Netta Barzilai an der Pride in Zürich Regenbogenfahnen und feministische Kämpfe sind kein Feigenblatt für Israels Verbrechen

Politik

Am 14. Mai wurden über 50 Palästinenser*innen von der israelischen Armee getötet, die gegen die Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem und gegen die seit 70 Jahren stattfindenden ethnischen Säuberungen demonstrierten.

Netta Barzilai am Eurovision Song Contest 2018 in Lissabon.
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Netta Barzilai am Eurovision Song Contest 2018 in Lissabon. Foto: Lauren Outerson, EuroVisionary (CC BY-SA 4.0 cropped)

13. Juni 2018
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Am selben Tag verkündete die Pride Zürich stolz die Einladung von Netta Barzilai, Israels Vertreterin am Eurovision Song Contest 2018. Die Eurovision-Gewinnerin ist farbenfroh, steht zu ihrem Körper und unterstützt die #MeToo-Bewegung. Mit ihrer Performance ist Netta für viele eine hörbare feministische Stimme in der Popkultur und bietet damit Frauen* ein starkes und positives Vorbild. Aber als Eurovision-Kandidatin für Israel nimmt sie auch die Rolle der Botschafterin eines kolonialistischen und repressiven Staates ein. Mit ihrem Statement an der Preisverleihung, in dem sie sich dafür beglückwünschte, dass die nächste Eurovision in Jerusalem stattfinden werde, stellte sie sich offen und deutlich hinter die Annexionspolitik Israels.

Premierminister Netanjahu fügte prompt hinzu, dass "diejenigen, die Jerusalem nicht im Eurovision Song Contest haben wollen, Eurovision in Jerusalem haben werden". Der Status Jerusalems ist international umstritten. Faktisch ist Stadt jedoch seit 1967 von Israel völkerrechtswidrig annektiert. Die Statements von Netta und Netanjahu unterstreichen den Anspruch Israels auf Jerusalem als Hauptstadt und legitimieren – wie die von der Trump-Regierung angeordnete Verlegung der US-Botschaft – die Kolonialisierungspolitik der israelischen Rechtsaussen-Regierung.

Palästinensische LGBTIQ*-Menschen sind gerade in Jerusalem und im Westjordanland unter israelischer Besatzung extremen Formen der Unterdrückung ausgeliefert. Die israelischen Besatzungstruppen setzen sie mit der Drohung, ihre sexuelle Orientierung und Identität öffentlich preiszugeben, unter Druck, um sie als Informant*innen anzuheuern. LGBTIQ*-Menschen leben in ständiger Angst, als Verräter*innen in ihrer Gemeinschaft geoutet zu werden.

Tel Aviv wird oft als Paradies für palästinensische LGBTIQ*-Jugendliche beschrieben, die vor ihren Familien fliehen. Es ist aber die Besatzung, die sie zwingt, im Exil zu leben – illegalisiert und in ständiger Gefahr, abgeschoben zu werden. Die Besatzung verunmöglicht, sich zu organisieren, was den Kampf für LGBTIQ*-Rechte in Palästina um Jahrzehnte zurückgeworfen hat. Der Staat Israel spielt ein zynisches doppeltes Spiel, indem er ein progressives Image vermittelt und gleichzeitig LGBTIQ*-Menschen unterdrückt.

Die Förderung feministischer und LGBTIQ*-Künstler*innen ist Teil einer deklarierten Marketingstrategie des Staates Israel, die direkt vom Aussenministerium finanziert wird, um das Image Israels aufzupolieren: Pinkwashing. Aber können 70 Jahre Besatzung und tägliche Menschenrechtsverletzungen tatsächlich unter der Regenbogenflagge versteckt werden?

Wir fordern die Pride Zürich auf, der Aufforderung palästinensischer LGBTQI*-Menschen nachzukommen, sich der BDS-Kampagne (Boykott, Desinvestition und Sanktionen) anzuschliessen und den Auftritt von Netta abzusagen

Solidarisieren wir uns mit den Kämpfen anderer! LGBTQI*-Gruppen wie diejenige aus London, die in den 80er-Jahren streikende Bergarbeiter unterstützte, LGBTQI*-Aktivist*innen, die sich heute für die Rechte von Migrant*innen einsetzen, oder die queere Brigade, die gegen den sogenannten Islamischen Staat in Syrien kämpft, zeigen den Weg.

Es lebe die Solidarität unter den Kämpfen gegen Patriarchat und Kolonialismus!

Unterzeichnet von: Pinkwatching Israel, Feminista!, Slutwalk Suisse, Asile LGBT Genève, L'Escoude, Frauen*raum Reitschule Bern, Wybernet, Verein Gendering, Kommunistische Jugend Schweiz - LGBTIQ*-Gruppe, Berlin against Pinkwashing

Wir unterstützen die LGBTIQ*-Menschen, die sich an der Pride mit einem eigenen Block gegen die Vereinnahmung feministischer und LGBTIQ*-Kämpfe für die Propaganda eines rassistischen und kolonialistischen Staats wehren.