Wer aus den eigenen Reihen hatte den gegen ihn opponiert? Waren es einzelne unzufriedene linke Sozialdemokrat*innen, rechtschafffend-christliche Arbeitnehmer-CDUler*innen oder solche, die eine gemeinsame Regierung mit der AfD anstreben? Der dem Beifall und der demonstrativen Geschlossenheit werden die Bruchlinien sicherlich in den nächsten Jahren zu sehen sein…
Aber einer muss den Job ja machen, oder? Was wäre geschehen, wäre Merz nach grundsätzlicher Ansage in der Pause auch im zweiten Wahlgang durchgefallen? Könnte dann endlich mal Anarchie „herrschen“ oder würde es zu einem faschistischen Bürgerkrieg kommen? Wir wissen es nicht. Vielleicht sehen wir es nach vier Jahren, wer weiss…
Doch nimmt Merz wie Jesus – er nimmt das Kreuz der Kanzlerschaft auf sich, trägt die BRD weiter und verkörpert nebenbei die völlig uninspirierende Langeweile der älteren Generationen dieses Landes. Mit dem Unterschied selbstverständlich, dass Gottes Sohn die Schuld der Sünder auf sich nahm. Merz nimmt die Schulden der deutschen Volkswirtschaft auf sich (war wohl ein Wahlversprecher) und erlässt den Bonzen ihre Sünden. Denn man muss bedenken, dass die Blackrockefellers es auch nicht leicht haben, in diesen unsicheren Zeiten… Mit dem rundum unbeliebten und als nicht führungsstark beschriebene Scholz gehen auch seine technokratischen Minister*innen des progressiven Neoliberalismus. Damit vollzieht sich also die politische Zeitenwende und ein autoritär-konservative Bonzenkabinett übernimmt. Weg mit den Sozialschmarotzern und Migrantinnen, heisst es nun, Arbeit macht high und mit Raketengeschwindigkeit wird Innovation betrieben. Das geht selbstverständlich nur, wenn die Überreichen nicht zur Kasse gebeten werden für die gesellschaftliche Arbeit aus welcher sie ihren Reichtum schöpfen.
Wer darf dann also in den nächsten Jahren vor die Kameras treten, Sitzungen leiten und Entscheidungskompetenz beanspruchen in den entsprechenden Faschressorts?
- Katharina Reiche wird im Bundeswirtschaftsministerium die Kernenergielobby bedienen
- Alexander Dobrindt wird Innenminister, forderte 2018 eine „konservative Revolution“, schwafelte von einer „Anti-Abschiebe-Industrie“, warnte vor der Entstehung einer „Klima-Chaoten-RAF“ und richtet sich gegen die Ehe für alle
- Deutschland in der Welt repräsentieren darf nun der nichtssagende Jurist und Parteisoldat Johann Wadephul im Aussenministerium
- ebenfalls ein Rechtsanwalt und zudem Burschenschaftler wird Verkehrminister: Patrick Schnieder
- eher gemässigt-vermittelnd soll dann Karin Prien im Ministerium für Bildung und Familie auftreten
- im Gesundheitsministerium übernimmt Nina Warken die Lobbyarbeit ihres Vorgängers
- Fleischermeister Alois Rainer ministriert nun für Ernährung und Landwirtschaft. Wenn's nach ihm geht, sollen schon Kinder mehr Fleisch aus subventionierter Massentierhaltung essen
- eine besondere Überraschung von Merz ist sein Bundesminister für Digitalisierung und Staatsmodernisierung: Der parteilose Wirtschaftsboss Karsten Wildberger soll den Staat mit seiner Aussenperspektive effizienter machen
- aus einer katholisch-konservativen Haltung heraus will Dorothee Bär im Ministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt deutsche Raketen ins All schiessen
- Doch auch die SPD darf weiterhin ein gehöriges Wörtchen mitreden. Damit die Rüstungsindustrie mit Sicherheit genug Aufträge erhält, übernimmt Lars Klingbeil das Wirtschaftsministerium
- der bliebte Boris Pistorius wird im Verteidigungsministerium weiterhin daran arbeiten, die BRD kriegstüchtig zu machen
- dagegen sorgt Bärbel Bas als gute Seele des schlechten deutschen Gewissens im Ministerium für Arbeit und Soziales dafür, dass „als sozial gilt, was Arbeit schafft“
- Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung wird es mit der unverbrauchten und karriereorientierten Verena Hubertz geben, die als Startup-Unternehmerin sicherlich zum Mindset von Friedrich connecten kann
- die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz wird Stefanie Hubig, durch welche jene, denen Recht gewährt wird, hoffentlich Gnade zu Teil wird
- und schliesslich werden internationale Abhängigkeiten mit Reem Alabali-Radovan im Entwicklungsministerium kaschiert
Ganz schön viele Minister*innen hat Friedrich Merz da aufgestellt! Der Staat mischt sich in recht viele Angelegenheiten ein, welche die Bürger*innen häufig auch selbst klären könnten. Doch haben sie nicht die politischen Netzwerke und Seilschaften, nicht die Lobbykontakte und parlamentarisch-ministerialen Abläufe verinnerlicht, die es braucht, um das Staatsschiff zu lenken.
Wir dürfen gespannt sein, wie Merzens Regierungsbilanz nach der berüchtigten 100-Tages-Marke ausfällt. Damit würde er immerhin seinen Namens-Vorgänger – Friedrich III. – überbieten, der schliesslich nur 99 Tage preussischer König und deutscher Kaiser war. Der gute Mann war starker Raucher und an schwerem Kehlkopfkrebs erkrankt. Es heisst sein Motte wäre gewesen: „Lerne leiden, ohne zu klagen!“
Damit kehren wir also zu Jesus zurück, der das Kreuz für seine Blackrockefellers trägt, indem er mit dem Kanzleramt seines Vorgängers schon bei Antritt dessen Unbeliebtheit erbt. Mögen wir ihn die nächsten Jahre ertragen ohne durchzudrehen. Und uns auf den anschliessenden Staatsumbau durch die AfD vorbereiten…