Taugt die Unterscheidung zwischen links- und rechtsantideutsch? Klare Kante statt Opportunismus

Politik

Die AfD-Lobreden von Thomas Maul sind kein Ausfall, sondern logisches Resultat eines sich konsequent nach rechts orientierenden politischen Diskurses.

Oldenburg (Oldb), Pferdemarkt: Ein zerstörtes Wahlplakat der Partei
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Oldenburg (Oldb), Pferdemarkt: Ein zerstörtes Wahlplakat der Partei "AfD" zur Bundestagswahl 2017. Foto: Anaconda74 (PD)

1. August 2018
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Der Experte für Rechtsabweichungen Abu Wertmullah Al Takfiri erklärt, warum die Unterscheidung zwischen links- und rechtsantideutsch nichts taugt:

Kürzlich tat sich Thomas Maul, seines Zeichens Autor des absurderweise gelegentlich noch als „Korrektiv“ des linken Diskurses geltenden Zeitschrift „Bahamas“, als Faschistenversteher hervor. Diesmal äusserte er sich lobend zur AfD, die er am 9. Mai 2018 nach einer Rede des Fraktionsvorsitzenden Gauland anlässlich des 70-jährigen Bestehens des israelischen Staates, als „objektiv [...] einzige Stimme der Restvernunft im Bundestag“ bezeichnete.

Im Dezember 2017 hatte sich Bahamas-Männerbund-Chef Justus Wertmüller zu einer Rede auf einer Kundgebung gegen Islamismus am Berliner Breitscheidplatz hingerissen, an der auch die AfD und Mitglieder der Identitären Bewegung (IB) teilnahmen. Damit ist der praktische wie theoretische Schulterschluss von Teilen der „Antideutschen“ zur protofaschistischen und nationalkonservativen Rechten vollzogen. Dieser Artikel wird nicht wiederholen, was an anderer Stelle bereits dutzende Male bezüglich des antimuslimischen Rassismus, des Antifeminismus, des Pro-Militarismus, zu Kriegstreiberei (Bellizismus), Pro-Imperialismus und eurozentristischen Neo-Kolonialismus, frühen Positivbezügen auf die Neue Rechte, sowie der Klassenfeindlichkeit dieser rechten Ex-Linken, dokumentiert wurde.

Hier soll das Problem im Fokus stehen, dass es trotz dieser vollkommen klaren Hinwendung zur Programmatik der Neuen Rechten, zu keinerlei kritischen Auseinandersetzung im sogenannten „antideutschen“ Milieu über die offensichtliche Anschlussfähigkeit weiter Teile ihres Diskurses nach rechts kommt. Im Zuge der Äusserungen von Maul wird verstärkt irgendwie versucht, eine Unterscheidung von „linksantideutsch“ und „rechtsantideutsch“ herzustellen. Was das letztlich inhaltlich bedeuten soll, bleibt schwammig. Verdeckt wird durch diese Scheindistanzierung nämlich, dass die entsprechenden Autoren der Bahamas bis heute von sich selbst als „emanzipatorisch“, „antifaschistisch“ und „linksantideutsch“ etikettierenden Gruppen, Studierendenvertretungen und Salon-Linken als Referenten eingeladen werden.

Ein völliger Irrsinn möchte man meinen, wenn ebendiese Autoren alles klassischerweise Linke demonstrativ ablehnen, und stattdessen den ideologischen Schulterschluss zu den „Zivilisationsbewahrern“ der Neuen Rechten suchen. Wo die nach rechts anschlussfähigen Positionen der Bahamas-Autorenschaft aber durch „emanzipatorische“ Gruppen befördert und ins linke Kleidchen gepackt werden, gibt es logischerweise auch Räume für rechte Positionen und anscheinend zunehmend rechte Personen, sowie eine opportunistische Haltung im angeblich linken Freundeskreis. Die rechten Positionen und AkteurInnen werden schlichtweg nicht problematisiert und ihnen damit ein ungehindertes destruktives Agieren in lokalen linken Zusammenhängen ermöglicht.

