Auszug aus dem Buch "Unerhört! Adbusting gegen die Gesamtscheisse", veröffentlicht vom Berlin Busters Social Club (BBSC) im Unrast Verlag 2020. 136 Seiten. 67 farbige Abbildungen. ca. 14,00 EUR ISBN 978-3-89771-281-2
Fussnoten:
Fröhlich, Alexander: Auch Rechte kapern Werbeflächen. In: Tagesspiegel, 11.2.2019, im Internet einsehbar unter
https://tagesspiegel.de/berlin/identitaere-bewegung-in-berlin-auch-rechtsextreme-kapern-werbeflaechen/23975570.html
Folgt man der Extremismustheorie, dann besteht die Gesellschaft aus einer demokratischen Mitte, in der es zwar von links bis rechts Meinungsverschiedenheiten gibt, die aber die Spielregeln des demokratischen Verfassungsstaates annerkennt. An den Rändern des politischen Spektrums befinden sich dagegen die ›Extremist*innen‹, die sich dadurch auszeichnen, dass sie den demokratischen Verfassungsstaat ablehnen und bekämpfen. Wer so denkt, der haut Links und Rechts umstandslos gemeinsam in Pfanne und ist blind dafür, dass die Ausländer anzündenden ›besorgten Bürger*innen‹ und abschiebende Cops die Mitte der Gesellschaft sind, aber mit Demokratie und Rechtsstaat in der Regel nicht viel am Schwarz-Rot-Goldenen Anglerhut haben.
Die Probleme Vereinnahmung und Integration seien hier einmal ausgeblendet. Bei weitergehendem Interesse seien die Seiten der Projektwerkstatt Saasen empfohlen. Auch wenn das schwierige Leute sein mögen, gibt es im deutschsprächigen Raum vermutlich nichts, wo Vereinnahmung und Integration so dauerhaft und konsequent kritisiert werden:
https://projektwerkstatt.de/index.php?domain_id=1&p=13756
Dach, Hans von: Der totale Widerstand. Kleinkriegsanleitung für Jedermann. Schweizerischer Unteroffiziersverein (Hg.). Irgendwo in der helvetieschen Konföderation, vermutlich 1957.
Ebenda, S. 145
Ebenda, S. 146.
. Vgl. Popovics, Srdja: Protest! Wie man die Mächtigen das Fürchten lehrt. Frankfurt a. M. 2015. S. 15ff.
Ein bisschen Recht hat das Känguru alllerdings auch, wenn es den Unterschied zwischen Rechten und Linken über unterschiedliche Aktionsformen identifiziert. Denn in der gewählten Aktionsform zeigt sich die vertretende Ideologie. Deshalb macht man ja Aktionen...
„Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ob Links-oder Rechtsextremismus – da sehe ich keinen Unterschied.«
»Doch, doch«, ruft das Känguru laut dazwischen. »Es gibt einen Unterschied. Die einen zünden Ausländer an, die anderen Autos. Und Autos anzünden ist schlimmer. Denn es hätte mein Auto sein können. Ausländer besitze ich keine.«
Gerhard Schröder war 1998 bis 2005 nach Helmut Kohl und vor Angela Merkel Kanzler. Aus seiner rot-grünen Regierungszeit stammen Hartz IV, die Praxisgebühr, eine 40-jährige Betriebsgenehmigung für Atomkraftwerke, jede Menge Überwachungsgesetze und die deutschen Kriege 1999 in Jugoslawien und seit 2001 in Afghanistan. Sein Demokratieverständnis prägte das ›Machtwort‹. Heute bekommt er für wenig Arbeit viel Geld im Aufsichtsrat bei GAZPROM.
Delegierter greift Merkel an: »Machtgeil und unpatriotisch«. In: Die Welt, 25.11.17. Im Internet unter
https://welt.de/politik/deutschland/article170960258/Delegierter-greift-Merkel-an-machtgeil-und-unpatriotisch.html
Ein Video gibt's hier:
https://youtube.com/watch?v=Z4UJPI7Z7rQ Da kann man sich auch gleich angucken, wie die Nazis das feiern.
