der Film ist spannend, aber inhaltlich oft abstrus. Die Ausgangssituation ist realistisch, die darauf aufbauende Geschichte doch eher unglaubwürdig. Der erste Teil des Films macht Lust auf mehr, die im zweiten Teil und insbesondere durch das Ende nicht befriedigt werden kann.
Die drei Tage des Condor
USA
1975
-113 min.
Regie: Sydney Pollack
Drehbuch: Lorenzo Semple Jr., David Rayfiel
Darsteller: Robert Redford, Faye Dunaway, Cliff Robertson
Produktion: Stanley Schneider
Musik: Dave Grusin
Kamera: Owen Roizman
Schnitt: Don Guidice, Fredric Steinkamp