Die neueste Bemühung um die Unterscheidung von „links- und rechtsantideutsch” ist daher klar als Abwehr der Selbstkritik und Unfähigkeit zum dialektischen Denken im sogenannten „antideutschen Milieu“ zu bewerten. „Links-“, wie „Rechtsantideutsch“ sind zwei Seiten derselben Diskurs-Medaille. Beide beziehen sich auf mehr oder weniger rechte Inhalte und Strukturen des gleichen Diskurses. Das offensichtlichste Beispiel, ist die völlig undialektische und unmaterialistische Bezugnahme beider angeblich unterschiedlicher Positionen auf den israelischen Staat, die keine Kräfteverhältnisse und (Klassen-) Akteure, sondern nur das „Volksganze“ (Staat = „die Juden“ = Zionismus / muss vorbehaltslos gegen äussere Aggression verteidigt werden) kennt. Schon hier sehen wir, aus welch fruchtbarer Erde völkischer Nationalismus, Rassismus und Chauvinismus, eben nicht nur bei Maul und Co., entstammen.

Wer die Deutungshoheit über die Konflikte in Israel und Palästina aber dieser rechten Meinungshegemonie (egal welcher Coleur), dem Staat und damit der kulturalistischen Interpretation als angeblicher Religions- und Kulturkonflikt überlässt, anstatt ihn originär links als Kampf gegensätzlicher Klasseninteressen zu analysieren, bewegt sich im besten Fall auf dem politischen Niveau der Bundesregierung, oder findet seine Haltung im schlimmsten Fall in der AfD wieder. Bei der Entledigung jeglichen staatskritischen Verständnisses verwundert es dann auch kaum, wenn „Antideutsche“, unabhängig von Bahamas oder jungle World, in diesen Fragen der israelischen und europäischen Rechten näherstehen, als jeglichem marxistischen Verständnis von Gesellschaft und damit der Linken.

Es scheint, als ob Thomas Maul nun eine „antideutsche“, rechte Projektionsfläche ins Wanken bringt und durch seine inzwischen unverhohlen rechten Äusserungen eine entsprechende Identitätskrise auslöst. Dabei war das „Lob der AfD“ lediglich die einzig logische ideologische Konsequenz des bereits jahrzehntelang tobenden, „links-“, wie „rechtsantideutschen“ Kreuzzugs gegen Islam, gegen angeblich antisemitische Linke und gegen klassenkämpferische Positionen.

Faktisch hat sich das, was in den 1990er Jahren unter dem Label „Antideutsche“ als Erneuerungsbewegung der radikalen Linken angetreten war, als ein ungeheurer Rückschritt für uns erwiesen. Betrachten wir heute, wo die radikale Linke in Deutschland im internationalen Vergleich steht, müssen wir konstatieren, dass wir zu Recht als eurozentristischer Haufen mit absurder Haltung zum Nahostkonflikt und zu unseren eigenen gesellschaftlichen Verhältnissen gelten. Das weiss jede Person, die sich im Ausland mit Linken, unabhängig von der jeweiligen Strömung, unterhalten hat. Den durchschnittlichen Gesichtsausdruck müssen wir hier jetzt nicht beschreiben. Alle Debatten, die derzeit unter Mühe wieder aufgenommen werden, wie etwa jene über neue Klassenpolitik, Internationalismus und auch über Anti-Imperialismus und Anti-Kolonialismus, werden seit Jahren durch die Presseorgane des „antideutschen“ Diskurses torpediert. Mit der faktischen Konsequenz, dass die Linke sich grösstenteils aus diesen Diskursen und Praxen verabschiedet hat, während im Speziellen die ausserparlamentarische Linke über mehr als ein Jahrzehnt den Klassenkampf suspendierte.

