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Linksunten: Die Autorität der Antiautoritären

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Kommentare aus dem Niemandsland Linksunten: Die Autorität der Antiautoritären

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Politik

Der nachfolgende Artikel thematisiert die Löschung von Beiträgen auf der Internetplattform linksunten.indymedia.org. Auch dieser Text wurde konsequenterweise nach 20 Minuten wieder vom Portal entfernt.

Crash Test im Naval Reserve Center von Detroit.
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Crash Test im Naval Reserve Center von Detroit. Foto: PD

Datum 1. Dezember 2014
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“Sie brauchen nur zu sagen, dieser oder jener Akt sei autoritär, um ihn zu verurteilen.” Das schrieb 1872 Engels über die Antiautoritären, die historische Vorform der Rudi Dutschkes und der Linksunten-Moderatoren. Letzte praktizieren noch heute die Identifikation als Kritik, glauben mit der Markierung einer Position als autoritär müsse die Debatte bereits beendet sein: “Bitte hör auf Gegenstandpunkt-Propaganda und -Termine zu posten. Wir verstecken Postings autoritärer Gruppen und der Gegenstandpunkt gehört für uns dazu.” [1]

Die Überordnung des eigenen Willens über den eines Anderen: Autorität, wie sie von den Linksunten-Moderatoren abgelehnt wird, praktizieren diese selbst. Indem sie ihre Stellung als linksradikales schwarzes Brett dazu benutzen, einiges an Veranstaltungen unsichtbar zu machen. Das Löschen von Postings ist die Autorität der Antiautoritarier über die Autoritären.

Dabei soll auf keinen Fall der Eindruck erweckt werden, Autorität wäre – wie es die Antiautoritarier von Linksunten unterstellen – derart zu verurteilen, dass die Markierung als “autoritär” schon ausreicht als Kritik. Es soll nicht unter Wahrung des Dogmas hier der müssige Versuch geführt werden, nun die Moderatoren von Linksunten als eigentlich Autoritäre zu überführen. Viel mehr soll kurz dargelegt werden, dass der Ausschluss der als 'autoritär' identifizierten Gruppen von dem Widerspruch lebt, jenen etwas zu Unterstellen, was man mit dem Ausschluss selbst praktiziert. Die Notwendigkeit autoritär zu handeln wird also ausgerechnet gerechtfertigt mit dem autoritären Verhalten der Gruppen.

Deswegen ist es nicht ohne Charme, wenn das Portal der Mülltonnenzündler und Steineschmeisser in einer Veranstaltungsreihe aus Workshops und Vorträgen [2] jenes autoritäre Prinzip entdecken, dass ihnen bei ihrem eigenen Ziel – immerhin eine Plattform der 'revolutionären Linken' will Linksunten sein – wohl entgeht. Schon Engels wusste von diesem Widerspruch: “Haben diese Herren nie eine Revolution gesehen? Eine Revolution ist gewiss das autoritärste Ding, das es gibt; sie ist der Akt, durch den ein Teil der Bevölkerung dem anderen Teil seinen Willen vermittels Gewehren, Bajonetten und Kanonen, also mit denkbar autoritärsten Mitteln aufzwingt”.

Die Antiautoritarier sind sich selbst also in ihrer übergrossen Mehrheit durchaus bewusst, dass ihr Dogma gegen die Autorität in der Praxis nicht viel Wert ist und sich nur gegen seinen Inhalt durchsetzen lässt. Das hindert sie überhaupt nicht daran mit grossem Eifer und Selbstbewusstsein sehr autoritär und damit gegen ihr eigenes Dogma eben dieses an seinen Kritikern zu exerzieren. So wird der Einsatz der eigenen Autorität gerechtfertigt durch die Behauptung, der andere sei autoritär.

Wer ein Interesse daran hat, eine Debatte über die Autorität und ihre Rolle in der Linken zu führen, müsste als erstes verstehen, dass die Kritik einer Position – autoritär oder antiautoritär – etwas anderes ist als die Unsichtbarmachung anderer Positionen. Diese Praxis setzt schlicht autoritär die eigene Position durch und liefert niemandem auch nur ein Argument, den eigenen Standpunkt zu übernehmen.

Berthold Beimler

[1] E-Mail an den Autor

[2] Wer sich trotz dem Bann über die 'autoritären Gruppen' über die Veranstaltungsreihe informieren will sei auf https://www.antikapitalismusbw.blogsport.de hingewiesen.