Auseinandersetzung mit der Freiburger Erinnerungskultur Feierliche Einweihung der neuen Infotafel für den Mutterbrunnen in der Oberwiehre

Politik

Nach jahrelangen Vorbereitungen wurde heute, am 08. März 2021, im Rahmen einer feierlichen Zeremonie die lang ersehnte Kontextualisierungstafel für den während des NS-Regimes erbauten Mutterbrunnen vom Komitee für die endgültige Abschaffung von NS-Propaganda & Patriarchat (kurz - KEANPP ) eingeweiht.

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Foto: Neue Infotafel beim Mutterbrunnen am Wilhelm-Eschle-Platz in der Oberwiehre.

9. März 2021
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Während einzelne Strassen in Freiburg bereits umbenannt wurden, blieb der sogenannte Mutterbrunnen am Wilhelm-Eschle-Platz in der Oberwiehre bislang unkommentiert. Der unter dem Namen Der deutschen Mutter 1934 eingeweihte Brunnen zeigt die klassische Mutterfigur in nationalsozialistischer Prägung, umringt von drei nackten Kindern, und versinnbildlicht damit die im NS propagierte Frauenrolle. In der nationalsozialistischen Geschlechtervorstellung nahm die Frau eine untergeordnete Stellung in der Gesellschaft ein, sie war idealtypisch zur Mutter des »arischen« Nachwuchses bestimmt.

Dieses Mutterbild umfasste neben der Gebärfreudigkeit die »Erbgesundheit« und die »Reinheit der Rasse« als Garant der Zukunft und Unsterblichkeit des deutschen Volkes. Aber nicht jede Frau sollte Mutter werden, das »Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses« hatte unzählige Zwangssterilisationen zur Folge, deren Opfern in Freiburg kein Denkmal errichtet wurde.

Obwohl der Brunnen im Zuge des Baus der B31 entfernt wurde, entschied die Stadt Freiburg, ihn 2003 wieder aufzustellen. Dies sorgte damals für hitzige Diskussionen im Stadtrat und der Lokalpressee und gipfelte 2004 sogar in einem Farbanschlag auf das Denkmal. In der Freiburger Bevölkerung ist der Unmut über den Brunnen seither ungebrochen.

So zeigte sich Anwohnerin H. Dohm bei der Einweihung hocherfreut: „So etwas können wir nicht mehr dulden. Dieser Brunnen hätte schon vor Jahren entfernt oder zumindest kommentiert werden müssen." So verwundert es kaum, dass die Spenden für die Erklärungstafel in Windeseile zusammengetragen werden konnten. „Wir waren sehr überrascht, wie gross das Bedürfnis in der Bevölkerung war. Wir wurden von den Spenden wahrlich überschüttet" so die Sprecherin der KEANPP. „Wir haben hier wirklich einen Nerv getroffen."

Die Zeremonie wurde nicht nur von zahlreichen Anwohner*innen besucht, auch viele Vereinsvertreter*innen waren zugegen. „Dies ist ein wichtiger - und längst überfälliger - Schritt für die Erinnerungskultur Freiburgs. Erinnerungsarbeit ist ein wichtiger Baustein unserer Gesellschaft, der ständiger Überprüfung und kritischer Auseinandersetzung bedarf " so A. Astmann, Vorstand des internationalen Vereins Kulturelles Gedächtnis.

Es bleibt zu hoffen, dass sich das KEANPP noch vielen weiteren Objekten annimmt, und damit zur kritischen Auseinandersetzung mit der Freiburger Erinnerungskultur und unseren heutigen Rollenbildern anregt.

pm