Beispiele gefällig? Der Klassenkampf wurde jahrzehntelang als personalisiert (und damit strukturell antisemitisch abgestempelt) oder gleich als völlig antisemitisch denunziert [1]. Debatten, die einem angesichts des Klassenkampfs von oben, dem inzwischen ungebremsten Abbau an Arbeitsrechten und der immer prekäreren Beschäftigungsverhältnisse, geradezu absurd erscheinen müssen. Insgesamt ergab sich aus der vollkommenen Überdehnung des Antisemitismusbegriffs, der inzwischen im Prinzip mit „linker Politik” und nicht mehr mit anti-jüdischem Rassismus übersetzt werden kann, eine vollkommene Abkehr vom gemeinsamen Kampf – gemeinsam mit den ArbeiterInnen, mit der Bevölkerung. Während organisierter Klassenkampf in der Stadtteilbewegung nun erneut diskutiert wird, wird den ArbeiterInnen weiterhin als „Deutschen” und als „Muslimen” per se Antisemitismus, Verschwörungstheorien, Querfront [2] und Faschismus unterstellt.

Da reden wir noch nicht von der pauschalen Denunziation der Ökologie- und Friedensbewegung als (öko-)faschistisch oder genuin rechts – eine selbsterfüllende Prophezeiung, wie sich schlussendlich durch die Übernahme von Teilen der Bewegung durch Rechte zeigen sollte. Mit der faktischen Überreichung dieser Themen an die Rechte hat sich die Linke erfolgreich ihrer eigenen Inhalte beraubt, das Feld dem Kulturrassismus und damit der AfD überlassen. Und da wundert sich noch jemand über die Wahlergebnisse der AfD in ArbeiterInnenmilieus?

Aber zurück zum rechten Bahamas-Männerbund, der es sich schon früh zur Aufgabe gemacht hatte, die Linke zu zerstören, indem er sie und muslimische Communities explizit zu seinen Hauptfeinden erklärte. Das Problem ist offensichtlich nicht die rechte Truppe selbst, da ihre direkte personelle Reichweite recht begrenzt sein dürfte.

Offensichtlich sind es links erscheinende Figuren wie Jutta Ditfurth und ihre Partei Öko-Linx, angeblich „emanzipatorische“ Studierendenvertretungen, die in einigen Städten antideutsch-antinational gemischte postautonome Subkultur und ihre Mini-Gruppen, sowie zahlreiche angeblich linke Publikationen, welche die personellen und inhaltlichen Querverbindungen darstellen, da sie bewusst oder unbewusst die reaktionären Inhalte des Bahamas-Männerbunds in anderer Form weitertransportieren. Denn obwohl sich die sogenannten „Linksantideutschen“ öffentlich mit dem rechtsradikalen Bahamas-Männerbund nicht gemein machen wollen, stossen sie zu besonderen Anlässen entweder ins gleiche Horn. Sie machen die innerlinke Extremismustheorie auf und legitimieren damit die Ergüsse des Männerbundes. Schlussendlich kommt alles und jede_r noch mit dem reaktionärsten Scheissdreck durch und kann beim Barabend mit den „Bahamas-Kumpels” lässig das Bier im lokalen AZ schlürfen, ohne – wie es sich gehören würde – einen handfesten antifaschistischen Hausverweis zu erhalten.

