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9 Tage wach

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9 Tage wach Amoklauf in „Tschechows Möwe“

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Kultur

Die Autobiographie des deutschen Schauspielers Eric Stehfest wird zu einem interessanten Film im Film, einer rasanten mise en abyme, denn der Teufel liegt im Detail und Tschechows Möwe, das Theaterstück, im Herzen des Films, der authentisch die Misere eines Drogenschicksals schildert.

Eric Stehfest, 9 Tage wach - Der Sprachtrip, Concertbüro Franken, September 2019.
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Eric Stehfest, 9 Tage wach - Der Sprachtrip, Concertbüro Franken, September 2019. Foto: Stefan Brending / Creative Commons (CC BY-SA 3.0 cropped)

Datum 1. August 2020
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Lesezeit3 min.
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Eric Stehfest (Jannik Schümann) geht gerne und oft in seinem Lieblingsclub tanzen. Immer dabei: die Droge Crystal Meth, mit der er die lauernde Leere und eine allgegenwärtige Angst vergessen kann. Immer wieder gerät er auf diese Weise in Schwierigkeiten. Erst als er Anja (Peri Baumeister) kennenlernt und mit ihr nach Berlin geht, um seinem Traum von der Schauspielerei zu folgen, scheint er seine Sucht in den Griff zu bekommen. Doch dieses Glück ist nur von kurzer Dauer, bald schon wird er rückfällig und es droht ihm der endgültige Absturz. Und nur er allein kann diesen noch verhindern …

Der Film zur Modedroge Crystal Meth. Die auf der Autobiographie des GZSZ-Schauspielers Eric Stehfest beruhende Verfilmung zeigt, was diese Droge aus einem Menschen macht. Der Film könnte ohne weiteres auch als das „deutsche“ Trainspotting bezeichnet werden, nur dass es dabei nicht um Heroin, sondern eben um Crystal Meth geht.

Amoklauf in „Tschechows Möwe“

Eigentlich ist es sein bester Freund, der ihm zeigt, dass Anja auf einer Dating-Plattform mit anderen Männern flirtet. Der Film lässt allerdings offen, ob sie es nun wirklich tut oder nicht. Worum es eigentlich geht, ist, dass die Droge Eric so paranoid macht, dass er nicht mehr bereit ist, mit Anja über alles zu sprechen. In einer Art Amoklauf – 9 Tage auf Crystal Meth – versucht Eric, sich an Anja dafür zu rächen, was sie ihm vermeintlich angetan hat.

In diesen Zeitraum fällt aber auch die erste öffentliche Aufführung seines Theaterstücks, in der er die Hauptrolle, Konstantin Gavrilovič Treplev, spielt. Nicht nur seine Mutter Liane (Heike Makatsch) schämt sich dann allerdings für seine Darbietung zu Tode. Aber natürlich steht sie weiter zu ihm. Der angesprochene Treplev ist übrigens ebenfalls Sohn einer Schauspielerin und möchte Schriftsteller werden. Aber an Eric nörgelt nicht seine Mutter, sondern sein Stiefvater herum.

Beziehungskiller Droge(n)

Es ist schon schwierig, einen Anti-Drogen-Film zu machen, der dann nicht in (unfreiwillige) Werbung ausartet, denn die visuelle Umsetzung allein macht zumeist ebenso süchtig. Deswegen ist es so wichtig, dass 9 Tage wach auch den Entzug zeigt, das Erbrochene und den Wahnsinn. Vor allem aber, dass Drogen soziale Beziehungen zerstören, die doch so viel wichtiger für das Leben sind als alles andere. Über zehn Jahre lang war der richtige Eric Stehfest süchtig nach Crystal Meth und lebte ein Leben am Rande des Nervenzusammenbruchs. Hier kommt nun seine Autobiographie als Film.

Jürgen Weber
film-rezensionen.de

9 Tage wach

Deutschland

2020

-

104 min.

Regie: Damian John Harper

Drehbuch: Fabian Wiemker, Damian John Harper, Eric Stehfest

Darsteller: Jannik Schümann, Heike Makatsch, Peri Baumeister

Produktion: Nele Willaert

Musik: Karim Sebastian Elias

Kamera: Cristian Pirjol

Schnitt: Carsten Piefke

Dieser Artikel steht unter einer Creative Commons (CC BY-NC-SA 4.0) Lizenz.