Zero Tolerance – Zeugen in Angst Es wird immer enger ...

Kultur
Anders Nilssons Thriller „Zero Tolerance – Zeugen in Angst” aus dem Jahr 1999 baut ein Beziehungsgeflecht auf, das für alle Beteiligten geradezu schicksalhaft zu werden droht.


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Der schwedische Schauspieler Jakob Eklund spielt die Rolle des Polizeikommissar Johan Falk. Foto: Frankie Fouganthin (CC-BY-SA 4.0 cropped)

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Falk scheint ein Einzelgänger, ein einsamer Wolf. Wieder einmal ist Anja bei ihm. Sie hat Hunger, doch Falks Kühlschrank ist leer. Er fährt los, um Fast Food zu besorgen. Es ist Nacht. Er besteigt sein Auto, um wieder zu seiner Wohnung zu fahren, als er einen Mann in ein Juweliergeschäft gehen sieht. Er beobachtet einen Streit. Kurz danach ist der Juwelier tot und zwei Männer fliehen aus dem Geschäft. Falk verfolgt sie ...
Anders Nilssons Thriller aus dem Jahr 1999 baut zunächst unmerklich, doch dann immer deutlicher ein Beziehungsgeflecht auf, das für alle Beteiligten geradezu schicksalhaft zu werden droht. Für Falk wiederholt sich, was er selbst erlebt hat: eine Frau schweigt, um ihr Kind zu schützen. Die äusseren Umstände allerdings sind andere. Denn Helén (Marie Richardson) ist eine von drei Zeugen, die bei der Verfolgung der beiden Gangster aus dem Juweliergeschäft den überlebenden Täter erkannt hat. Den anderen hat Falk erschossen. Leo Gaut (Peter Andersson) allerdings kann entkommen, nachdem er einen Mann, der als Weihnachtsmann arbeitete, erschossen hat. Helén, Edvin Josefsson (Stig Torstensson) und Chen Li (Lo Ping Wai) erkennen Gaut auf Polizeifotos wieder.
Doch am nächsten Tag ist alles anders. Bei einer Wahlgegenüberstellung erkennen die drei Gaut plötzlich nicht wieder. Gaut hatte ihre Namen erfahren – es muss eine undichte Stelle bei der Polizei geben – und sie alle unter Druck gesetzt. Die Polizei muss Gaut freilassen. Falk ist verzweifelt. Er will Helén überreden, ihm zu helfen. Aber Helén behauptet steif und fest, Gaut nicht wiedererkannt zu haben. Einen Tag später behauptet Gaut, Falk habe ihn am Abend zuvor aufgesucht und brutal misshandelt. Falk war zwar bei Gaut, doch er bestreitet jede Gewaltanwendung. Trotzdem wird er verurteilt und vom Polizeidienst suspendiert.
Für Falk bleibt nur eines: Er flieht, um selbst die Wahrheit herauszufinden. Denn am Abend, als er bei Gaut war, befand sich noch jemand in dessen Wohnung. Falk verfolgt Gaut, die Polizei Falk, eine brenzlige Situation. Und Falk macht eine erstaunliche Entdeckung ...
„Noll tolerans” ist ein äusserst spannender Thriller, der – wie in aus Skandinavien stammenden Krimis üblich – einen Einzelgänger ins Zentrum stellt: Falk. Ihm gegenüber steht ein äusserst skrupelloser, dabei aber ganz ruhig überlegender und handelnder Gangster, der seit etlichen Jahren die Polizei beschäftigt, einen, den man nie zu fassen bekam, der seinen Kopf immer wieder aus der Schlinge ziehen konnte. Zwischen beiden entwickelt sich im Lauf des Films ein immer gefährlicher werdendes Duell, in dessen Schusslinie die Zeugen, vor allem Helén und ihre kleine Tochter Nina (Hanna Alsterlund) geraten. Falk hat Verständnis für Heléns Verhalten, ohne es ihr zu sagen. Denn andererseits braucht er sie als Zeugin gegen Gaut. Lange Zeit ist sie die einzige, die ihm helfen könnte. Beide sind sich sympathisch.
Anders Nilsson gelingt eine zwischen Psychologie und Action ausbalancierte Inszenierung. „Noll tolerans” vermeidet sowohl ein Abdriften in allzu starke Emotionalisierung, als auch ein Übergewicht von Schiessereien und Verfolgungsjagden.
Jacob Eklund spielt Johan Falk fast zurückhaltend, minimalistisch in Geste und Mimik. Doch dies ist nur Ausdruck der Darstellung eines Mannes, der einerseits die Vergangenheit nicht vergessen und in sich eingesperrt hat, andererseits in seinem Beruf fast emotionslos handelt, weil er weiss, dass er einem Gegner wie Gaut anders nicht beikommen kann. Jeder Fehler würde hätte katastrophale Folgen. Ihm gegenüber überzeugt Peter Andersson als kaltblütiger, aber ebenso ruhig handelnder Gangster, ohne in die üblichen Klischees zu verfallen. Anderssons Gaut bleibt glaubhaft, weil er als Mensch aus Fleisch und Blut gespielt wird, nicht als Drehbuch-Marionette. Und schliesslich überzeugt auch Marie Richardson als um ihr Kind besorgte Mutter, die aber in entscheidenden Situationen nicht die Nerven verliert.
„Noll tolerans” beweist einmal mehr, dass in Skandinavien hervorragende Thriller gedreht werden. Einziger Kritikpunkt bleibt mal wieder der deutsche Filmtitel „Zeugen in Angst”, der eher nach RTL-Serienschrott klingt, denn nach einem überzeugenden Film.
Zero Tolerance – Zeugen in Angst
Schweden
1999
-108 min.
Regie: Anders Nilsson
Drehbuch: Anders Nilsson, Joakim Hansson
Darsteller: Jakob Eklund, Peter Andersson, Marie Richardson
Produktion: Björn Carlström, Joakim Hansson
Musik: Bengt Nilsson
Kamera: Jacob Jørgensen
Schnitt: Darek Hodor