Schauen wir uns doch die ideellen und strukturellen Überschneidungen zwischen angeblichen „Links- und Rechtsantideutschen” mal genauer an. Fangen wir mit der inhaltlichen Ebene an:
  • Solidarität mit der rechten, bis rechtsradikalen israelischen Regierung und Legitimierung der Besatzung, sowie der rechtsradikalen SiedlerInnenbewegung – check.
  • Prinzipielle Blockierung und Denunzierung sozialer Bewegungen / des Klassenkampfes durch Antisemitismus- (Rechtsantideutsch) oder Personalisierungs-Vorwurf (Linksantideutsch) – check.
  • Prinzipielle Denunzierung der Friedensbewegung als rechts mit pro-imperialistischer (rechtsantideutsch) oder bestenfalls keiner (linksantideutsch) Alternative – check.
  • Pauschale Denunzierung des Islam als Faschismus, und damit indirekt von, als muslimisch eingeordneten, MigrantInnen durch „Islamkritik“ (rechtsantideutsch) oder angeblich abstrakter „Religionskritik“, die vornehmlich gegen den Islam und fast nie gegen ähnliche Auswüchse im Christen- und Judentum geht (linksantideutsch) – check.
  • Prinzipielle Denunzierung der Ökologiebewegung als öko-faschistisch und fortschrittsfeindlich (links- und rechtsantideutsch) – check.
  • Klassenunabhängige Verachtung für die „Normal-“Bevölkerung als „Deutsche“ und damit Absage (rechtsantideutsch) oder Sabotage (linksantideutsch) von Arbeits- und Stadtteilkämpfen – check.
  • Totalitarismustheorie bezüglich des Realsozialismus (linksantideutsch) oder „Linksfaschismus” (rechtsantideutsch) - check.
Differenzen bestehen offensichtlich, je nach Schattierung, lediglich in der Flüchtlings-, Gender- und der KurdInnenfrage, die zunehmend durch „Linksantideutsche“ missbraucht wird. Während für „Antideutsche“ aller Coleur UltrarassistInnen in Israel, wie der israelische Verteidungsminister Avigdor Liebermann, scheinbar kein Problem darstellen, beziehen sich „Linksantideutsche” formal hierzulande noch auf den Kampf gegen „Rassismus“ und für Flüchtlingsrechte. Gleichzeitig setzen sie einen westlich-kolonialen Massstab an deren Länder an und optierten in der Vergangenheit stets für die Zerstörung ihrer Länder durch imperialistische Mächte.

Ideologischer Wahnsinn? Allerdings! Reicht dieser widersprüchliche Bezug auf LGBTI*, Frauen- und Flüchtlingsrechte für eine ausreichende Distanzierung von „Rechtsantideutschen“ aus? Offenbar nein. Angeblich „linksantideutsche“ Zusammenhänge schweigen sich entweder aus, bleiben vage oder tun sich schwer in der Distanzierung - wie etwa das zurechtgebogene Distanzierungsstatement der „Initiative gegen rechte Antideutsche“, die alle rechten Bezüge ihres Diskurses retten und sich gleichzeitig von den schlimmsten Auswüchsen distanzieren will. Wie wir oben sehen kann dieses Unterfangen bei einer fast deckungsgleichen inhaltlichen Agenda, die sich lediglich begrifflich anders verkleidet, nur misslingen.

Weiterhin ist strukturell festzuhalten, dass Mitglieder des Bahamas-Männerbundes offensichtlich besonders prominent in Frankfurt und Leipzig, aber auch in anderen Städten, von nominell „linken und/oder selbstverwalteten Räumen” und ASTAs Veranstaltungsorte gestellt bekommen. Das liegt daran, dass Autoren des Blatts in Zeitungen wie der in postautonomen Kreisen vielgelesenen Jungle World und konkret ihr rechtes Publizisten-Werk betreiben. Das betrifft auch weitere AnhängerInnen dieser Denkweise, wie z.B. AutorInnen der Phase2, die ihren rechten Diskurs sogar bis hinein in die nominell „bewegungslinke“ Analyse & Kritik (ak) tragen darf. Alle genannten Zeitungen schaffen durch die Präsenz rechter Positionen unter linkem Label eine Legitimation im linken Diskurs für neurechte Positionen und unterhöhlen damit einen revolutionär-linken, antistaatlichen Konsens. Beispiele in der Jungle World sind in vergangenen Jahren, wie im Jahr 2018 Thomas Maul (auch unter Pseudonym), Jan Gerber, Magnus Klaue, Tjark Kunstreich usw.

