Fragwürdige Wirksamkeit Basel: Videoüberwachung sinnlos?

Politik

Am 6. Juli 2023 hat das Basler Justiz- und Sicherheitsdepartement (JSD) bekannt gegeben, dass die Dreirosenanlage in Basel mit Videokameras überwacht werden wird.

Videoüberwachung in Zürich.
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Videoüberwachung in Zürich. Foto: Lewak

18. Dezember 2023
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Davon verspricht sich das Departement eine präventive Wirkung gegen Kriminalität. Die Dreirosenanlage ist ein öffentlicher, viel besuchter Park im unteren Kleinbasel, welcher seit Monaten immer wieder wegen gewalttätiger Übergriffe und Drogenhandel in den Medien ist.

Seit Mitte August filmen ein gutes Dutzend Kameras die Dreirosenanlage rund um die Uhr. In der videoüberwachten Zone wird mit Piktogrammen auf die Kameras hingewiesen, diese sind sichtbar montiert. Die Aufnahmen dürfen nur sehr restriktiv herausgegeben und ausgewertet werden. Die Reglementierung der Überwachung ist bis zum 21. Oktober befristet. Die Menschen in Basel haben sehr unterschiedliche Meinungen zur Überwachung. Klar ist, dass eine Videoüberwachung von einem Areal ein grosser Eingriff in die Persönlichkeitsrechte ist und die Basis einer verdachtsunabhängigen Massenüberwachung darstellt.

Um den Persönlichkeitsschutz zu wahren, dürfen öffentliche Orte nur unter strengen Voraussetzungen überwacht werden. So bedarf es zum Beispiel eines Reglementes über den Einsatz der Kameras und die Betroffenen, also alle, die sich auf dem überwachten Areal bewegen, müssen vor dem Betreten des Areals darüber in Kenntnis sein.

Fragwürdige Wirksamkeit

Grundsätzlich fragt sich allerdings, ob Videoüberwachung im öffentlichen Raum überhaupt ein geeignetes Mittel zur Bekämpfung von Kriminalität ist oder ob es bloss der Symptombekämpfung und der Beruhigung der Bevölkerung dient.

Laut dem Kriminologen Emirhan Darcan von der Universität Bern gibt es in der wissenschaftlichen Literatur viele verschiedene Meinungen bezüglich der Wirksamkeit der Videoüberwachung. Es ist aber ersichtlich, dass es darauf ankommt, welche Straftaten eine Überwachung eindämmen soll. Bei Diebstählen aus Autos sei die Überwachung ziemlich wirksam, bei Gewaltdelikten schon viel weniger. Die schnelle technische Entwicklung habe bei Strafverfolgungsbeamt:innen zu einem regelrechten Glauben an die Technik geführt. Oft führt das zu einer gewissen «Kurzsichtigkeit» bei Behörden und Beamt:innen. Darcan führt aus, dass die Videoüberwachung des öffentlichen Raums in vielen Fällen dazu beitragen kann, die Bevölkerung vorübergehend zu beruhigen, aber sie löse nicht die zugrunde liegenden sozialen oder wirtschaftlichen Probleme, die zu Kriminalität führen können.

In Basel scheint die Massnahme auf dem Dreirosenareal primär eine Art Symptombekämpfung zu sein und eine Reaktion auf die in den Medien und in der Bevölkerung geäusserten Ängste. Viele Menschen haben sich auf der Dreirosenanlage aufgrund von zunehmenden Schwierigkeiten vor Ort nicht mehr wohlgefühlt.

Zwiespältige Erfahrungen mit Überwachung

In Basel wurde bereits im Sommer 2021 über zwei Monate hinweg die Uferstrasse ein belebtes Ausgehviertel am Rhein, mit Video überwacht. Allerdings ist in der Öffentlichkeit nicht bekannt, was dies gebracht hat – die Evaluation lässt auf sich warten.

Eine Zwischenbilanz zur Überwachung der Dreirosenanlage fällt zwiespältig aus: Die Vorsteherin des Basler Justiz und Sicherheitsdepartements, Regierungsrätin Stephanie Eymann (LDP), äusserte sich im September in einem Interview als «vorsichtig optimistisch». Gewaltdelikte seien zwar zurückgegangen, ansonsten blieb die Zahl der Meldungen aus dem Umfeld der Dreirosenanlage auf gleichem Niveau wie vor Beginn der Überwachung, so die Polizei.

Umso wichtiger wäre es, aus konkreten Erfahrungen, etwa aus der Überwachung der Uferstrasse in Basel oder aus bisherigen Überwachungsversuchen in anderen Städten wie Luzern oder Genf zu lernen, insbesondere auch, dass Prävention und Ermittlung klar voneinander unterschieden werden müssen. Es bleibt weiterhin fraglich, ob eine Videoüberwachung über einen begrenzten Zeitraum überhaupt etwas bringt ausser einer kurzfristigen Abschreckung. Denn schliesslich ist klar, dass die Problemfelder viel komplexer sind und diese zuerst anerkannt werden müssen, um damit umgehen und sie lösen zu können.

augenauf Basel