Dutertes Regierungsprogramm Dutertes autoritärer Personenkult auf den Philippinen

Politik

Präsident Duterte ist die aktuell am meisten umstrittene Person der Philippinen bzw. der gesamten ASEAN-Region. Die Philippinen werden 2017 mit Duterte als Präsident die alljährliche ASEAN-Konferenz ausrichten. Welche Folgen hat das für das Land und die Region?

Präsident Rodrigo Duterte.
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Präsident Rodrigo Duterte. Foto: Presidential Communications Operations Office (PD)

18. November 2016
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Dieser Artikel geht auf die grundlegenden gesellschaftlichen und politischen Folgen der ersten Monate von Dutertes Amtszeit ein. Er betrachtet dabei innenpolitische wie auch regionalen Gesichtspunkte, besonders im Hinblick auf den ASEAN-Vorsitz, den die Philippinen im Jahr 2017 übernehmen werden. Auch geht es im Folgenden um die Frage, welche gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen und Ereignisse in den Philippinen zu Duertes Weg an die Macht beigetragen haben.

Der Weg an die Macht

Der heute 71 Jahre alte Rodrigo Roa Duterte war 27 Jahre Bürgermeister der Stadt Davao im Süden von Mindanao. Am 9. Mai 2016 wurde er mit 15,7 Millionen Stimmen, bzw. 39 Prozent, zum Präsidenten der Philippinen gewählt. Zu der Wahl waren fünf Kandidaten angetreten. Duterte ist der erste Bürgermeister auf den Philippinen, dem der Sprung ins Präsidentenamt gelang. Grund für seinen Sieg waren eine Reihe gewagter Wahlversprechen. Vor allem versprach er, die Philippinen innerhalb der ersten sechs Monate seiner Amtszeit von Drogen und Verbrechen zu befreien. Dutertes Anhänger glauben an den Erfolg der Kampagnen, die er in Davao gegen Drogen und Verbrechen geführt hat, sowie seiner volkstümelnden Politik der starken Hand und denken, diese liessen sich auf das ganze Land mit seinen 104 Millionen Menschen übertragen.

Neben dem Kampf gegen Drogen und Korruption versprach Duterte, er werde das politische System der Philippinen föderalisieren, ärmere Regionen wie Mindanao und damit wirtschaftlich schlechter gestellte Menschen stärker an der Entwicklung des Landes teilhaben lassen, das Verkehrschaos im Ballungsraum Manila beheben sowie Friedensverträge mit den kommunistischen sowie muslimischen Rebellengruppen aushandeln. Daneben will er aussenpolitisch die Beziehungen zu den USA lockern und jene mit China verbessern.

Dutertes politischer Aufstieg, der damit begann, dass er sich die Mehrheit der Wählerstimmen sicherte, wurde durch Meinungsumfragen weiter zementiert. Denen zufolge sehen 91 Prozent der philippinischen Bürgerinnen und Bürger ihren neuen Präsidenten positiv (Umfrage von Pulse Asia zwischen dem 2. und 8.Juli 2016). Dutertes Krieg gegen die Drogen liess nicht lange auf sich warten. Landesweit ging die Polizei von Haus zu Haus, um gegen Drogensüchtige und Dealer vorzugehen. Duterte war noch keine 90 Tage im Amt, da belief sich die Zahl der toten mutmasslichen Drogenhändler auf über 3.000 Menschen. Getötet worden waren sie entweder von der Polizei wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt oder von anonymen Bürgerwehren. Als Folge des Kriegs gegen die Drogen stellten sich über 700.000 Drogenabhängige der Polizei. Quasi über Nacht versuchte man, für sie zahlreiche Entziehungskliniken aus dem Boden zu stampfen. Die meisten derjenigen, die sich gestellt hatten, wurden jedoch in die Hände ihrer Familien entlassen und dazu aufgefordert, ihre Abhängigkeit alleine zu überwinden.

