Ein fleissiger Trommler
Wenige Romane haben einen vergleichbaren Platz in der deutschen Literatur wie Günther Grass’ 1959 erschienener Roman Die Blechtrommel. Nicht zuletzt wegen der Verfilmung des Werkes durch Volker Schlöndorff, die ein Jahr nach ihrer Veröffentlichung den Oscar für den Besten fremdsprachigen Film gewann, erfreuen sich Roman wie auch der Film grosser Bekanntheit. Doch diese Auszeichnungen sind nur ein Teil dessen, was die Geschichte um den aufbegehrenden Oskar Matzerath auszeichnet, denn auch in der heutigen Zeit sorgt diese Zeit- und Schelmengeschichte für gute Unterhaltung und zeichnet darüber hinaus ein sehr kontroverses Bild über die sehr deutsche Eigenschaft des Befehlens, des Gehorchens und des Verrats an eigenen Idealen.Innerhalb des Romans sowie des Films kommt der Erzählung die Figur der Schelms zugute. Oskar, aus dessen Perspektive die Geschichte erzählt wird, kommentiert und bewertet mit der teils beissenden Ironie eines gesellschaftlichen Aussenseiters, einer Position, die er für sich selbst aus Protest gewählt hat. In der Darstellung David Bennents zeigt sich dieser tief sitzende Trost, gepaart mit einer gehörigen Prise Abscheu, die sich in dem mal drohenden, mal protestierend-lauten Schlagen auf die Blechtrommel entlädt.
Viel lieber hat Oskar die Welt des Zirkus und des Andersartigen. Es ist bezeichnend, dass die einzigen ungezwungenen Unterhaltungen mit solchen Menschen stattfinden, die wie Oskar kleinwüchsig sind und dies keinesfalls, so wie er, als eine Behinderung betrachten. „Unsereins darf nie zum Zuschauer werden“ ist die Devise, die Oskar mit auf den Weg bekommt und die seinem Protest eine andere Dimension geben. Das Trommeln wird zur eine Karikatur der brav Marschierenden, der Mitläufer und der ewigen Jasager, die begeistert die Hand zum Hitlergruss strecken. Unvergessen bleiben daher Szenen wie diese, in der Oskar durch unentwegten Einsatz seiner Trommel den martialischen Heimatgesang eines Orchesters kurzerhand zu einer Version von „An der schönen Donau“ verändert.
Das Groteske und das Körperliche
Das von Volker Schlöndorff mitgeschriebene Skript entfernt sich an einigen Stellen vom Roman, aber zu keiner Zeit von dieser Atmosphäre des Grotesken. Von der Bildsprache an Werke wie Luchino Viscontis Die Verdammten erinnernd, bedient sich Schlöndorffs Film an vielen Stellen der NS-Symbolik und die Darstellung der NS-Grössen in den Medien wie auch den Medien. Gerade in Szenen wie der bereits erwähnten Kundgebung einer Nazi-Grösse in Danzig oder der Ankunft des Führers in der Stadt betont die Bildsprache Igor Luthers jene bis ins Groteske überzeichnete Begeisterung für das Völkische, eine Tendenz von der sich Oskar teils mitreissen lässt, teils diese aber aus der Sicht des Schelms mit einem gewissen Sarkasmus betrachtet.Deutschland
1979
-156 min.
Regie: Volker Schlöndorff
Drehbuch: Volker Schlöndorff, Jean-Claude Carrière, Franz Seitz junior
Darsteller: Mario Adorf, Angela Winkler, David Bennent
Produktion: Anatole Dauman Franz Seitz junior
Musik: Maurice Jarre
Kamera: Igor Luther
Schnitt: Suzanne Baron