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Berlin: Gegen Verdrängung und Gentrifizierung – auch in Lichtenberg | Untergrund-Blättle

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Interview mit Mitgliedern der Berliner Mietergemeinschaft Berlin: Gegen Verdrängung und Gentrifizierung – auch in Lichtenberg

Politik

Am 02.07.2018 veranstaltet die Lichtenberger Ortsgruppe der Berliner Mietergemeinschaft eine Veranstaltung zur nachbarschaftlichen Organisierung im Kiez und um die Nachbarschaften im Kampf gegen Verdrängung und Mietspekulation zu organisieren. Ein Interview mit den Aktivisten.

Berlin, Lichtenberg: Blick zum Berliner Stadtzentrum, im Vordergrund die Strasse Alt-Friedrichsfelde.
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Berlin, Lichtenberg: Blick zum Berliner Stadtzentrum, im Vordergrund die Strasse Alt-Friedrichsfelde. Foto: Dellex (CC BY-SA 3.0 unported - cropped)

29. Juni 2018
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In Lichtenberg gibt es seit etwas kürzerer Zeit eine Ortsgruppe der berliner Mietergemeinschaft. Wer seid ihr, warum Lichtenberg?

Wir sind ca. 8 aktive Mitglieder der Berliner Mietergemeinschaft e. V., die sich seit ca. 4 Jahren jeden 1. Montag im Monat in der Kiezspinne als Bezirksgruppe Lichtenberg treffen. Während die BMG allgemein Rechtsschutz für Berliner Mieter leistet und ihre politische Zeitschrift, das Mieterecho, herausgibt, stellen die Bezirksgruppen den Versuch dar, im Stadtbezirk politisch aktiv zu werden um die speziellen Mieterprobleme vor Ort anzugehen.

Anders als beispielsweise Kreuzberg oder Neukölln ist Lichtenberg ja kein Stadtteil, der besonders beliebt bei Tourist_innen ist. Was sind die konkreten Probleme in diesem Stadtteil?

Lichtenberg hat zwar nicht so ein grosses touristisches Problem wie Friedrichshain, Kreuzberg oder Mitte, aber die Verdrängten aus der Innenstadt sind bei uns gelandet. Der Wohnungsleerstand ist gering, die Neubaumieten oft unbezahlbar oder es werden Eigentumswohnungen gebaut. Traditionell ist Lichtenberg eher von Genossenschafts- und öffentlichem Wohnungsbestand geprägt, aber das ändert sich rasant: in den letzten Jahren treten auch hier börsennotierte Wohnungs-AGs auf den Plan. Das stellt Tausende Mieter und Mieterinnen vor bisher unbekannte Probleme. In den Wohnanlagen z. B. der Deutschen Wohnen oder von Akelius kämpfen die Mieter und Mieterinnen mit Modernisierungsankündigungen, Mieterhöhungen und überhöhten Nebenkostenabrechnungen und es gibt Verdichtungsneubauten in unserem Bezirk, die das bisherige Wohnumfeld einschränken. Dabei wollen wir nicht tatenlos zusehen, sondern Öffentlichkeit schaffen und positive Veränderungen für die Mieter und Mieterinnenbewirken.

Was sind eure Ziele durch die Vertretung in Lichtenberg vor Ort? Welche Aktionen habt ihr geplant und was können wir in Zukunft von euch erwarten?

Wir wollen in unseren Kiezen und in der Nachbarschaft auf zu hohe Mieten und sonstige Frechheiten der Vermietungsfirmen aufmerksam machen, die Nachbarn und Nachbarinnen aufwecken, dazu mobilisieren aktiv mitzuarbeiten oder sich gemeinsam zu wehren. Dabei wollen wir den Mietern und Mieterinnen Unterstützung und Hilfestellungen geben z. B. bei der Durchführung von Hausversammlungen oder Nachbarschaftstreffs. Wir wollen unterstützen bei der Bildung von Mieterinitiativen im Bezirk. Wir haben u.a. auf die illegale Praxis des spekulativen Leerstands durch die Deutsche Wohnen AG aufmerksam gemacht, die Milieuschutzinitiative Weitlingkiez mit Unterschriftensammlungen und Plakate kleben unterstützt, traten mit ihnen gemeinsam in der BVV auf, machten in der Nachbarschaft auf die grosse April-Mietendemo aufmerksam, nahmen als Bezirksgruppe an der Organisation der Mietendemo und selbst als Bezirksgruppe daran teil. Seit diesem Jahr sind wir dabei, zusammen mit weiteren politischen Akteuren im Bezirk regelmässig öffentliche mietenpolitische Veranstaltungen zu organisieren.

Ihr macht ja am 28.06.2018 eine Veranstaltung in der lichtenberger Kiezspinne und am selben Ort nochmal am 02.07.2018 einen Workshop. Im Rahmen der Veranstaltung arbeitet ihr ja zum Beispiel auch mit der radikalen Linken Berlin Zusammen. Wie funktioniert diese Zusammenarbeit?

Nur gemeinsam und als grosse Masse können wir eine Veränderung in der bisherigen Wohnungspolitik bewirken. Und das Ziel, angemessener Wohnraum für alle, das Recht auf Wohnen, haben wir mit der Radikalen Linken Berlin gemeinsam. Warum soll man sich da nicht gegenseitig unterstützen und Hilfe geben und annehmen? Wir sind ja alle berufstätig, haben Familien etc.: Ohne die Unterstützung der RLB hätten wir die kommende Veranstaltung nicht organisieren können. Eine Zusammenarbeit können wir uns auch mit weiteren politischen Akteuren und Akteurinnen vorstellen, wie das in anderen Stadtteilen ja bereits geschieht.

Worum geht es euch konkret und was sind eure Erwartungen an die beiden Veranstaltungen?

Einerseits möchten wir als Bezirksgruppe konkret von aktuellen Problemen in unseren Kiezen erfahren. Oft erfahren wir überhaupt erst, wenn uns Mieter und Mieterinnen direkt berichten, dass bspw. die Deutsche Wohnen irgendwo neue Schweinereien plant. Wir möchten zum anderen eine breitere Organisation in der Nachbarschaft anstossen. Die Nachbarn sollen sich kennenlernen und gegenseitig unterstützen, sie sollen erfahren, welche Initiativen es bereits in der Stadt gibt, sollen möglichst dann selbst mitarbeiten wollen. Und warum nicht direkt bei uns? Wir möchten die wachsenden Wohnungsprobleme in unserem Bezirk ein wenig mehr öffentlich machen. Dazu soll dann auch das Arbeitstreffen am Montag, den 02.07.18, genutzt werden.

Hubert Maulhofer / lcm

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