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Dienstleistungsabkommen TiSA – Angriff auf die öffentliche Daseinsvorsorge

Wirtschaft

Es scheint unvorstellbar: Unsere Schulkantinen werden von Konzernen wie Coca-Cola oder McDonald's betrieben. Höhere Schulen oder einen Krankenhausaufenthalt können sich nur noch Wohlhabende leisten. Deutsche und mexikanische Unternehmen sprechen sich ab, welchen Stundenlohn und wie viele Urlaubstage sie gewähren möchten. Unglaublich? Leider nicht.

Protest gegen das Freihandelsabkommen TTIP und das Dienstleistungsabkommen TiSA.
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Protest gegen das Freihandelsabkommen TTIP und das Dienstleistungsabkommen TiSA. Foto: Indymedia

19. Januar 2015
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Seit 2012 wird, wieder einmal unter Ausschluss der Öffentlichkeit, dafür unter Einfluss der Konzernlobbyisten, über ein internationales Abkommen zum Handel mit Dienstleistungen (Trade in Services Agreement, TiSA) verhandelt. Beteiligt sind die selbsternannten „Really Good Friends of Services“, das sind die EU, USA und 21 weitere Staaten. Ihr Ziel: Dienstleistungen von „Handelshemmnissen“ befreien.

Falsche Freunde

So könnten mit TiSA Umwelt- und Verbraucherschutz- sowie Sozialstandards abgeschafft werden – also demokratisch beschlossene Regelungen und Vorschriften, die uns Bürgerinnen und Bürgern dienen, den Gewinninteressen privater Dienstleistungsunternehmen aber im Wege stehen. Trotz der Erfahrungen aus der Finanzkrise ist eine weitere Liberalisierung der Finanzmärkte geplant. Auch der digitale Handel, Telekommunikation und Transport sind in die Verhandlungen mit eingeschlossen. Selbst Öffentliche Dienstleistungen der Daseinsvorsorge, wie Gesundheits-, Wasser-, Energieversorgung und Bildung sollen möglichst vollständig privaten Unternehmen überantwortet werden.

Privatisierung der öffentlichen Dienstleistungen

Die internationalen Konzerne auf dem Dienstleistungsmarkt erwarten sich Milliardenprofite von einer Privatisierung der Daseinsvorsorge. Doch es handelt sich dabei um öffentliche Güter: Über Generationen aufgebaut mit Hilfe von Steuergeldern übernehmen sie existenzwichtige Aufgaben. Jede Privatisierung sorgt dafür, dass diese Dienste nicht mehr dem Gemeinwohl verpflichtet sind, sondern den Gewinninteressen privater Eigner.

Die kurzfristige finanzielle Entlastung durch Privatisierungserlöse muss regelmässig mit langfristigen Einnahmeausfällen und hohen Folgekosten bezahlt werden. Die Folgen der Privatisierungen in den vergangenen Jahrzehnten waren schlechtere Leistungen und höhere Gebühren für die BürgerInnen, Verlust von Arbeitsplätzen, Senkung des Lohnniveaus, Sparen an der Infrastruktur und damit auch der Sicherheit. Somit werden durch die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen von uns BürgerInnen auf Dauer getätigte erhebliche Investitionen, die uns allen gehören, weggenommen und verramscht und wertvolle volkswirtschaftliche Leistungen abgebaut.

TiSA hat zum Programm, dass alle beteiligten Staaten sämtliche Dienstleistungssektoren, sofern sie nicht bei den Verhandlungen mühsam als Ausnahme deklariert wurden, liberalisieren und international ausschreiben müssen.

Einmal privatisiert, immer privatisiert

Immer mehr Kommunen und auch Staaten versuchen, den teuren Irrweg der Privatisierung rückgängig zu machen und ihre Unternehmen wieder zurückzukaufen (Rekommunalisierung). Berlin und Paris z. B. haben ihre Wasserbetriebe zurückgekauft und London betreibt seine U-Bahn wieder öfentlich, weil dem System der technische Kollaps drohte. TiSA versucht Regelungen festzulegen, wonach einmal erfolgte Privatisierungen nicht mehr rückgängig gemacht werden können: einmal privatisiert, immer privatisiert. Mit Inkrafttreten des Abkommens soll eine Stillstands-Klausel den aktuellen Stand der Liberalisierung festschreiben. Dienstleistungen, die in Zukunft privatisiert werden, würden automatisch Vertragsbestandteil und dürften ebenfalls nicht wieder in die öffentliche Hand zurückgeführt werden – dies soll eine sogenannte Sperrklinken-Klausel verbieten. Das wäre eine Enteignung der Allgemeinheit zum Wohle der Konzerne.

TTIP, CETA und TiSA stoppen!

TiSA ist neben den Handelsabkommen TTIP (EU-USA) und CETA (EU-Kanada) ein weiterer skandalöser Versuch, die Macht privater Konzerne voranzutreiben und zu verankern. Die Verhandlungen sind ein Anschlag auf hart erkämpfte soziale Absicherungen, Gemeingüter und Demokratie! Diese sogenannten „Handelshemmnisse“ sind uns jedoch lieb und teuer. Solche Weichenstellungen, die über unsere Zukunft und die unseres Planeten entscheiden und die zu einer fundamentalen Verlagerung der Macht hin zu Konzernen führen, dürfen wir nicht akzeptieren!

Tantra

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