Unter dem Motto „ÖPNV statt Panzer“ haben Klimaaktivist*innen vom 30. April bis 3. Mai Aktionstage gegen die geplante Panzerfabrik in Görlitz gestartet. Neben Infoständen vor dem Werkstor und in der Innenstadt sind die Aktivist*innen auf der 1. Mai-Kundgebung in Görlitz mit ihren Forderungen aufgetreten. Dort wurden Materialen gegen die Panzerfabrik verteilt. „Eine wichtige Produktionsstätte für Klimaschutz und Verkehrswende verschwindet, dafür wird das Massenmorden vorbereitet. Wir wollen gegenhalten - und aus dieser "Konversion rückwärts" ein starkes Symbol gegen die Mobilmachung, gegen Militarisierung und Kriegstüchtigkeit machen“ erklärt Jörg Bergstedt.
Der langjährige Bewegungsaktivist und Mitbegründer der Projektwerkstatt Saasen bei Giessen ist Teil des Teams, das die Aktionstage in Görlitz vorbereitet. „Für uns ging es darum, in diesen Tagen Kontakt mit den Beschäftigten in Görlitz aufzunehmen“, erklärt Bergstedt. Er und seine Mitstreiter*innen haben in den letzten Wochen mehrmals Görlitz besucht. Allerdings bestanden die Kontakte zunächst vor allem zu ausserparlamentarischen Linken, die man als Mitstreiteier*innen für die Aktionstage gewinnen wollte. Das war allerdings nicht immer einfach.
Bergstedt zeigte sich zunächst positiv überrascht, dass es eine durchaus wahrnehmbare autonome Szene in Görlitz gibt. Allerdings gäbe dort durchaus nicht nur Zustimmung zu den antimilitaristischen Aktivitäten. „Ich habe mit Personen aus der autonomen Szene gesprochen, die die Panzerfabrik begrüssten. Die militaristische Zeitenwende macht auch vor Teilen der Linken nicht halt, die plötzlich in den Ruf nach „Verteidigung vor den Russen“ einstimmen.
Nicht unser Krieg – nicht unsere Schlacht
Das macht für Bergstedt und seine Mitstreiter*innen die Aktionstage um so wichtiger. „Wir gehen zu den Menschen, die als einzige in der Lage sind, die Aufrüstung und Kriegsvorbereitung zu stoppen. Das sind die Arbeiter*innen, die die Waffen und Panzer herstellen sollen“, betont Bergstedt. Damit knüpft er an die antimilitaristischen Positionen des linken Flügels der Arbeiter*innenbewegung während des ersten Weltkriegs an. Wie vor über 100 Jahren wird der Aufrüstungskurs nicht nur von der SPD, sondern auch von einem grossen Teil der Führung der DGB-Gewerkschaften unterstützt.Auch die Umstellung von der Bahn- zur Rüstungsproduktion in Görlitz wird von Wirtschaft, IG-Metall-Führung und den meisten Parteien verteidigt. Lediglich die LINKSPARTEI unterstütze in Görlitz die Forderungen der Aktivist*innen. Mit der Führung der IG-Metall wollen sie keine Gespräche führen, sondern gleich mit den Beschäftigten ins Gespräch kommen. „Das haben wir aus unseren Fehlern in Wolfsburg gelernt“ betont Bergstedt. In der VW-Stadt hatten die Aktivist*innen unter dem Motto „VW heisst Verkehrswende“ zwei Jahre dafür geworben, dass dort künftig statt Autos Bahnen gebaut werden.
Sie hatten am Anfang versucht, mit der Wolfsburger IG-Metall ins Gespräch zu kommen. Im Nachhinein sieht Bergstedt hierin einen Fehler. „Wir haben dadurch viel Zeit verloren. Statt dessen hätten wir früher direkt mit den Beschäftigten in Kontakt treten sollen“ so Bergstedts Resümee aus den Wolfsburger Erfahrungen. Tatsächlich ist es den Aktivist*innen in Wolfsburg gelungen, einige Betriebsräte und Beschäftigte für die Verkehrswende zu begeistern. Daran wollen sie in Görlitz anknüpfen. „Zivile Produktion erhalten. Die Fabriken, denen die darin arbeiten“ lauten die beiden zentrale Forderungen der Aktionstage.
Eine solche antimilitaristische Aktion, die mit den Arbeiter*innen die Vorbereitung für die neuen Kriege verhindern will, sollte Schule machen. Hier ergibt sich auch eine Kooperation zwischen Klimagerechtigkeits-, Antimilitarismus- und Arbeiter*innenbewegung.