Pressespiegel Izvestija Interview mit Marija Sacharova, Sprecherin des russischen Aussenministeriums

Politik

Das russische Aussenministerium ist der Ansicht, dass die EU von Russland einiges über den Umgang mit Flüchtlingen lernen könnte.

Syrisches Flüchtlingslager in Cappadocia, Türkei.
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Syrisches Flüchtlingslager in Cappadocia, Türkei. Foto: Fabio Sola Penna (CC BY-ND 2.0)

25. September 2015
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»Jeden Tag betrachte ich erschreckende Bilder über die Entwicklung des Flüchtlingsstroms nach Europa. Heute sah ich, wie einige der Ankommenden begannen, auf der Strasse zu gebären – man kann sich vorstellen, unter was für Bedingungen. Wie sie Züge erstürmen. All das erinnert an die Lage nach dem II. Weltkrieg, natürlich nur beinahe, da die Ausmasse unterschiedlich sind, aber die Dynamik ist ähnlich.« Ausserdem erwähnt sie, dass das Flüchtlingsproblem mit der Nahost-Politik der westlichen Staaten im Zusammenhang steht. Als Beweis führt sie die Äusserungen des österreichischen Bundeskanzlers Werner Faymann und des bulgarischen Aussenministers Daniel Mitov über die Notwendigkeit der Terrorismusbekämpfung im Nahen Osten an.

»Mit Verwunderung und grosser Beunruhigung beobachte ich die offenkundige und sichtbare Hilflosigkeit der EU angesichts der Flüchtlingswelle aus dem Nahen Osten und Nordafrika. Diese alles bisherige in den Schatten stellende Flüchtlingskrise ist die direkte Folge der absoluten Veranwortungslosigkeit und unbedachten Politik der Regimewechsel in dieser Region. Langsam beginnt manchen zu dämmern, was diese Flüchtlingstragödie ausgelöst hat. Die Leute flüchten nicht aus eigenem Antrieb nach Europa, sondern ihre Staaten sind zerstört oder stehen am Rande des Zerstörtwerdens.«

Ebenso erwähnt Sacharova die Besorgnis Moskaus darüber, dass einige EU-Staaten den Ausdruck »illegale Einwanderer« verwenden. Gemäss der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 und dem Zusatzprotokoll von 1967 gäbe es angesichts der Situation im Nahen Osten und Nordafrika hinreichende Grundlagen, um diese Personen als Flüchtlinge einzustufen.“

(Hier täuscht sich die Dame, oder formuliert den Passus absichtsvoll so, um die EU aufgrund ihrer Flüchtlingspolitik an den Pranger zu stellen. Weder die Konvention noch das Zusatzprotokoll erwähnen Krieg als Grund für die Zuerkennung des Flüchlingsstatus. Die Betroffenen müssen Verfolgung aufgrund religiöser, politischer, ethnischer Zugehörigkeit geltend machen, um als Flüchtlinge eingestuft zu werden. Die Möglichkeit, morgen aufgrund von Kriegshandlungen ausgelöscht zu werden, oder zu verhungern, ist zuwenig für dieses angeblich so menschenfreundliche UNO-Gesetzwerk.)

„Das heisst, die EU-Staaten haben hier internationale Verpflichtungen gegenüber diesen Leuten.

»Ich drücke der EU gegenüber mein Bedauern aus über ihre Unfähigkeit – und ich denke, es handelt sich um Unfähigkeit, nicht um Unwillen –, diese Leute medizinisch zu betreuen und mit Nahrung zu versorgen. Ich bin der Ansicht, dass die Staaten der EU im Einklang mit ihren internationalen Verpflichtungen keine weitere Verletzung der Flüchtlingsrechte zulassen dürfen und sich mit gebührendem Ernst an die Beseitigung der Ursachen der derzeitgen Krise machen müssen.«

Sacharova meint, dass sich die EU von Russland einiges bezüglich des Umgangs mit Flüchtlingen abschauen könnte. Russland hat nämlich 900.000 Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen, von denen 400.000 Flüchtlingsstatus erhalten haben. Diese Leute haben wir mit Wohnraum, Einkommen und Nahrung versorgt.

»Wir sind offen für den Dialog mit unseren europäischen Kollegen, die bereits mehrfach die Frage nach Zusammenarbeit in dieser Richtung an uns gestellt haben. Was immer die russische Seite tun kann, um die Leiden der Flüchtlinge zu lindern oder den Europäern bei der Lösung dieser Frage zu helfen, werden wir auf jeden Fall tun.« … “

Amelie Lanier

Quelle: http://izvestia.ru/news/590944