Erste politische Herausforderungen und Trends

Am 2. September 2016 wurde auf den Nachtmarkt von Davao ein Bombenanschlag verübt, bei dem 15 Menschen ums Leben kamen und 60 verletzt wurden. Dieser Zwischenfall ereignete sich, nachdem Duterte 7.000 weitere Soldaten nach Mindanao entsandt hatte, mit dem Auftrag, die Terrorgruppe Abu Sajaf endgültig zu zerschlagen. Nach diesem Anschlag rief Duterte zuerst den Notstand aus. Am 5. September, einen Tag bevor er zum ASEAN-Gipfel nach Laos reiste, verhängte er wegen der Gewalt und Gesetzlosigkeit im Lande zeitlich unbegrenzt den Ausnahmezustand. Diese Massnahme gibt ihm das Recht, neben der Polizei auch das Militär einzusetzen, um landesweit gegen jede Art von Gewalt und Gesetzlosigkeit vorzugehen.

Dutertes unkonventioneller Führungsstil hat die öffentliche Meinung auf den Philippinen gespalten. Den einen Pol bilden dabei die sogenannten „Duterte Diehard Supporters“ (DDS), deren einprägsamer Name auf die „Davao Death Squad“ (DDS) genannten Todesschwadrone anspielt, deren Duterte sich angeblich bediente, um in Davao Drogen und Verbrechen zu bekämpfen. Die DDS sind zufrieden, denn nun seien die Strassen endlich sicher. Sie begrüssen ausserdem die vielen Massnahmen, die Duterte sofort umsetzte, wie eine nächtliche Ausgangssperre für Kinder, ein Erlass für Informationsfreiheit und eine Anordnung dafür, dass Behörden und Regierungsstellen Bürgeranliegen schneller abarbeiten.

Den anderen Pol bilden die sogenannten „Gelben“, also die Anhänger des Präsidentschaftskandidaten Mar Roxas und seiner Mitkandidatin und jetzt amtierenden Vizepräsidentin, Leni Robredo, die beide von Präsident „Noynoy“ Aquino (auch bekannt unter seinem offiziellen Namen Benigno Aquino lll.) für seine Nachfolge vorgeschlagen worden waren. Diese Gruppe bildet die Spitze der Opposition gegen Dutertes drakonische Politik und verurteilt die aussergesetzliche Tötung von Dealern und Drogenabhängigen sowie die Straflosigkeit der Täter.

Dutertes Regierungsprogramm

Das derzeitige Interesse an Duterte hat dazu geführt, dass die Schlagzeilen zu seiner Anti-Drogenpolitik den Rest seines Regierungsprogramms in den Schatten stellen. Dabei sind diese weniger bekannten Vorhaben mindestens so schwer umzusetzen, wie die Philippinen von Drogen und Verbrechen zu säubern. Der Verkehrskollaps im Ballungsraum Manila lässt sich ohne einen langfristigen, systematischen Lösungsansatz nicht abwenden und um die versprochene Föderalisierung des politischen Systems der Philippinen umzusetzen, werden Jahrzehnte nötig sein.

Ein typisches Beispiel für Dutertes politisches Programm ist der Haushalt für das Jahr 2017. Der Entwurf, den die Regierung Duterte dem Kongress vorgelegt hat, beläuft sich auf 71,97 Milliarden US-Dollar, eine Steigerung von 11,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr und der höchste je vorgeschlagene Haushalt. Dieser Haushaltsentwurf macht deutlich, dass der Präsident die Politik von oben zu lenken gedenkt. Für das Büro des Präsidenten ist ein Budget von 430,3 Millionen US-Dollar vorgesehen; 2016 waren es 61,44 Millionen. Das Budget für Infrastrukturmassnahmen stieg von 16,29 auf 18,49 Milliarden US-Dollar – das sind etwa 5,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Für Landwirtschaft und die Entwicklung des ländlichen Raums sind 2,59 Milliarden vorgesehen, für die öffentliche Sicherheit und Ordnung 4,44 Milliarden. Die Justiz soll 698,18 Millionen erhalten, im Vergleich zu 2016 ein Anstieg von 21,5 Prozent. Die Budgets der Bereiche Gesundheit und Äusseres sollen hingegen gekürzt werden.

