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Neuer Fairtrade-Standard nützt Menschen in Kleiderfabriken nichts | Untergrund-Blättle

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Ausgelagerte Verantwortlichkeiten un unzureichende Kontrollen Neuer Fairtrade-Standard nützt Menschen in Kleiderfabriken nichts

Wirtschaft

Am 21. März 2016 veröffentlichte Fairtrade International einen Textil-Standard, mit dem erstmals die gesamte Produktionskette abgedeckt werden soll.

Kleiderfabrik in Vietnam.
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Kleiderfabrik in Vietnam. Foto: ILO in Asia and the Pacific (CC BY-NC-ND 2.0)

13. April 2016
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Ein solches Label, das auf Sozialaudits aufbaut, die Verantwortung und Kosten den Zulieferern aufbürdet und zudem keinen Existenzlohn garantiert, bringt den ArbeiterInnen in den Kleiderfabriken keinen Fortschritt. Auf dem Hintergrund ihrer 25-jährigen Branchenerfahrung kritisiert die internationale Clean Clothes Campaign deshalb den Ansatz des neuen Standards.

Ihre grundsätzlichen Vorbehalte hat die in der Schweiz von der EvB koordinierte Clean Clothes Campaign (CCC) schon während der Standardentwicklung vorgebracht und der Dachorganisation Fairtrade International dazu entsprechende Rückmeldungen gegeben. Deren Quintessenz: Um die Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie zu verbessern braucht es einen sektorweiten Ansatz und verbindliche gesamtunternehmerische Verhaltensänderungen der Markenfirmen. Gegenüber dem heute publizierten Textil-Standard hegt die CCC deshalb ein paar prinzipielle Bedenken.

Falsches Instrument

Der Fairtrade-Textilstandard bezieht sich auf einzelne ausgewählte Lieferketten und nicht auf die gesamte Geschäftstätigkeit der Markenfirmen. Zur wirksamen Bekämpfung von Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen braucht es aber umfassende Branchenansätze. Der neue Textilstandard erlaubt den Modekonzernen jedoch, einzelne Produkte und Lieferketten als „Fairtrade“ zu kennzeichnen und bei den restlichen 99 Prozent mit Business as usual fortzufahren.

Ausgelagerte Verantwortlichkeiten

Der neue Standard nimmt die Markenfirmen bei der Einhaltung der Arbeitsrechte kaum in die Pflicht und stellt auch nicht sicher, dass NäherInnen einen Existenzlohn erhalten. An die Produzenten stellt er kostspielige Anforderungen, von den Markenfirmen als Auftraggebern hingegen werden kaum Anpassungen der problematischen Einkaufspraktiken verlangt.

Unzureichende Kontrollen

Ohne verlässliche Umsetzungs- und Kontrollmechanismen gibt es keinen wirksamen Standard. Fairtrade International setzt hier fast ausschliesslich auf Sozialaudits, obwohl sich diese mehrfach als unzureichend herausgestellt haben. Für den Standard sind zwar auch Begleitprogramme geplant, doch diese müssten finanzierbar und langfristig angelegt sein, um etwas zu bewirken.

Fehlende Existenzlohn-Garantie

Die Kennzeichnung als „Fairtrade“ bevor ein Existenzlohn gezahlt wird, ist irreführend für KonsumentInnen. Der Textilstandard erlaubt dafür eine Übergangszeit von sechs Jahren und sieht vor, dass das Fabrikmanagement dafür mit einer ArbeiterInnenvertretung einen Umsetzungsplan abschliesst. Dabei hat die Fabrik keinerlei Garantie, dass ihre Auftraggeber, die Markenfirmen, weiterhin dort einkaufen, wenn infolge Lohnkosten die Preise steigen.

evb

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