Oder was ganz anderes kleben. Was bitte ist denn daran schlimm, wenn eine Parteivorsitzende und Kanzlerin 12 Jahre ihren Job, also »konsequente Machtpolitik«, macht? Was sich daran zeigt, ist, dass der in Deutschland im Bildungsbürger*innentum vorherrschende Diskurs zum Thema ›Macht‹ dazu neigt, diese als etwas Schlechtes, den Charakter verderbendes, darzustellen. Dies ist das Erbe der ideologischen Reaktion des Bildungsbürger*innentums auf die gescheiterte Revolution 1848. Damals versagte das durch die industrielle Revolution zum gesellschaftlich einflussreichen Milieu gewordene deutsche Bildungsbürger*innentum dabei, dem ökonomisch abgehalfterten Adel die politische Macht zu entreissen. Daraufhin entwickelte das Bürger*innentum das Biedermeier. Es tat einfach so, als sei Macht was Schlechtes und als habe es sie nie gewollt. Wie selbstverständlich moralisiert das Bürger*innentum dabei: Macht korrumpiert, absolute Macht korrumpiert absolut. Politik und Macht galten damit als etwas Schlechtes, mit dem die guten, braven Bürger*innen nichts zu tun haben wollen. Und so überliessen sie diese dem ohnehin schon charakterlich minderwertigen Adel, um sich aufs »anständig« sein und Geld verdienen zu konzentrieren. Eine Farce zu dieser Tragödie findet mensch z.B. bei der 1918-19 gehaltenen Vorlesungsreihe »Politik als Beruf« von Max Weber. Aus genau dieser moralischen Position heraus rät der Papst der Soziologie dem Bürger*innentum von politischer Partizipation ab und diskreditiert die zur Abdankung der Fürsten führende Revolution aufs Schärfste. Das heutige linksradikale Mosaik geht mit diesem Erbe zwiespältig um. Wie oben gezeigt, ist der ›Machtgeil‹-Diskurs fester Bestandteil linker Diskurse. Gleichzeitig lehnt sich das linke Mosaik theoretisch auch an Hannah Arendts Revolutionstheorie und Popitz' Machtverständnis an. In diesem Traditionspfad entsteht Macht durch Vernetzung von Individuen als Gleiche unter Gleichen auf Augenhöhe und gibt diesen die Gestaltungsmacht, ihr Leben selbstbestimmt zu führen und ihre Umwelt gleichberechtigt zu gestalten. Oder es gibt ihnen die Macht, sich einzureden, dass demokratische Herrschaft voll super sei. ›Macht‹ wird hier also als etwas eher Neutrales mit Werkzeugcharakter verstanden. Schlagwörter wie Definitionsmacht, Arbeiter*innenmacht, Gegenmacht, Organisationsmacht und ähnliche Positivbezüge auf Macht sind Konzepte, die von diesem Erbe zeugen.
Adbusting - Spraydose gegen Konsum. ZDF.kultur, 2011. Im Internet einsehbar unter
https://youtube.com/watch?v=7bu3asr4ZAg
Lasn, Kalle: »Why won't anyone say they are jewish?« In: Adbusters, März/April 2004. Im Internet einsehbar unter
https://canadiancoalition.com/adbusters01
Vgl. Sunshine, Spencer: Die rechte Hand von Occupy Wall Street. In: jungle world, 11.12.2014. Im Internet einsehbar unter jungle.world/artikel/2014/50/die-rechte-hand-von-occupy-wall-street
»A lot of ink has been spilled chronicling the pro-Israel leanings of American neocons and fact that a the disproportionate percentage of them are Jewish.« Lasn, Kalle: »Why won't anyone say they are jewish?« In: Adbusters, März/April 2004 (s.o.)
Vgl. Sunshine, Spencer: Die rechte Hand von Occupy Wall Street. In: jungle world, 11.12.2014.