Österreich verliert seine Bestnote Das verflixte dritte A - Österreich verliert seine Bestnote

Wirtschaft

Das Wehgeschrei ist gross. Wie konnte es dazu kommen?! Zwischen Geschimpfe auf die Ratingagenturen und Beschwichtigungsversuchen, die "Märkte" würden sich gar nicht drum kümmern, schaut kaum wer nach, warum Standard and Poor Österreich und andere EU-Staaten herabgestuft hat.

Dampfkraftwerk Donaustadt in Wien.
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Dampfkraftwerk Donaustadt in Wien. Foto: darkweasel94 (CC BY-SA 3.0 cropped)

27. Dezember 2011
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Diese Begründungen sind allerdings lesenswert. Entgegen der Behauptung, die im Parlament nicht durchgegangene Schuldenbremse sei der Grund für diesen Schritt gewesen, hat S&P einen etwas weiteren Blickwinkel als den auf nationale Parlamente:

"The outcomes from the EU summit on Dec. 9, 2011, and subsequent statements from policymakers lead us to believe that the agreement reached has not produced a breakthrough of sufficient size and scope to fully address the eurozone's financial problems. In our opinion, the political agreement does not supply sufficient additional resources or operational flexibility to bolster European rescue operations, or extend enough support for those eurozone sovereigns subjected to heightened market pressures."

Es war der EU-Gipfel im Dezember, der in den Medien als "Durchbruch" verkauft wurde, der nur durch Spielverderber wie den britischen Premier etwas verpatzt worden war, der S&P an EU und Euro überhaupt hat zweifeln lassen. Dass in Zukunft ein Sparkurs gefahren werden soll, hält die Agentur nicht für die Lösung des Schuldenproblems. Es sei keineswegs ausgemacht, dass für zukünftige Rettungsaktionen – die für S&P so selbstverständlich sind, dass sie sich darüber gar nicht erst verbreitern – genügend Mittel zur Verfügung stehen. Genaugenommen sei diesbezüglich gar nichts entschieden.

S&P teilt also die derzeit gültige Sprachregelung, man müsste jetzt "sparen", um wieder kreditwürdig zu werden, gar nicht. Auch die Richtung, die auf diesem Gipfel vorgegeben wurde: dass die erfolgreichen Staaten den gestrauchelten bzw. gescheiterten Partnern in der EU mehr oder weniger eine Aufsicht vor die Nase setzen, die den Geldhahn auf- und zudrehen kann, und das als "weiteren Schritt der europäischen Integration" und Vorankommen in Richtung "Fiskalunion" feiern – das hält S&P für ökonomisch kontraproduktiv.

S&P spricht auch aus, dass der Grund für die derzeitige Euro-Krise falsch bestimmt ist:

"We also believe that the agreement is predicated on only a partial recognition of the source of the crisis: that the current financial turmoil stems primarily from fiscal profligacy at the periphery of the eurozone. In our view, however, the financial problems facing the eurozone are as much a consequence of rising external imbalances and divergences in competitiveness between the eurozone's core and the so-called "periphery". As such, we believe that a reform process based on a pillar of fiscal austerity alone risks becoming self-defeating, as domestic demand falls in line with consumers' rising concerns about job security and disposable incomes, eroding national tax revenues."

Es ist nicht die vermeintliche "Verschwendung" der PIIGS, sondern das Abschiffen dieser Staaten gegenüber der "Kernzone" als Folge der Konkurrenz innerhalb der EU. Nicht wegen der Ausgaben der Pleitestaaten sei die Krise eingetreten, sondern aufgrund des Rückgangs der Wirtschaftsleistung dieser Staaten. Auf der Einnahmen-Seite sieht S&P auch keine Besserung eintreten, weil genau dieses Beschränken der Staatsausgaben und Erhöhen der Steuern einen Rückgang der Inlandsnachfrage nach sich ziehen und die Balance zwischen Einnahmen und Ausgaben ungünstig beeinflussen wird.

Es ist eigentlich nur die Logik des vergangenen Jahrzehnts, an das S&P die Staaten der Eurozone bzw. der EU erinnert: War es jahrelang das Credo aller Politiker, Wirtschaftsfachleute, Unternehmer und dergleichen Akteure, dass Kredit der Hebel des Wachstums ist und man durch die Liberalisierung des Kreditwesens und die Einführung des Euro eine Art pepetuum mobile des wirtschaftlichen Erfolges geschaffen hätte, so tritt heute der umgekehrte Fall ein: Durch Zurückfahren der Staatsausgaben und Erhöhung der Steuern wird Schrumpfung, Rezession verursacht, und das wiederum rüttelt an den Fundamenten des Kredits.

Amelie Lanier