Duterte im Zentrum der Macht

Unter Präsident Duterte hat sich das Verhältnis der Kräfte innerhalb des politischen Gefüges verschoben, und der Präsident selbst ist ins Zentrum der Macht gerückt. Dorthin, wo alle wichtigen inhaltlichen sowie personellen Entscheidungen getroffen werden. Die Macht ist dabei weg von den Kommunalverwaltungen und hin zur Landesebene rezentralisiert worden. Die Kommunen müssen nun Programme, die aus dem Malacañang-Palast (dem Amtssitz des philippinischen Präsidenten) kommen, umsetzen, so auch beim Kampf gegen Drogen oder bei der Umsetzung und Kontrolle der nächtlichen Ausgangssperre. Es sieht so aus, als werde der Kongress Duterte die Notstandsermächtigung geben, damit er die Politik effektiver und weniger bürokratisch gestalten kann. Das Stimmungsbild in der Öffentlichkeit hat sich merklich zugespitzt, und soziale Medien sind viel und intensiv für Propagandazwecke genutzt worden. Ein grosser Teil der Bevölkerung nimmt es hin, dass Menschenrechte verletzt werden, wenn sie sich im Gegenzug sicherer fühlt.

Die Macht wird gefestigt

Die Regierung hat das Abgeordnetenhaus und den Senat stark vereinnahmt. Viele Abgeordnete sind in das Lager des neuen Präsidenten übergelaufen, wodurch er nun in Abgeordnetenhaus und Senat über eine Zweidrittelmehrheit verfügt.

Duterte versucht, den Kongress an die Kandarre zu nehmen. Beispielsweise hat er die Senatorin Leila de Lima öffentlich angegriffen und beleidigt, nachdem diese als Vorsitzende der Menschenrechtskommission Vorwürfe untersuchte, der Präsident sei für Verstösse gegen die Menschenrechte verantwortlich. Am 19. September 2016 entzogen Dutertes Verbündete im Senat de Lima den Vorsitz der Menschenrechtskommission, nachdem sie ein geständiges Mitglied einer Todesschwadron aus Davao zu einer Anhörung vorgeladen hatte. Dieser Zeuge sagte aus, in Davao seien zwischen 1988 und 2014 Dealer, Süchtige und Kriminelle auf Anordnung des damaligen Bürgermeisters Duterte hingerichtet worden.

Duterte hofiert zudem ganz bewusst das Militär. Er stattet Kasernen überall im Lande Besuche ab und spricht vor Soldaten und Offizieren der philippinischen Streitkräfte über Politik und Sicherheitsfragen und beteuert zudem, sich für das Wohl der Soldaten einsetzen zu wollen. Damit will er für die Unterstützung seiner Massnahmen werben. Den Inhabenden all jener Stellen, die durch den Präsidenten besetzt werden (etwa 6.000), hat er kündigen lassen. Bislang sind viele dieser Stellen noch nicht wieder neu besetzt worden, was den betroffenen Behörden die Arbeit erschwert.

Duterte – auch international umstritten

Weltweit brachten die aussergesetzlichen Tötungen Duterte in die Schlagzeilen. Hinzu kommt die hemdsärmelige Art, auf die er seinen Krieg gegen die Drogen verteidigt. Beschimpft hat er dabei internationale Organisationen gleichermassen wie deren Vorsitzenden sowie ausländische Staatsoberhäupter. Ziel seiner Attacken waren unter anderem Barack Obama, UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, der Menschenrechtsbeauftragte der UNO, der Papst sowie die Botschafter der USA und Australiens. Duterte hat wiederholt die Vereinten Nationen angegriffen und sogar damit gedroht, sein Land werde sich aus der Organisation zurückziehen. Immer wieder hat er sich gegen ausländische Einmischung in innerphilippinische Angelegenheiten gewehrt. Dutertes Kabinett hat wiederholt versucht, seine Ausfälle zu relativieren und bestimmte Aussagen zurückzunehmen, beziehungsweise klarzustellen, was er eigentlich gemeint habe, und oft wird zudem den Medien eine einseitige Berichterstattung vorgeworfen. Neuausrichtung der Aussenpolitik

Duterte will die Aussenpolitik der Philippinen neu ausrichten und dabei auf Distanz zu den USA gehen. Er hat den Auszug von US-Soldaten aus Mindanao gefordert sowie das Ende gemeinsamer amerikanisch-philippinischer Patrouillen im westphilippinischen bzw. südchinesischen Meer. Gleichzeitig schlägt Duterte China gegenüber einen versöhnlichen Ton an, und er bemüht sich auch um eine Annäherung an Russland.

