Wie der Klimawandel die Kakao-Produktion zerstört Der bittere Beigeschmack der Schokolade

Wirtschaft

Weltweit sind Millionen Kakaobauern von den Folgen des Klimawandels betroffen. Mitunter haben sich ihre Ernten halbiert, wodurch die Einkommen der oft an der Armutsgrenze lebenden Familien noch geringer ausfallen.

Verkauf von Kakaofrüchten in Ghana.
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Verkauf von Kakaofrüchten in Ghana. Foto: Antoshananarivo(CC BY-SA 4.0 cropped)

9. Juni 2016
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Aufgrund der geringen Einkommensperspektive kehren immer mehr junge Menschen dem Kakao-Anbau den Rücken und ziehen in die Städte. Die Schokoladen-Industrie ist sich dieses Problems bewusst. Sie fürchtet ein abnehmendes Angebot des Rohstoffs Kakao und investiert eine Milliarde US-Dollar, um die Kleinbauer zu unterstützen. Doch wenn der Klimawandel nicht gestoppt wird, werden Millionen Kakaobauern ihrer Einkommensquelle verlieren.

Lebensgrundlage von Millionen Familien gefährdet

Ob in Ghana, der Elfenbeinküste, Indonesien oder Ecuador, überall kämpfen Kakaobauern mit den Folgen des Klimawandels. In einigen Regionen ist es die Hitze, die den Ertrag schmälert, in anderen Regionen sorgen verstärkte Regenfälle für eine Abnahme der Fruchtbarkeit der Böden. In wiederum anderen Regionen sind es Krankheiten und Pilze, die vom veränderten Klima profitieren und die Kakaopflanzen angreifen. Für Ghana und die Elfenbeinküste ist das ein immenses Problem. Millionen Bauern sind auf ein Einkommen aus dem Kakao-Anbau angewiesen. Schon 2030 werden einige Anbauregionen aufgrund des Klimawandels nicht mehr für den Kakao-Anbau nutzbar sein. Im Jahr 2050, wenn die Durchschnittstemperatur aller Voraussicht nach um circa 2 Grad angestiegen sein wird, werden grosse Teile Westafrikas zu heiss für den Kakao-Anbau sein.

Schokoladen-Industrie investiert eine Milliarde US-Dollar – andere setzen auf Fair-Trade

Wie ernst das Problem ist, zeigt sich an der Reaktion internationaler Schokoladen-Produzenten. Im Jahr 2014 schlossen sich zehn grosse Unternehmen zusammen, um den abnehmenden Erträgen der Kakaobauern durch technische Gegenmassnahmen zu begegnen. So sollen Anbaumethoden verbessert und Bewässerungssysteme finanziert werden. Auch wird die Erforschung einer genetisch verbesserten Kakao-Pflanze diskutiert, die auch unter extremen Wetterbedingungen gedeihen würde.

Andere Hersteller setzen auf die faire Produktion des Kakaos und eine faire Entlohnung der Kakaobauern. Sie hoffen darauf, dass ein höherer Kilo-Preis für Kakao die durch den Klimawandel abnehmenden Erträge der Bauern abfangen kann.

Klimawandel wird diese Investitionen zunichte machen

Doch ExpertenInnen sind sich einig, dass diese Gegenmassnahmen nur kurzfristig helfen. So heisst es in einem Artikel des Wall Street Journals, dass die Schokoladen-Industrie zwar immer mehr Geld in das System pumpen könne und die Anbaumethoden immer weiter verbessern könne, am Ende werde ein ungebremster Klimawandel jedoch alle Bemühungen zunichte machen.

Auch genetisch veränderte Kakao-Pflanzen bergen Gefahren. Das Schicksal der indischen Baumwoll-Bauern ist ein mahnendes Beispiel. Ihre neuen, genetisch veränderten Pflanzen funktionieren nur mit einem speziellen Dünger. Diesen Dünger konnten sich Millionen Bauern nicht dauerhaft leisten. Sie gerieten in einen Strudel aus Schulden und Zinszahlungen. Schätzungsweise 200.000 Bauern waren so verzweifelt, dass sie Gift nahmen. Die Suizidrate unter indischen Bauern stieg nach der Einführung genetisch veränderter Pflanzen stark an.

Ebenso ist der Umstieg auf fair gehandelte Produkte keine langfristige Lösung. Wenn die Bauern durch den Klimawandel weniger ernten, dann müssten die Preise für fairen Kakao schon immens steigen, um den geringeren Flächenertrag aufzufangen. Sollten die Erträge schneller fallen als der faire Lohn steigt, dann stehen auch die fair produzierenden Bauern am Ende mit weniger Einkommen da.

Klimawandel: Nicht die Kakaobauern fahren SUV oder urlauben in Thailand

Doch es sind weder die ghanaischen Kakaobauern, die mit einem SUV durch ihr Dorf fahren, noch ivorische Bauern, die nach Thailand in den Urlaub fliegen. Den Klimawandel, der sie mittelfristig um ihre Lebensgrundlage bringt, haben andere verursacht. Beispielsweise wir EuropäerInnen. Würden alle Menschen so leben wie wir in Deutschland, bräuchten wir 2,6 Planeten. Das heisst: Der durchschnittliche Deutsche konsumiert 2,6 mal mehr „Rohstoffe“ (saubere Luft, Wasser, Erdöl, Mineralien) als das Ökosystem Erde aushält. Oder noch konkreter: Der durchschnittliche Deutsche konsumiert also so viele Rohstoffe wie für fast 3 Menschen (2,6) ausreichen müssten.

Wenn uns kein Umlenken gelingt, wenn es uns nicht gelingt, weniger zu konsumieren und/oder mit den verfügbaren Ressourcen nachhaltiger umzugehen, dann zerstören wir die Lebensgrundlage von hunderten Millionen Kleinbauern und ihren Familien. Und es wäre nur eine Frage der Zeit, bis sich zumindest ein Teil dieser Menschen auch auf den Weg macht und anderswo eine bessere Zukunft sucht.

Nico Beckert
zebralogs.wordpress.com