Der Ruf nach Transitzonen Das Recht, nein zu sagen

Politik

Die CDU/CSU hat vorgeschlagen, Transitzonen einzurichten. Von denen könnte man Flüchtlinge wieder zurück in das sichere Drittland schicken, über das sie eingereist sind.

«Open the borders». Flüchtlinge am Budapester Ostbahnhof.
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«Open the borders». Flüchtlinge am Budapester Ostbahnhof. Foto: Rebecca Harms (CC BY-SA 2.0 cropped)

6. November 2015
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„Es ist ein Trauerspiel, dass in der Linken keine aktuelle Diskussion über die Flüchtlingszuwanderung stattfindet. Dabei kann man eine Begrenzung der Einreisezahlen fordern, ohne zu klingen wie die AfD oder Horst Seehofer.“ So leitet Barbara Drubbusch, Redakteurin für Soziales und Gesellschaft im Inlandsressort der taz ihren Kommentar zur Flüchtlingspolitik ein. Und um diesen Unterschied in der Klangfarbe hinzukriegen verteilt sie „Rechte“:

„Natürlich haben die Millionen Flüchtlinge in und aus den Kriegs- und Krisengebieten ein Recht, nach Deutschland kommen zu wollen.“ Wie grosszügig! Das gesteht sie den Flüchtlingen zu: Raus aus den Krisengebieten und rein nach Deutschland wollen, das dürfen sie! Dieser Wille ist von Drubbusch moralisch geprüft und für berechtigt erklärt worden. Das muss einer ebenfalls moralisch denkenden Linken genügen. Die Realisierung dieses Willens ist nämlich, was die Zuteilung von Berechtigungen angeht, eine ganz andere Sache. Ein Recht nach Deutschland zu kommen, haben die Flüchtlinge nicht.

Dem steht ein anderes Recht entgegen, das die Taz-Redakteurin Deutschland zuerkennt: „Aber genauso muss man in Deutschland das Recht haben, irgendwann nein zu sagen.“ In Deutschland leidet „man“(?) nämlich schwer unter der Flüchtlingsflut und für dieses Leiden zeigt Frau Drubbusch grosses Verständnis: „Derzeit überqueren mehr als 5.000 Menschen jeden Tag die Grenze, das macht hochgerechnet 1,8 Millionen Leute im Jahr. Wenn die Hälfte langfristig bleiben darf, wären in zwei Jahren 2,7 Millionen(?) Menschen mehr im Land. Jeder Flüchtling kostet ungefähr 10.000 Euro im Jahr, rein rechnerisch wären das 27 Milliarden Euro Kosten.“ Da hat dieses gebeutelte Land natürlich ein gutes Recht auf Ablehnung.

Zweimal „berechtigt“ und schon hat sich Drubbusch moralisch meilenweit über rechtes Pack erhoben, gesteht sie doch auch den Flüchtlingen ein Recht zu. Den von ihr erfundenen Konflikt guter Rechte empfiehlt sie „der Linken“ als nachdenkenswerten Gegenstand. Von dieser Warte kann und soll die sich zusammen mit der Kommentatorin guten Gewissens an der Debatte beteiligen, wie man der Republik die Flüchtlingslast erspart.

Und da kann man dann durchaus auch Seehofer Recht geben: “Der Vorschlag der CDU/CSU zielt nun darauf ab, Transitzonen einzurichten. Von denen könnte man Flüchtlinge wieder zurück in das sichere Drittland schicken, über das sie eingereist sind. Würde Deutschland solcherart nach Verweis auf die Dublin-Verordnung seine Grenzen schliessen, wären alsbald alle anderen Grenzen auf der Balkanroute dicht. In Griechenland würden sofort riesige Lager entstehen. Das klingt schrecklich. Aber die Bundesregierung könnte im selben Atemzug ein jährliches Kontingent von einigen Hunderttausend Flüchtlingen aus den Lagern in Griechenland und der Türkei aufnehmen.“

Ab mit den Flüchtlingen in Transitzonen; sie in den Randländern der EU oder gleich ausserhalb der EU (wo das „Recht“ auf Neinsagen, warum auch immer, grundsätzlich nicht gilt) in Lagern konzentrieren, damit sie dort weiter ihr „Recht auf Wollen“ geniessen können. Und Deutschland pickt sich ab und zu grosszügig ein paar raus, bei denen es auf sein „Recht, Nein zu sagen“ verzichtet.

„Ein solches Szenario wäre diskussionswürdig auch unter Linken“ meint Drubbusch. Schliesslich nehmen dann alle nur das ihnen von ihr zugestandene Recht in Anspruch: Die einen auf ein „Wollen“ ohne Aussicht auf eine Realisierung, das ihnen so viel hilft wie der Segen des Pfaffen, weil sie ganz von dem „Recht“ Deutschlands abhängen. Das kann auf die moralische Rechtsprechung der taz aber ebenfalls pfeifen, weil es sowieso, ganz praktisch, das für das „Wollen“ der Flüchtlinge geltende Recht setzt.

Geholfen ist damit aber der „Linken“ – meint Drubbusch. Der hat sie gezeigt, dass man ganz „ehrlich“ „Schikanen gegenüber Flüchtlingen“ das Wort reden kann – aber dabei doch ganz anders ist, als die „rechte Ecke“.

Berthold Beimler

Alle Zitate aus dem Artikel „Das Recht, nein zu sagen“ - http://taz.de/Kommentar-Fluechtlingspolitik/!5242988/