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Das rechts-libertäre, „anarcho-kapitalistische“ Lexikon freiheitslexikon.de Aufgepasst bei der Recherche!

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Gesellschaft

Wer bei der Recherche nicht aufpasst bzw. bestimmte Interpretationen nicht zuordnen kann, landet bei einer Suche nach dem Stichwort „Anarchismus“ möglicherweise auf dem rechts-„libertären“, „anarcho-kapitalistischen“ Lexikon freiheitslexikon.de.

Der US-amerikanische Ökonom und Philosoph Murray Rothbard.
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Der US-amerikanische Ökonom und Philosoph Murray Rothbard. Foto: LvMI (CC-BY 3.0 cropped)

Datum 17. Oktober 2025
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Den Beitrag hat Stefan Blankertz verfasst, der bereits nach der Jahrtausendwende das „Manifest des gekränkten Mannes“ geschrieben hat. Darin importierte er die anarcho-kapitalistische Ideologie, welche wesentlich von Murray Rothbard ausgearbeitet wurde, in den deutschsprachigen Raum. Eine seiner Hauptbetätigungen ist seither, Verwirrung über Anarchismus als soziale Bewegung, politische Theorie und Ethik zu stiften.

So überrascht es nicht, dass er auch in seinem Lexikonbeitrag versucht einen „guten“ Proudhon – als wichtigen Begründer des Anarchismus – gegen eine „schlechten“ Proudhon zu verteidigen. Ersterer würde genossenschaftliches Eigentum – implizit auf einem „freien Markt – anstreben, letzterer sei Sozialist und würde missverständlich interpretiert werden.

Die Behauptung von Blankretz ist falsch, dass die mutualistischen Anarchist*innen sich so bezeichnet hätten, um einer Diffamierung als „Terrorist*innen“ zu entgehen. Vielmehr bezeichnet Mutualismus eine spezifische Ausprägung des Anarchismus, die auf den Werten von Solidarität und der Praxis gegenseitiger Hilfe beruht, wobei sie Genossenschaften als Organisationsformen bevorzugt. Es stimmt, dass Proudhons Wirtschafts- und Eigentumsverständnis nicht kommunistisch orientiert war – das macht ihn jedoch keineswegs zum Vorläufer späterer „Anarcho-Kapitalisten“, wie Blankertz suggeriert.
Überhaupt scheint die Eigentumsfeindlichkeit, insbesondere im kommunistischen Anarchismus, das Hauptproblem im Anarchismus zu sein. Das Privateigentum tatsächlich ein Problem ist und ein grosser Teil der Menschheit besser dran wäre, wenn es überwunden werden würde, kommt dem Autoren nicht in den Sinn. Dass der Mangel, den die kapitalistische Wirtschaftsform erzeugt, überwunden werden könnte, wie etwa Murray Bookchin thematisiert, hält er für eine „böse Illusion“.

Selbstverständlich gibt es unterschiedliche Interpretationen der Texte von anarchistischen Denker*innen. Jene, die ich in meinen Texten und meinem Sprechen darüber liefere, ist eine Bestimmte. Gleiches gilt für anarchistische Kernkonzepte wie Selbstorganisation, Selbstbestimmung, Autonomie, Dezentralität, direkte Aktion, konkrete Utopie usw.. Trotzdem gilt es um die Wahrheit von Interpretationen zu streiten. Darum muss ernsthaft in Frage gestellt werden, was ein Hofnarr aggressiver Kapitalismus-Hooligans über den Anarchismus in die Welt posaunt. Sehr eigentümlich, diese Herangehensweise von Blankertz, sehr fragwürdig und irgendwie auch gewollt verräterisch.

Sollte er durch seine Anbiederung an Eigentum gekommen sein, würde ich es ihm gönnen, wenn er sich dann auch entsprechend aus öffentlichen Debatten heraushalten würde. Aber nein, ihm fällt nichts Besseres ein, als den Faschisten Ernst Jünger zu einem Anarchisten zu deklarieren. Dies ist nur konsequent, immerhin ist der sogenannte Anarcho-Kapitalismus letztendlich eine aus der Konserve gekippte, zusammen gerührte Schwachsinns-Ideologie. Sie hat nichts mit dem real-existierenden Anarchismus zu tun. Und das Blankertz dies – auch in seinen alten Tagen – nicht wenigstens kennzeichnet, entlarvt ihn letztendlich als albernen Falschspieler.

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