Der philippinische Staat – in Prinzip und Praxis schwach

Wie konnte Duterte so rasch eine derartige Machtposition erlangen? In der Verfassung der Philippinen aus dem Jahr 1987 finden sich einige Anhaltspunkte. Mit dieser Verfassung wurde versucht, grundlegend jene Probleme zu lösen, die dazu geführt hatten, dass Ferdinand Marcos sich qua Kriegsrecht an der Macht halten konnte. Für die Zukunft sollte jede Art von autoritärem Regime unterbunden werden. Diese Verfassung hat, so scheint es, einige prinzipielle Schwächen.

Gewählt wurde Duterte in einer Wahl, bei der sich fünf Kandidaten um das Amt des Präsidenten bewarben. Der Sieger, das war schon von vornherein so gut wie sicher, würde keine absolute Stimmenmehrheit haben, denn eine Stichwahl der beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen ist nicht vorgesehen. Hinzu kommt, dass die Kandidaten nicht auf Parteitagen gewählt oder nominiert werden, wo sie sich in einer internen Abstimmung gegen andere Mitbewerber durchsetzen müssten. Zudem gibt es auf den Philippinen keine politischen Parteien mit erkennbarem Programm, treuen Anhängern und klarem ideologischem Profil. Die Wahlkämpfe werden von privater Hand und ohne staatliche Beihilfen finanziert. Es gibt ausserdem eine Reihe politischer Dynastien, obwohl die Verfassung versucht, deren Einflussnahme zu beschränken.

Die Gewaltenteilung zwischen Präsident, Kongress und Oberstem Gerichtshof hat häufig zu politischen Pattsituationen geführt. Und obgleich es in den letzten zehn Jahren viele Versuche gab, die Strafjustiz zu reformieren, ist wenig erreicht worden, und die Behörden sind nach wie vor träge und korrupt.

Viel Frust der Öffentlichkeit

Zwar setzt die Verfassung auf eine dezentrale Verteilung der Macht und auf die Stärkung kommunaler Einrichtungen, aber an der Kluft zwischen Provinz einerseits und dem „imperialen Manila“ andererseits hat sich kaum etwas geändert. Dutertes Heimat Mindanao litt besonders stark an mangelnder Infrastruktur und fehlenden Behördendiensten. Gewaltig ist das Gefälle zwischen dem, was die letzten Regierungen makro-ökonomisch erreicht haben, und der tatsächlichen Lebensqualität vieler Menschen. Auf den Philippinen lebt jede vierte Familie in Armut – das sind 25 Millionen Menschen. In seinem Wahlkampf gelang es Duterte geschickt, mit Hilfe der sozialen Medien den Frust über Politik, Entwicklung und Sicherheitslage aufzugreifen und zum Thema zu machen. Dabei gelang es, Dutertes Image als ein Typ von Politiker zu schärfen, der volksnah, glaubhaft, patriotisch, erfahren, bewährt und selbstbewusst ist.

Daneben hat Dutertes Image auch populistische und kommunitaristische Züge, was sich zum Beispiel an seinem Beinamen „Tatay Digong“ (Papa Digong) zeigt. Beschworen wird so die Achtung, die viele Filipinos dem Autokraten Ferdinand Marcos entgegenbrachten, der „The Apo“, das heisst „Vater der Nation“, genannt wurde. Diese Anziehungskraft scheinbar authentischer Volkshelden erinnert an den Aufstieg populistischer und respektloser Politiker wie Chavez in Venezuela und Trump in den USA.

Das innere Verlangen, einer politischen Führungsperson zu vertrauen, wurde durch einen mit Hilfe der sozialen Medien geschickt geführten Wahlkampf geweckt und bestärkt, der Duterte das Image einer solchen Führungsperson verpasste. Im Wahlkampf setzt Duterte stark auf Symbole wie die Flagge der Philippinen, die er küsste und um sich wickelte. Die treuesten Anhänger Dutertes leben in Mindanao und Visayas. Also in Regionen, in denen sich die Bevölkerung von der Regierung in der fernen Metropole Manila besonders im Stich gelassen fühlt. Zum Aufstieg Dutertes hat zudem beigetragen, dass die Regierung von Benigno Aquino sich wenig um eine politische Nachfolge bemüht hatte.

