AGUR12 erneut auf Abwegen Schweiz: Revision Urheberrechtsgesetz

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Für die Revision des Urheberrechtsgesetzes hat Bundesrätin Simonetta Sommaruga 2012 eine Arbeitsgruppe (AGUR12) eingesetzt. Diese sollte «Möglichkeiten zur Anpassung des Urheberrechts an die technische Entwicklung» aufzeigen und dabei besonderes Augenmerk «auf die Entwicklung von Verwertungsmodellen, die den heutigen Internetnutzungen gerecht werden» legen. In der AGUR12 waren die Interessen der Verwertungsgesellschaften stark übervertreten.

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Das Copyright unter der Lupe. Foto: PDPics (CC0 - PD)

31. Oktober 2016
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Das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum (IGE) hat auf seiner Website mitgeteilt, dass Bundesrätin Sommaruga die umstrittene Arbeitsgruppe AGUR12 reaktiviert und damit beauftragt hat, hinter verschlossenen Türen die Vorlage zur Revision des Urheberrechts zu überarbeiten. Stellungnahmen und Bericht zur Vernehmlassung wurden nicht veröffentlicht. Dieses Vorgehen widerspricht dem Vernehmlassungsgesetz und berücksichtigt in keiner Art und Weise die breit geführten Diskussionen zum Urheberrecht der letzten Jahre.

Die Digitale Gesellschaft und die Digitale Allmend fordern, dass der Vernehmlassungsbericht und alle Stellungnahmen unverzüglich veröffentlicht werden und die Arbeitsgruppe AGUR12 sofort aufgelöst wird. Erst wenn der Ergebnisbericht und die einzelnen Stellungnahmen veröffentlicht sind, ist eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den einzelnen Positionen und damit die Erarbeitung einer tragfähigen Lösung für das revidierte Urheberrecht unter Einbezug aller Betroffenen möglich.

Das Urheberrecht betrifft im Internet-Zeitalter alle Menschen und Unternehmen. Nicht zuletzt deshalb ist die ungewöhnliche grosse Zahl von 1224 Stellungnahmen zur Vernehmlassung eingegangen. Es ist ein Affront sondergleichen, wenn nun die weiteren Schritte im Revisionsprozess unter Ausschluss dieser betroffenen Kreise und mit alleinigem Fokus auf die Interessen der Grosskonzerne der Unterhaltungsindustrie hinter verschlossenen Türen durchgeführt werden soll. Das Ergebnis wäre eine URG-Revision, die sich fast ausschliesslich auf die Bekämpfung der so genannten Internet-Piraterie konzentrieren würde. Viele Verbesserungen für Bildung, Kultur, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, die im ursprünglichen Entwurf von Bundesrätin Sommaruga enthalten wären, würden auf der Strecke bleiben.

Es ist kein Geheimnis, dass die USA im Rahmen eines sogenannten Runden Tisches zum Urheberrecht, der beim Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) angesiedelt ist, massiven Druck auf Bundesrat, Justiz und Verwaltung ausüben, das Urheberrecht möglichst schnell zu verschärfen. Doch es kann nicht sein, dass die partizipativ-demokratischen Prozesse unseres Landes deswegen umgangen werden.

Der Vernehmlassungsprozess sieht vor, dass die Erkenntnisse aus den Antworten der Vernehmlassung in einem Bericht zusammengefasst und zusammen mit den einzelnen Stellungnahmen veröffentlicht werden (Art. 8 und 9 Vernehmlassungsgesetz, VlG). Dies ist bis heute nicht geschehen. Stattdessen wurden einem auf intransparente Art und Weise zusammengestellten ausgewählten Kreis durch Bundesrätin Sommaruga die vorläufigen Ergebnisse im Rahmen einer Sitzung mündlich dargelegt. Dadurch wird offensichtlich das Vernehmlassungsverfahren ausgesetzt und die vielen Organisationen, die sich die Mühe genommen haben, konstruktiv am Gesetzesentwurf mitzuarbeiten, werden vor den Kopf gestossen. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auch auf den Brief der Task Force URG, welche über 50 Institutionen umfasst, an Bundesrätin Sommaruga vom 22. September.

Die Digitale Gesellschaft und die Digitale Allmend fordern deshalb, dass vor weiteren Arbeiten am Gesetzesentwurf der Vernehmlassungsbericht verfasst und zusammen mit allen Antworten veröffentlicht wird. Ausserdem soll die AGUR12 sofort aufgelöst werden. Die einseitige zusammengesetzte Arbeitsgruppe hat mit Veröffentlichung ihres Schlussberichtes am 6. Dezember 2013 ihren Auftrag – wenn auch mehr schlecht als recht und nicht mandatskonform – erfüllt und abgeschlossen. Es gibt keinen ersichtlichen Grund, warum die bewährte demokratische Tradition der Schweiz im Bereich des Urheberrechts durch eine undurchsichtige Kabinettspolitik ersetzt werden soll.

Andreas Von Gunten / dg

Dieser Artikel steht unter einer cc by-sa 4.0 Lizenz und ist zuerst im Blog der Digitalen Gesellschaft erschienen.