Das ist wenig überraschend, wenn man sich zugleich vergegenwärtigt, dass nicht nur die Bahamas, sondern zahlreiche AutorInnen der angeblich „linksantideutschen“ Jungle World inzwischen schon lange rechtskonservativ angekommen sind. Beispiele sind da Ivo Bozic, (Achse des Guten), Matthias Küntzel (Middle East Freedom Forum/ Die Welt) Thomas von der Osten-Sacken (Die Welt), Alexander Feuerherdt, (Achse des Guten) sowie Deniz Yücel (Die Welt/ TAZ), Martin Niewendick, (Die Welt) usw. Die Mischszenen ziehen dabei immer grössere Kreise, wie es die langjährigen Zusammenarbeit der Jungle World mit Stephan Grigat (Uni Wien/ Stop The Bomb), Sebastian Voigt (Bahamas/ BAK Shalom) und AfD-Fan Henryk M. Broder (Achse des Guten) zeigt. Daran schliessen sich Verlage wie der „Ça-ira”, oder die ehemals internationalistische „iz3w" nahtlos an. Wie geht linkes Denken eigentlich mit der eigenen Anschlussfähigkeit zur Springer-Presse und rechten Think Tanks zusammen? Und warum erzeugt es keinerlei Irritation bei angeblichen „Antideutschen“, wenn sie für Blätter arbeiten, die offensiv die deutsche (neo-imperiale) Aussenpolitik protegieren? Aus „Nie wieder Deutschland“ ist offensichtlich „Am deutschen Wesen wird die ganze Welt genesen“ geworden.

Also liebe „linksantideutsche“ Wendehälse, wir wollen dochmal festhalten: Ihr teilt nicht nur 90 Prozent des Weltbilds derer, von denen ihr euch jetzt angeblich distanzieren wollt, ihr stellt auch insgeheim – sei es aus „Freundschaft”, heimlicher Sympathie oder Opportunismus für die Diskursrebellen des rechten Männerbundes, deren Infrastruktur. Gleichzeitig bleiben eure Distanzierungen halbherzig; ihr empört euch über offene Sympathie mit der AfD, teilt aber gleichzeitig selbst viele Agendapunkte neurechter PublizistInnen, wie sogar aus euren eigenen Reihen schon klargemacht wurde. Ihr wollt angeblich sogar nichtmal wahrnehmen, dass die Hälfte eurer LieblingsautorInnen längst für rechte bürgerliche Zeitungen schreibt, oder jenen als rechte Think-Tanks beratschlagend zur Seite steht. Was das jenseits von diffuser Querfront, im Wortsinn als strategische, intentionale Zusammenarbeit mit rechten AkteurInnen, noch sein soll, bleibt euer Geheimnis. Wenn euch das jetzt empört: Gut so, ihr seid dran, dieses rechts-links Gemisch vor uns revolutionären Linken zu rechtfertigen, nicht umgedreht wir unsere schwer zu widerlegende Analyse.

Die schon immer antiquierte „innerlinke Extremismustheorie“ von angeblichen Flügeln um „Anti-Ds“ und „Anti-Imps“, dient euch nur um eure oppertunistische Positionslosigkeit zu rechtfertigen. Während die verhassten „Anti-Imps“ der roten Gruppen, bei all den Dingen, die ihr an ihnen zu kritisieren habt, eben nicht bei der AfD, dem III. Weg oder der NPD zu finden sind und auch keine praktische, wie theoretische Berührung zu ihnen suchen [3], sind eure „links- und rechtsantideutschen“ FreundInnen und GenossInnen geradewegs auf dem Weg dort hin, oder zumindest in den konservativen Teil des Staatsapparates, den ihr vermeintlich „antirassistisch“ und „antideutsch“ kritisiert.

