Verantwortliche zur Rechenschaft ziehen Giftmüll auf der A49-Trasse: Baustopp ausweiten

Politik

In den Monaten September – Dezember 2020 beteiligten sich Aktivisti der Gruppe Lebenslaute aus Hessen etliche Male an Aktionen zivilen Ungehorsams gegen den Bau der A49 im Dannenröder Wald.

Besetzung des Dannenröder Forsts bei Marburg mit Baumhäusern als Protest gegen den Bau der A49 durch den Wald am 8. Oktober 2020.
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Besetzung des Dannenröder Forsts bei Marburg mit Baumhäusern als Protest gegen den Bau der A49 durch den Wald am 8. Oktober 2020. Foto: Leonhard Lenz (PD)

20. Mai 2022
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Auch nach der Räumung der besetzten Waldstücke und dem Trassenbau hörten wir damit nicht auf. So beteiligten wir uns im April 2021 an einer Blockade der B62 an der Stelle einer künftigen A49-Brücke über das Gleental und blieben als Teil der Solidaritätsbewegung für die bis vor kurzem inhaftierte Aktivistin "Ella" aktiv.

Am 4. März 2021 begrüssten wir die Stadtverordneten Frankfurts am Eingang ihres Sitzungsraums mit Musik, die sie nicht bestellt hatten. Das war der Tag ihrer letzten Versammlung vor den Kommunalwahlen 2021. Deshalb verteilten wir auch ein Flugblatt (siehe unten), in dem auf die Gefährdung der Trinkasserversorgung des gesamten Rhein-Main-Gebiets hinwiesen wurde, die sich durch die hochgradig toxische Hinterlassenschaft der WASAG im Bereich Stadtallendorf und deren Nähe zum Grundwasserkörper ergibt, aus dem wir in der Region jedenfalls teilweise unser Trinkwasser beziehen. Wir wurden freundlich belächelt oder ignoriert.

Es ist seit vielen Jahren bekannt, was jetzt zum Baustopp der A49 im Bereich des Herrenloswalds geführt hat. Und es steht in seiner Entstehungsgeschichte wie ein Symbol für die Notwendigkeit einer Verkehrswende, ja eines „system-change, not climate change“, wie eine bekannte Losung der Klimagerechtigkeitsbewegung lautet: hochtoxischer Müll aus einer der seinerzeit grössten Sprengstoff-Fabriken Europas, in dem zu Zeiten des deutschen Faschismus insgesamt 15.000 Zwangsarbeiter:innen für die Wehrmacht schuften mussten, kommt in seiner ganzen lebensbedrohenden Giftigkeit heute wieder hoch – durch einen völlig überflüssigen, das Klima bedrohenden Autobahnbau. Die Kausalkette Nazifaschismus – Zwangsarbeit - toxische Munition für die Wehrmacht – Autobahnbau droht (nicht erst) heute das Trinkwasser von über einer halben Million Menschen der Rhein-Main-Region zu vergiften.

Das ist eine belegbar seit langem bekannte Gefahr, von den Verantwortlichen in DEGES, Autobahn GmbH, Bundesverkehrsministerium, Hessischem Wirtschafts- und Verkehrsministerium, Regierungspräsidium Giessen, Wirtschaftskreisen des Vogelsbergkreises, allen sie unterstützenden Parteien (CDU, FDP, SPD, GRÜNE), von der kommunalen bis zur Bundesebene ignoriert, kleingeredet, weggedrückt. Demnächst müssen wir vermutlich mitansehen, wie diese Gefahr nicht entschlossen an ihrer Wurzel beseitigt, sondern die Verantwortung zwischen den Genannten hin- und hergeschoben wird.

Das wollen wir nicht.

Wir fordern deshalb einen sofortigen vollständigen Baustopp der A49 und eine grundlegende Verkehrswende einschliesslich einer kompletten Revision des verfassungswidrigen Bundesverkehrswegeplans.

Wir fordern Aufklärung: welche Arbeiter:innen an welchen Bauabschnitten waren durch die Hinterlassenschaften der WASAG gefährdet? Wohin ist der giftige Müll verteilt, wer ist damit möglicherweise kontaminiert worden?

Wir fordern Priorität des Trinkwasserschutzes für die Vogelsberg- und die Rhein-Main-Region vor dem Bau der A49: Arbeits- und Gesundheitsschutz vor Autobahnbau!

Wir fordern, für die vollständige und sichere Beseitigung der Giftmüllreste den Rechtsnachfolger der WASAG, die DEGES und die Autobahn GmbH finanziell heranzuziehen.

Wir fordern, die Verantwortlichen aller Ebenen in Kommunen, Kreis, Land Hessen und Bund zu benennen und zur Rechenschaft zu ziehen - mit gleichem Verfolgungseifer wie gegen Ella und andere Klima-Aktivisti!

Netzwerk widerständiger Musikerinnen und Musiker