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Martin Sellner Besuch: Chemnitz auf dem Weg zum Zentrum der Identitären Bewegung in Deutschland

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Chemnitz auf dem Weg zum Zentrum der Identitären Bewegung in Deutschland Martin Sellner im Chemnitzer Rathaus

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Politik

Auf den Freitag, 4. Juli hat sich der rechtsextreme, österreichische Populist Martin Sellner zum wiederholten Mal in Chemnitz angekündigt.

Keine Nazis in unserem Rathaus!
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Keine Nazis in unserem Rathaus! Foto: chemnitz_verbindet (PD)

Datum 3. Juli 2025
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Auf Einladung der Freien Sachsen soll er im Chemnitzer Rathaus seine rassistischen Thesen diskutieren können. Die Radiotipi-Redaktion von Radio-T aus Chemnitz hat zusammengetragen, was zum Auftritt des Neonazis Sellner in Chemnitz bisher bekannt ist.

In Chemnitz hat eine Ankündigung der rechtsradikalen Partei „Freie Sachsen“, dass sie Martin Sellner am kommenden Freitag, dem vierten Juli 2025, zu einer öffentlichen Fraktionssitzung ins Chemnitzer Rathaus eingeladen haben, grosse Empörung erzeugt.

Der Österreicher Martin Sellner ist ein rechtsextremer Vordenker der Identitären Bewegung IB. Im November 2023 war Sellner der Vortragende bei einem Treffen von populären Rechtsextremen in Potsdam. „Laut Recherchen von Correctiv trug Sellner dort einen „Masterplan zur Remigration“ vor, auf dessen Anstoss über die Vertreibung von Ausländern und deutschen Staatsbürgern mit „ausländischen Wurzeln“ aus Deutschland beraten wurde. Der Bericht über das Treffen war Auslöser für massive Proteste gegen Rechtsextremismus in ganz Deutschland“. (So Wikipedia) In den ersten Wochen des Jahres 2024 gingen deshalb mehrere Millionen Menschen überall in Deutschland gegen die AfD und ihr rechtsextremes Netzwerk auf die Strassen.

Der österreichische Neonazi Sellner zeigt sich immer öfter in Chemnitz. Er war bereits mehrmals Redner bei Veranstaltungen im Zentrum Chemnitz der Identitären Bewegung. Dass er jetzt von den Freien Sachsen in einer provokanten Aktion ins Chemnitzer Rathaus eingeladen wird, zeigt deutlich, dass das Stimmungsbarometer der sächsischen Rechtsextremen unangemessen hoch hängt, trotz Kultur-Hauptstadt-Jahr und trotz der vielfältigen Proteste gegen die mehrfache Anwesenheit des österreichischen Mediennazis Sellner in Chemnitz.
Nachdem die Identitäre Bewegung ihr Zentrum in Halle wegen nachhaltigen Protesten dichtmachen musste, haben sie inzwischen Chemnitz zur neuen Deutschlandzentrale erkoren. Das Geld für das Zentrum-Chemnitz kam vom Ex-CDU-Finanzsenator Peter Kurth aus Berlin. Und der Leiter der IB in Chemnitz, Vincenzo Richter, ist seit April letzten Jahres auch der Bundesleiter der Identitären Bewegung.

Wo die Gemeinsamkeiten zwischen den verschiedenen rechtsextremen Organisationen liegen, macht die Fraktion der Freien Sachsen im Chemnitzer Rathaus in ihrer Einladung zu Sellner ganz offen, sehr deutlich: die Freien Sachsen wollen zusammen mit Sellner und „vielen anderen Gästen die Möglichkeiten der Remigration auf kommunaler Ebene ausloten“. Sellner soll also seine menschenverachtenden Thesen, gegen die bereits Millionen von Menschen in ganz Deutschland auf die Strasse gegangen sind, im Kreis gleichgesinnter Kamerad*innen, im Chemnitzer Rathaus, wiederholen und erneut öffentlich diskutieren dürfen.