Was ist vom ASEAN-Vorsitz der Philippinen zu erwarten?

Was sind die Perspektiven für die Philippinen und die Region? Der autoritäre Personenkult auf den Philippinen wird sich wahrscheinlich weiter verschärfen, da Duterte die Opposition ins Abseits drängt und immer mehr die Oberhand über den Kongress gewinnt, gestützt von Polizei, Militär sowie einer beträchtlichen Gefolgschaft von der DDS. Die etablierten Medien, die Kirche, Gewerbetreibende, Akademiker und grosse Teile der Ober- und Mittelschicht werden sich vermutlich in dem Masse stärker gegen Duterte wenden, in dem die aussergesetzlichen Tötungen fortschreiten und auch sie vor allem wirtschaftlich stärker betreffen. Die öffentliche Meinung dazu, wie Duterte zu den USA und der UNO auf Distanz geht, ist stark gespalten. In dem Masse, in dem der Handlungsspielraum für Politik und Zivilgesellschaft schrumpft und sich die Philippinen in Richtung Kriegsrecht bewegen, wird auch die Opposition gegen Duterte zunehmen.

Die regionale und internationale Bühne betrat Präsident Duterte erstmals, als er Anfang September am ASEAN-Gipfel in Laos teilnahm – er endete in Streit. Präsident Obama sagte ein Treffen mit Duterte ab, da dieser ihn, kurz bevor er nach Laos geflogen war, beleidigt hatte. Duterte seinerseits nahm daraufhin nicht an den Treffen zwischen ASEAN und USA und ASEAN und UNO teil. Zudem sprach Duterte beim ASEAN-Ostasien-Treffen auf recht ungewöhnliche Art ausführlich über ein Massaker, welches US-Soldaten vor hundert Jahren an philippinischen Muslimen verübt hätten, als die Philippinen eine Kolonie der USA waren.

Dutertes Auftritt in Laos hat gezeigt, dass es innerhalb der philippinischen Regierung Spannungen zur Frage des Verhältnisses zu ASEAN gibt. Dem Aussenministerium ist daran gelegen, das diplomatische Prozedere innerhalb von ASEAN nicht aus dem Gleichgewicht zu bringen. Präsident Duterte hingegen hat auf dem letzte ASEAN-Gipfel versucht, allein philippinische Interessen zu verfechten. Es bleibt abzuwarten, ob sich im Laufe des nächsten Jahres der Kurs des Aussenministeriums oder der Dutertes durchsetzen wird. Den Ton der Treffen im Vorfeld des ASEAN-Gipfels 2017, an denen Duterte nicht teilnehmen wird, werden mit einiger Sicherheit die Berufsbeamten aus dem Aussenministerium bestimmen.

Dennoch ist davon auszugehen, dass während der Periode, in der die Philippinen den ASEAN-Vorsitz innehaben, die folgenden Themen in den Hintergrund treten werden: Menschenrechte, die Förderung zivilgesellschaftlicher Teilhabe und Mitsprache, Klimawandel und Umweltthemen sowie die Frage, wie internationale Normen und Abkommen innenpolitisch umgesetzt werden können. Im Gegenzug werden folgende Themen wahrscheinlich Konjunktur bekommen: die hoheitliche Gleichberechtigung aller Nationen und die Nichteinmischung anderer in innere Angelegenheiten, die Lösung von Konflikten auf Basis von Interessen statt von Rechten, die Annäherung an China sowie die regionale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Drogenhandel und Verbrechen.

Fraglich wird dabei sein, ob die Philippinen in der Lage sind, ASEAN unparteiisch zu führen. Denn Duterte wehrt sich immer vehementer gegen Kritik an seiner Politik aus dem Ausland, sei es von internationalen Organisationen, Medien oder Verfechtern von Demokratie und Menschenrechten in anderen ASEAN-Staaten.

Segundo J. E. Romero Jr.
boell.de

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