Wer es unserer Meinung nach ernst mit dem „Links” meint, streicht das „antideutsch” im Kopf und im Inhalt, um vom genuin rechten „antideutschen“ Diskurs abzukommen. Sogar die „Antideutschen Aktion Berlin” hat das bemerkt, die in der Jungle World meinte, man sei in der Sackgasse...und folgerichtig mit ihren Bahamas-Freunden nach weiter rechts abdriftet. Leider bestehen noch immer Kleinstgruppen, die scheinbar lernresistent sind. So echauffierte sich die „Antifa plus“ im Dezember auf der eingangs erwähnten „Kundgebung gegen Islamismus“ über die Anwesenheit von AfD, IB & anderen rassistischen AkteurInnen, zu der sie selbst auch noch hinmobilisierten. Als wenn diese politische Naivität nicht schon peinlich genug wäre, fehlt vielen die Fähigkeit zur Unterscheidung von rechter Meinungshegemonie in Deutschland und genuin materialistischer, linker Analyse.

Wenn wir nicht in fünf Jahren in „selbstverwalteten, emanzipatorischen Räumen“ sitzen wollen, wo AfD-Parolen und Bekenntnisse in vermeintlich links-intellektueller Form Teil der Kneipenkultur geworden sind: Positionieren wir uns in unseren Zusammenhängen! Hier könnte „Ideologiekritik“, nämlich marxistisch verstanden als Kritik von Verblendungszusammenhängen, die Legitimität von Klassenherrschaft und Identität mit Interessen der herrschenden Klasse herstellen sollen, tatsächlich konstruktiv wirken. Es ist an der dringenden Zeit, die Flanke zur (neuen) Rechten zu schliessen, wenn wir als revolutionäre Linke nicht endgültig überflüssig werden und von der politischen Landkarte getilgt werden wollen. Die Trennschärfe zu rechten Inhalten mit scheinbar linkem Gewand muss her. Wie es geht, zeigten AntifaschistInnen kürzlich in Mainz. Diese verhinderten am 05. Juni erfolgreich einen Vortrag des „Antideutschen” Rassisten und Trump-Unterstützers Felix Perrefort mit dem Titel „Islamisierung und antirassistisches Appeasement“. Weiter so!

Abu Wertmullah Al Takfiri
revoltmag.org

Fussnoten:

[1] Dabei wurde tückischerweise der Fakt, dass der Kapitalismus von Marx im Unterschied zum Feudalismus als wesentlich apersonales System von Charaktermasken bezeichnet wurde unter Ausklammerung des historischen Materialismus und seiner Klassentheorie zum Argument. Als würde das Kapitalverhältnis nicht auch als Herrschaftsverhältnis personell vermittelt und als hätten bestimmte Klassen objektiv nicht mehr Interesse an einer Aufrechterhaltung des Kapitalismus als andere – unabhängig von ihrer eigenen subjektiven Position.

[2] Hier tat sich vor allem immer wieder die „linksantideutsche” Jutta Ditfurth hervor, die zwar zu Recht problematische Teile der neuen Friedensbewegung problematisierte, gleichzeitig überhaupt keine Alternative gegen deutsche Kriegspolitik bieten will und grundsätzlich die Jubelperserin spielt, wenn ihre Lieblingsprojektionsfläche Israel (+ rechte israelische Regierung) mal wieder zu recht kritisiert wird. Grundsätzlich pendelt sie zwischen wortgewaltiger Klassenkampfrethorik (ohne Praxis) und Verbalradikalismus, und liberalen Positionen. Und zwischendrin wird bei Israel dann auch mal die Linke denunziert, grobe Unwahrheiten über die ihrer Meinung nach angeblich homogene BDS-Bewegung unter Beifall der rechten und liberalen deutschen Presselandschaft verbreitet und das Bündnis mit Rechtskonservativen und Fans der rechtsradikalen Netanjahu-Regierung gesucht.

[3] Bevor jetzt hier wieder die „Antiimperialistische Aktion” (die pro-imperialistisch russisch ist) ins Feld geführt wird: Die ist schon lange als rechtes Querfront-Projekt eines Ex-Kommunisten aus München enttarnt.

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