In der Chemnitzer Lokalpresse wurde zwar gross verkündet, dass die Stadt Chemnitz „die Nutzung eines Beratungsraums für eine Veranstaltung der Fraktion Pro Chemnitz/Freie Sachsen“ abgelehnt hätte. Die Chemnitzerinnen sind trotzdem sehr enttäuscht, dass es vom Rathaus kein politisches Statement gibt, sondern wieder nur einen Verwaltungsakt: „Die FREIEN SACHSEN haben bloss keinen grossen Raum für eine öffentliche Veranstaltung mit Sellner bekommen. Aber die Stadt verhindert nicht, dass Sellner ins Rathaus gehen kann.“

Die Freien Sachsen haben entsprechend in einer öffentlichen Erklärung verkündet, dass der Raumnutzungsvertrag für Freitag durch die Stadt Chemnitz gekündigt worden sei. Dagegen klagen die Freien Sachsen und sind zuversichtlich, dass sie Sellner am Freitag im Rathaus in Chemnitz begrüssen können.

Während in Chemnitz noch um den richtigen Umgang mit österreichischen Neonazis gerungen wird, hat Augsburg derweil eine andere Vorgehensweise gewählt: die Stadt Augsburg hat Sellner nach der Ankündigung eines Vortrags in Augsburg mit einem „Stadt-Betretungsverbot“ an der Durchführung der angekündigten Veranstaltung am 1. Juli ERFOLGREICH gehindert. Allerdings scheint dabei die Augsburger Stadtverwaltung, nach Meinung der „DAZ“, von Sellner erfolgreich ausgetrickst worden zu sein. Der hatte seine Veranstaltung so organisiert, dass die Teilnehmenden am Dienstag an einem geheimen Platz in Augsburg abgeholt wurden und zum Veranstaltungsort ausserhalb der Stadt mit einem Shuttledienst gelangt seien. Die von der Polizei am Dienstag gestürmte und aufgelöste Veranstaltung im Roten-Tor-Park war, nach dem Betretungsverbot der Stadt, anscheinend nur zur Ablenkung inszeniert worden.

Auch wenn der Mediennazi Sellner bereits am Donnerstag verkleidet ins Chemnitzer Rathaus schleicht und dort auf dem Klo der Freien Sachsen die Nacht durchmacht, oder wenn er gar nicht ins Rathaus kommen sollte, der Vorstoss der Freien Sachsen zeigt deutlich, was zu erwarten ist, wenn Sellner, Kohlmann und die AfD nicht entschlossen von einer wachsamen und verteidigungsbereiten Zivilgesellschaft ins Museum verfrachtet werden.

Die Initiative „chemnitz_verbindet“, gegen den Auftritt des Mediennazis Sellner, wünscht sich, dass am kommenden Freitag möglichst viele Menschen um 17 Uhr zum Rathaus in Chemnitz kommen. Dann soll es eine Veranstaltung und eine Menschenkette geben. Der erneute Auftritt von Martin Sellner gehe nicht nur die Chemnitzerinnen an: Besonders herzlich eingeladen seien deshalb auch „Kulturhauptstadtbesucher*Innen aus Aue, Pirna, Zwickau, Schwarzenberg, Plauen, Bayern, Jena, Erfurt, Leipzig, Dresden und natürlich aus der Hauptstadt und von überall! Die Aktivitäten der rechtsextremen Scharfmacher in Chemnitz gehen uns ALLE an.“

Es gibt eine aktuelle Webseite zu den Protesten von „chemnitz_verbindet“ - alles klein geschrieben: „omas gegen rechts minus chemnitz punkt de slash news slash chemnitz minus verbindet“

Bei arte und auf YouTube gibt es eine aktuelle Dokumentation mit dem Titel „Re Doppelpunkt Influencer von Rechts“. Dort werden die Neonazis aus Chemnitz und Österreich und die Gefahr, die von Ihnen ausgeht, anschaulich vorgestellt.

Von der Radiotipi-Redaktion von Radio-T gibt es ein Radiofeature über „Nazis aus Österreich“. Radio-T wird diese Sendung am Samstag, dem 5. Juli um 15 Uhr als Radiospezial wiederholen. Die Sendung ist auch online abrufbar auf der Webseite „freie minus radios Punkt net“ unter dem Sendungstitel: „Oessipop: Martin Sellner in Chemnitz, alte und neue Nazis und Populisten in Österreich und Deutschland“.

frieder, radiotipi, radio-t (chemnitz)