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Der Schweizer Franken: Besser als Gold? | Untergrund-Blättle

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Von dem Übel, uber eine Hartwährung zu verfügen Der Schweizer Franken: Besser als Gold?

Wirtschaft

Man vergisst ein wenig, dass die von der Schweizer NB verfügte Bindung des Franken an den Euro ein Kind der Finanzkrise war. Es handelte sich nicht um so etwas wie die seinerzeitige Bindung des Schilling an die DM – obwohl jetzt in diversen Kommentaren so getan wird, als sei diese „Bindung“ etwas ganz Selbstverständliches, so in der Art: der natürliche Gang der Dinge wird hier umgeschmissen!

SNB Schweizer Nationalbank in Zürich, beim Bürkliplatz, Ecke Bahnhofstrasse - Börsenstrasse.
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SNB Schweizer Nationalbank in Zürich, beim Bürkliplatz, Ecke Bahnhofstrasse - Börsenstrasse. Foto: Myriam Thyes (CC BY-SA 3.0 unported - cropped)

17. Januar 2015
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Die „Bindung“ war auch nicht, – um abermals das Schilling-DM-Beispiel zu strapazieren, ein Ergebnis einer zwischenstaatlichen Übereinkunft –, sondern beruhte auf dem einseitigen Beschluss der Schweizer NB und auf den durch sie getätigten Stützungskäufen. Die Schweiz stützte also seit Jahresende 2011 den Euro. Und genau das scheint ihr jetzt zu blöd geworden zu sein.

Erstens, was hat das für die Schweizer NB bedeutet? Sie hat jede Menge Franken in die Welt gesetzt, um damit Euro zu kaufen. Das heisst, dass das Gewicht des Franken unter den Weltwährungen zumindest nicht gesunken ist – denn auch auf der Euro-, Dollar und Yen-Seite wurde jede Menge Geld in Umlauf gebracht, um die eigene Ökonomie zu stützen. Die Schweiz stützte mit ihrer Geldvermehrung fremde Ökonomien.

Sie kaufte also Euro ein und was machte sie dann mit diesen Euros? Sie hatte das Problem aller Euro-Besitzer, die nicht so recht wissen, wohin mit ihrem Geld. Welche Anlageformen die SNB gewählt hat, wissen wir nicht – sie kann es sich als nationales Geldinstitut aber vermutlich nicht leisten, in riskante Immobilien-, Rohstoff- oder Derivatespekulationen einzusteigen. Sodass ihr wieder nur die sattsam bekannten Staatsanleihen übrig bleiben. Ein Teil des Kredites der Euro-Staaten kam also aus der Schweiz.

Bei den Euro-Anleihen wiederum stand die SNB – genauso wie jeder andere Euro-Investor – dem misslichen Umstand gegenüber, dass die halbwegs verzinsten Staatsanleihen von Staaten an der Stufe zum Ramschstatus wie Italien oder Spanien ausgegeben werden, die sicheren wie die Deutschlands hingegen Negativzinsen haben.

„Die Schweizer Notenbank, von Experten als grösster Hedgefonds der Welt bezeichnet, hält vermutlich deutsche Bundesanleihen im Wert von 100 Milliarden Euro … rund ein Zwölftel der gesamten deutschen Staatsschulden.“ (HB, 16.1.)

Die SNB machte also Verluste oder zumindest keinen Gewinn bei ihren Stützungskäufen.

Der Grund dafür, den Euro zu stützen, ist der gleiche wie vor 3 Jahren: die Aufwertung des Frankens im Interesse der Schweizer Exporte zu stoppen. Aber die SNB hat offenbar beschlossen, dass der Preis dafür zu hoch ist.

Vor 3 Jahren schien es, als ob der Euro auseinanderbrechen würde, und deshalb flüchteten viele in den Franken. Es mag sein, dass die Schweizer Währungshüter damals dachten, ihre Stützungskäufe würden helfen, das Vertrauen in den Euro wiederherzustellen. Ein Kassensturz zum Jahresende hat gezeigt, dass das auf lange Sicht ein Irrtum war und der Euro weiterhin gefährdet ist, – schon allein wegen der bald anstehenden griechischen Wahl, aber auch deshalb, weil sich die Eurozone wirtschaftlich keineswegs erholt hat, im Gegenteil.

Während sich die Medien vor allem auf die negativen Folgen dieses Beschlusses für die Wirtschaft der Schweiz konzentrieren, sollte man auch diejenigen für die Eurozone im Auge behalten: schlimmer als das Wegfallen der Stützungskäufe, also der finanziellen, materiellen Stützung des Euro wiegt die ideelle Abkehr von der europäischen Einheitswährung. Ein Land, das aus guten Gründen als eines der Zentren der internationalen Finanzwelt gilt, lässt den Euro praktisch fallen, und er fällt daher weiter – nicht nur gegenüber dem Franken, sondern auch gegenüber der Weltwährung Dollar.

Das geschwätzige Zeigen auf die Folgen für die Schweiz selbst – Börsensturz, Export- und Tourismus-Rückgang – ist begleitet vom stillen Bangen darum, was das für Folgen für den Euro haben wird. Denn der Fall des Euro hat eine Entwertung der Devisenschätze der Käuferländer zur Folge, die wiederum deren Notenbanken zum Abstossen von Euro veranlassen könnte, wodurch der Euro weiter fällt.

Da kommt die Ankündigung der EZB, in Zukunft unbeschränkt Staatsanleihen der Euro-Länder aufzukaufen, gerade recht. Vermutlich ist sie bald der einzige Aufkäufer der Kreditzettel diverser Euro-Länder …

Amelie Lanier

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