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Der Ausnahmezustand ist tot! Lang lebe der Ausnahmezustand! Neues Anti-Terror-Gesetz in Frankreich verfestigt die meisten Massnahmen

Im November ist es endlich soweit: Nach ziemlich genau zwei Jahren soll Frankreich aus dem Ausnahmezustand aussteigen.

Die Regierung von Präsident Hollande und Premier Valls hatte den Ausnahmezustand unmittelbar nach den Anschlägen von November 2015 in Paris verhängt. Seitdem hatten ihn Regierung und Parlament regelmässig um mal zwei, mal sechs Monate verlängert.

Der Ausnahmezustand gab Regierung und Verwaltung grössere Vollmachten, um ohne Kontrolle von Richterinnen und sogar ohne harten Verdacht Einzelpersonen in ihren Grundfreiheiten einzuschränken, sofern sie sie als potentielle Bedrohung für die öffentliche Ordnung betrachteten.

Mit dem Ausstieg aus dem Ausnahmezustand löst Präsident Emmanuel Macron ein Wahlversprechen ein. Doch seine Regierung erbringt die Meisterleistung, mithilfe eines neuen Antiterrorgesetzes gleichzeitig aus dem Ausnahmezustand auszusteigen und ihn zu verfestigen. Sprich: Formell soll der Ausnahmezustand nicht mehr gelten, praktisch aber fliessen viele seiner Massnahmen in das neue Gesetz ein.

Das Antiterrorgesetz wurde über den Sommer diskutiert und wurde gerade am heutigen Mittwoch endgültig verabschiedet. Die Nationalversammlung hat den Entwurf vergangene Woche verabschiedet, der Senat hat es eben verabschiedet, wie französische Medien es vor wenigen Minuten meldeten. 244 Senatorinnen stimmten dafür, 22 dagegen, darunter wohl vor allem Kommunistinnen, während sich die Sozialisten enthielten. Nun fehlt diesem Gesetz formell nur noch die Unterschrift des Präsidenten.

Über das Ganze wurde vergleichsweise wenig diskutiert, selbst in französischen Medien, die stattdessen ausführlicher über weitere aktuelle Reformvorhaben Macrons wie die Arbeitsrechtsreformen berichteten. Vor allem aber liest man wenig Empörung über dieses Gesetz in den grossen französischen Medien. Wie bei den ständigen Verlängerungen des Ausnahmezustands sorgt auch dieses Gesetz für eine relativ schlichte Kenntnisnahme in den Medien.

Dabei gibt es deutliche Kritik an diesem Gesetz, und zwar aus der Perspektive der Verteidigung von individuellen Grundfreiheiten. Darüber hat Matthieu vergangene Woche mit Dominique Curis gesprochen. Sie ist bei der französischen Amnesty-Sektion mit der Verteidigung öffentlicher Freiheiten beauftragt. Sie erklärt zunächst die generelle Kritik der Menschenrechtsorganisation an das neue Anti-Terror-Gesetz. Die Präfekte, die sie erwähnt, sind hohe Beamtinnen, die den Staat und insbesondere das Innenministerium in den Regionen und Départements vertreten:
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(Anmerkung: Der Beitrag wurde vor dem Votum im Senat gesendet. Deswegen werden in Bezug auf das neue Gesetz die Wörter "geplant", "Entwurf" sowie Verben im Futur und Konjunktiv II benutzt.)

Autor: Matthieu

Radio: RDL Datum: 18.10.2017

Länge: 07:20 min. Bitrate: 128 kbit/s

Auflösung: Stereo (44100 kHz)